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    21.05.2025

    Reform des Vergaberechts und die Modernisierung der Infrastruktur


    Wesentliches Ziel der neuen Bundesregierung ist die Modernisierung der deutschen Infrastruktur – auch im digitalen Raum. Zentral ist dabei das Sondervermögen Infrastruktur, das eingesetzt werden soll, um umfassend in die Infrastruktur, einschließlich der Verkehrsinfrastruktur, digitaler Netzwerke und klimafreundliche Projekte zu finanzieren. Dabei sollen die eingesetzten öffentlichen Mittel stets private Investitionen anstoßen.

    Um das Sondervermögen Infrastruktur schnell und effizient einzusetzen, ist es auf Umsetzungsebene zentral, Vergabeprozesse möglichst effizient zu gestalten, sodass die konkrete Projektimplementierung in der Praxis nicht an komplexen und langwierigen Vergabeverfahren scheitert. Dies betrifft insbesondere Großprojekte im Verkehrs- und Energiebereich.

    Parallel dazu will die Bundesregierung das Vergaberecht grundlegend reformieren. Verfolgt wird das Ziel der Beschleunigung, Vereinfachung und der Digitalisierung des Vergaberechts.

    Ausgehend von diesem Spannungsfeld stellt dieser Beitrag dar, welche vergaberechtlichen Instrumente die neue Regierung andenkt, die im Zuge des Sondervermögens operationalisiert werden könnten:

    Aussagen im Koalitionsvertrag zum Vergaberecht 

    Die neue Regierung setzt sich das Ziel, das Vergaberecht sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene zu effektivieren, was insbesondere durch folgende Maßnahmen gelingen soll:

    1. Befreiungsmöglichkeiten: Es sollen sektorale Befreiungsmöglichkeiten vom Vergaberecht vorgesehen werden; insbesondere im Bereich der nationalen Sicherheit und für emissionsarme Produkte. Auch für die Forschung sind Bereichsausnahmen vorgesehen, um dieser mehr Freiheit zu geben.
       
    2. Vereinheitlichung und Erhöhung von Schwellenwerten: Weiterhin sollen die Schwellenwerte für öffentliche Ausschreibungen im nationalen Recht vereinheitlicht und für die Direktvergabe und die freihändige Vergabe heraufgesetzt werden. Dadurch soll die Beschaffungspraxis beschleunigt und der Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtert werden, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups.
       
    3. Strategische Beschaffungen: Wesentliches Instrument zur Modernisierung der Beschaffungspraxis soll die Einführung eines „Strategischen Beschaffungsmanagements“ sein.

      Die Bundesplattform „Kaufhaus des Bundes“ soll in diesem Zuge zu einem digitalen Marktplatz ausgebaut werden – und das für alle klassischen öffentlichen Auftraggeber, also Bund, Länder und Kommunen. Neben dem Ausbau ist auch eine Zusammenführung der einzelnen Vergabeplattformen geplant.

      Der IT-Einkauf des Bundes soll weiterhin zentral gesteuert werden mit dem strategischen Ziel, die Abhängigkeiten von großen Anbietern zu verringern (Vendor Lock-In) und Deutschland als Digitalstandort zu fördern.

      Auch die Absicht, dass Bieter künftig einfach, digital und mittelstandsfreundlich ihre Eignung bspw. durch Eigenerklärungen oder geprüfte Systeme nachweisen können sollen, soll zur Stärkung der Digitalisierung in Deutschland und einer Entlastung der Bieter und folglich einer Vereinfachung von Vergabeverfahren beitragen.
       

    4. Militärische Infrastruktur: Insbesondere für die Bundeswehr soll das Genehmigungs- und Vergaberecht vereinfacht werden. Die Aufwuchs- und Verteidigungsfähigkeit erfordere eine deutliche Steigerung von Investitionen. Diese Steigerung solle eben durch eine Verfahrenserleichterung realisiert werden. Gleiches gelte für militärische Bauvorhaben. 

      Darüber hinaus bzw. damit einhergehend solle ein „Bundeswehrinfrastrukturbeschleunigungsgesetz“ geschaffen werden. Dieses soll Ausnahmeregelungen in den Bereichen Bau-, Umwelt- und Vergaberecht enthalten.
       

    5. Klimaschutz: Das Vergaberecht findet außerdem – zumindest kurz – Anklang im Rahmen der Klimaneutralität bzw. der Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland. Deutschland unterstütze die Vorschläge der EU-Kommission im Rahmen des Omnibus-Paketes. Die neue Regierung möchte in Deutschland klimaneutrale/‑freundliche Produkte herstellen und, um das zu gewährleisten, bspw. auf vergaberechtliche Vorgaben als Instrument zurückgreifen. So soll bspw. über das Vergaberecht auch die Beschaffung "grüner Technologien", bspw. die Umstellung auf Wasserstoff bei der Stahlproduktion beanreizt werden.

    Ganz allgemein soll der Fokus auf einer mittelstandsfreundlichen Vergabe liegen, es soll eine wirtschaftliche diskriminierungs- und korruptionsfreie Beschaffung gewährleistet werden. Die durch das Sondervermögen geschaffenen finanziellen Möglichkeiten sollen in einem Infrastruktur-Zukunftsgesetz durch verfahrensrechtliche Reformen und Änderungen im Vergaberecht umgesetzt und auf diese Weise wichtige Infrastrukturprojekte ermöglicht und beschleunigt werden.

    Wechselwirkung von Vergaberecht und Infrastrukturpolitik

    Die politische Vision ist klar: Ohne ein modernes, strategisch ausgerichtetes Vergaberecht können effiziente Investitionen in die Infrastruktur nicht realisiert werden. Die geplante Reform der Vergabepraxis bietet die Möglichkeit, Investitionen schneller, zielgerichteter und nachhaltiger umzusetzen. Auf diese Weise kann es gelingen, Deutschland wettbewerbsfähig und klimaneutral zu machen.

    Mit dem Koalitionsvertrag verfolgt die Regierung das Ziel staatlicher Modernisierung. Die Umsetzung steht und fällt jedoch damit, inwiefern öffentliche Auftraggeber durch den Gesetzgeber konkret in die Lage versetzt werden, effizient, ohne viel Bürokratieaufwand, zu vergeben. Die angekündigten Reformen im Vergaberecht sind demnach nicht nur grundsätzlich eine willkommene Erleichterung, sondern ein entscheidender Hebel für den Fortschritt im Bereich Infrastruktur und den bestmöglichen Einsatz des Sondervermögens in den kommenden Jahren.

    Autoren: Sebastian Berg und Max Stanko
    Beteiligte Experten: Julian Gruß und Johannes Voß-Lünemann

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