Ihre
Suche

    24.02.2025

    Wie läuft ein Klageverfahren im Verwaltungsprozess ab? Ein Leitfaden für Überbrückungshilfen-Fälle


    In der Auseinandersetzung mit Verwaltungsentscheidungen – insbesondere bei den Überbrückungshilfen – stellt sich für viele Unternehmer die Frage, wie ein Klageverfahren im Verwaltungsprozess abläuft. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die wesentlichen Schritte, Besonderheiten und strategischen Überlegungen eines solchen Verfahrens.

    1. Der Unterschied zum Zivilprozess

    Ein Verwaltungsprozess unterscheidet sich in mehreren Punkten grundlegend von einem Zivilprozess. Einer der zentralen Unterschiede besteht darin, dass die Klage im Verwaltungsverfahren nicht sofort ausführlich begründet werden muss. Stattdessen kann zunächst eine fristwahrende Klage erhoben werden, um die einmonatige Klagefrist zu wahren.

    Diese Art der Klage dient in erster Linie dazu, die Möglichkeit einer späteren ausführlichen Begründung zu sichern und gleichzeitig Akteneinsicht bei der Behörde zu beantragen. Die Verwaltungsakte enthält oft Informationen, die für das Verfahren entscheidend sein können, aber dem Kläger im Vorfeld nicht bekannt waren.

    2. Die ersten Schritte: Fristwahrende Klage und Akteneinsicht

    Nach Erhalt eines negativen Bescheids – beispielsweise einer Rückforderung im Zusammenhang mit den Überbrückungshilfen – beträgt die Frist für eine Klage einen Monat. Innerhalb dieser Zeit wird zunächst eine kurze Klage eingereicht, die sich gegen den Bescheid richtet. Dabei wird gleichzeitig beantragt, dass die zuständige Bewilligungsstelle die Verwaltungsakte herausgibt.

    Je nach Bundesland und Arbeitsbelastung der Behörden kann die Herausgabe der Akte zwischen zwei und sechs Wochen dauern. Während einige Bundesländer, wie Bayern, vergleichsweise schnell arbeiten, dauert es in anderen Regionen erheblich länger.

    Sobald die Verwaltungsakte vorliegt, beginnt die eigentliche Klagebegründung, in der sowohl die rechtlichen als auch die sachlichen Argumente detailliert dargelegt werden.

    3. Der Verwaltungsprozess: Untersuchungsgrundsatz und Klagebegründung

    Im Verwaltungsprozess gilt der sogenannte Untersuchungsgrundsatz. Das bedeutet, dass das Verwaltungsgericht den Sachverhalt grundsätzlich von Amts wegen ermitteln muss. Dennoch ist es für den Kläger entscheidend, aktiv vorzutragen – sowohl zu den tatsächlichen als auch zu den rechtlichen Aspekten.

    Besonders bei den Überbrückungshilfen ist es wichtig, den Sachverhalt klar darzulegen. Viele Verwaltungsgerichte gehen davon aus, dass nur das berücksichtigt werden kann, was bereits im Schlussabrechnungsverfahren vorgetragen wurde. Deshalb ist es ratsam, bereits in diesem Verfahrensstadium alle relevanten Informationen einzureichen, auch wenn eine Ablehnung erwartet wird.

    Die Klagebegründung enthält in der Regel:

    • Eine detaillierte Sachverhaltsdarstellung
    • Rechtliche Argumente gegen die Entscheidung der Behörde
    • Beweisanträge (z. B. zur Verwaltungspraxis oder zu betriebswirtschaftlichen Aspekten)

    4. Klageerwiderung und schriftlicher Austausch

    Nach Einreichung der Klagebegründung wird diese der Gegenseite – also der Bewilligungsstelle oder deren Anwälten – zur Stellungnahme übersandt. Viele Bewilligungsstellen lassen sich von großen Wirtschaftskanzleien vertreten, was den rechtlichen Austausch anspruchsvoller macht.

    Nach der Klageeerwiderung kann das Gericht entscheiden, ob es eine weitere Stellungnahme des Klägers anfordert. Dabei sind die Fristen im Verwaltungsprozess im Vergleich zum Zivilprozess großzügiger. Grundsätzlich kann bis zur mündlichen Verhandlung jederzeit weiterer Sachvortrag erfolgen, es sei denn, das Gericht setzt explizit eine Frist nach § 87b VwGO.

    5. Mündliche Verhandlung oder Gerichtsbescheid?

    Ein Verwaltungsgericht kann das Verfahren auf zwei Wegen beenden:

    1. Durch Gerichtsbescheid (§ 84 VwGO): Das Gericht entscheidet schriftlich ohne mündliche Verhandlung. Dies geschieht häufig bei rein rechtlichen Fragestellungen, wenn eine mündliche Verhandlung nicht sinnvoll ist.
    2. Durch Urteil nach einer mündliche Verhandlung: Diese bietet die Möglichkeit, den Fall noch einmal persönlich darzustellen und offene Fragen mit den Richtern zu erörtern.

    In vielen Fällen ist es strategisch sinnvoll, auf eine mündliche Verhandlung zu bestehen. Insbesondere bei den Überbrückungshilfen kann dies entscheidend sein, um dem Gericht einen besseren Einblick in die wirtschaftlichen Auswirkungen der Entscheidung auf das Unternehmen zu geben.

    Während der mündlichen Verhandlung wird der Sachverhalt von einem Berichterstatter dargelegt. Anschließend folgt die Erörterung der rechtlichen Aspekte. Überraschende Wendungen wie in Strafverfahren gibt es in der Regel nicht – vielmehr handelt es sich um eine strukturierte Diskussion.

    6. Urteil und mögliche Berufung

    Nach der mündlichen Verhandlung zieht sich das Gericht zur Beratung zurück und verkündet entweder direkt eine Entscheidung oder stellt sie zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich zu.

    Falls die Klage abgewiesen wird, besteht die Möglichkeit, in Berufung zu gehen. Diese muss innerhalb eines Monats nach Urteilszustellung eingelegt werden. Entweder hat das Verwaltungsgericht die Berufung bereits zugelassen oder es kann ein Antrag auf Zulassung gestellt werden.

    7. Wichtige Besonderheit: Aufschiebende Wirkung bei Rückforderungen

    Ein entscheidender Vorteil einer Klage gegen Rückforderungsbescheide im Zusammenhang mit den Überbrückungshilfen ist die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO. Das bedeutet, dass das Unternehmen für die Dauer des Klageverfahrens nicht zur Rückzahlung verpflichtet ist. Dies kann angesichts langer Verfahrensdauern – oft ein bis zwei Jahre – von großer finanzieller Bedeutung sein.

    Fazit: Warum eine Klage sinnvoll sein kann

    Das Verwaltungsprozessrecht bietet in vielen Fällen die Möglichkeit, sich gegen unrechtmäßige Rückforderungen oder Ablehnungen erfolgreich zur Wehr zu setzen. Besonders bei den Überbrückungshilfen lohnt sich eine Klage häufig, da viele Fragen noch nicht höchstrichterlich geklärt sind und Gerichte unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten.

    Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

    • Die Klage muss innerhalb eines Monats erhoben werden.
    • Eine fristwahrende Klage reicht zunächst aus, um Akteneinsicht zu erhalten.
    • Eine sorgfältige Klagebegründung ist essenziell, um das Verfahren erfolgreich zu gestalten.
    • Die mündliche Verhandlung bietet eine Chance, das Gericht zusätzlich zu überzeugen.
    • Die Klage hat aufschiebende Wirkung, sodass keine sofortige Rückzahlung erforderlich ist.

    Unternehmen, die sich mit einem negativen Bescheid konfrontiert sehen, sollten daher sorgfältig prüfen, ob ein Widerspruch oder eine Klage sinnvoll ist. Eine frühzeitige juristische Beratung kann helfen, die Erfolgsaussichten richtig einzuschätzen und die beste Strategie für das Verfahren zu wählen.

    Dennis Hillemann
    Tanja Ehls

    ZDFheute: Corona-Betrug - Über 26.000 Verfahren eingeleitet
    Der Beitrag befasst sich mit dem weit verbreiteten Betrug bei den Corona-Hilfspr…
    Weiterlesen
    VG Stuttgart stärkt Soforthilfe-Empfänger: Hoffnung bei Rückforderungen
    Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat am 18. September 2024 mit seinem Urteil (Az…
    Weiterlesen
    Was kostet ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht? – Ein Überblick für Unternehmen und Steuerberater
    Die zunehmenden Rückforderungsbescheide im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen…
    Weiterlesen
    Strafbarkeitsrisiko: Subventionsbetrug bei Corona-Hilfen
    Hintergrund Die Corona-Pandemie stellte viele Unternehmen und Selbstständige vo…
    Weiterlesen
    Die Bedeutung der Anhörung nach § 28 VwVfG im Schlussabrechnungsverfahren der Corona-Überbrückungshilfen
    Warum Anhörungen entscheidend sind Steuerberater und Unternehmer, die sich aktu…
    Weiterlesen
    Überbrückungshilfe: Nachweis des "coronabedingten Umsatzeinbruchs" in Bayern
    Die Corona-Überbrückungshilfen waren während der Pandemie ein zentrales Unterstü…
    Weiterlesen
    Kosten des Prüfenden Dritten in der Schlussabrechnung: Rechte, Pflichten und Risiken
    Die Kosten des Prüfenden Dritten in der Schlussabrechnung der Corona-Überbrückun…
    Weiterlesen
    Abgelehnte Fördermonate in der Schlussabrechnung – Förderung ja/nein?
    Die Schlussabrechnung der Corona-Überbrückungshilfen bleibt eine erhebliche Hera…
    Weiterlesen
    Überkompensation bei Corona-Hilfen: Rechtslage, Praxis und Tipps
    Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie führten zu einer beispiell…
    Weiterlesen