Die zunehmenden Rückforderungsbescheide im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen bringen viele Unternehmen und Steuerberater in eine schwierige Situation. Besonders in Bundesländern wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, in denen es kein Widerspruchsverfahren gibt, bleibt oft nur der Gang vor das Verwaltungsgericht. Doch was kostet ein Klageverfahren eigentlich? Dieser Beitrag gibt eine detaillierte Übersicht.
Ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist oft der letzte rechtliche Schritt, um gegen einen Rückforderungsbescheid vorzugehen. Da Widersprüche in manchen Bundesländern nicht vorgesehen sind, bleibt den Betroffenen nur die Möglichkeit, direkt Klage zu erheben. Ein weit verbreiteter Fehler ist es, gegen negative Bescheide in Bundesländern ohne Widerspruchsverfahren einen "Einspruch" zu erheben, was dann nicht verhindert, dass Rückforderungsbescheide bestandskräftig werden.
Ein großer Vorteil der Klage ist ihre aufschiebende Wirkung gemäß § 80 Abs. 1 VwGO. Das bedeutet, dass während des laufenden Verfahrens der Rückforderungsbescheid nicht vollstreckt werden kann. Unternehmen müssen also zunächst keine Rückzahlungen leisten.
Die Kosten eines Klageverfahrens richten sich grundsätzlich nach dem sogenannten Streitwert. Dieser bemisst sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers. Im Falle einer vollständigen Rückforderung von Überbrückungshilfen ist der Streitwert in der Regel die Gesamtsumme der geforderten Rückzahlung.
Ein Beispiel:
- Ein Unternehmen hat 100.000 Euro Überbrückungshilfen erhalten.
- Ein Rückforderungsbescheid verlangt die Rückzahlung dieser Summe.
- Der Streitwert beträgt somit 100.000 Euro.
- Falls zusätzlich eine Nachzahlung von 10.000 Euro beantragt wurde, erhöht sich der Streitwert auf 110.000 Euro, sofern auch diese Nachzahlung im Klageverfahren verfolgt werden soll.
Die Gerichtskosten für eine Klage vor dem Verwaltungsgericht müssen zunächst verauslagt werden nach Erhebung der Klage, und zwar durch den Kläger. Sie richten sich nach einer Tabelle und sind abhängig vom Streitwert. Grundsätzlich entstehen bei einer Klage eine dreifache Gebühr (3,0 Gebühr). Eine Reduzierung auf eine 1,0 Gebühr erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen oder eine Einigung erzielt wird.
Wichtig zu wissen: Anders als im Zivilprozess wird die Klage im Verwaltungsverfahren bereits zugestellt, bevor die Gerichtskosten bezahlt werden müssen. Dennoch kann eine Nichtzahlung zur Vollstreckung führen.
Unternehmen, die sich im Verfahren anwaltlich vertreten lassen, müssen mit Anwaltskosten rechnen. Diese richten sich ebenfalls nach dem Streitwert und umfassen:
- Eine Verfahrensgebühr für die Klagerhebung.
- Eine Terminsgebühr für mündliche Verhandlungen.
Im Fall der – im Verwaltungsprozess seltenen – Einigung vor einem Urteil kann auch noch eine Einigungsgebühr entstehen.
Rechtsanwälte dürfen für die gerichtliche Vertretung nicht unter den gesetzlichen Gebühren abrechnen. In Ausnahmefällen kann ein Erfolgshonorar vereinbart werden, was jedoch strengen Voraussetzungen unterliegt.
Viele bekannte Kanzleien rechnen nach Zeithonorar ab. In diesem Fall sollten Unternehmen sich im Vorfeld eine Kostenschätzung einholen. Entscheidend ist: Auch wenn das Unternehmen im Klageverfahren gewinnt, werden nur die gesetzlichen Gebühren erstattet. Falls die eigenen Anwaltskosten höher sind, muss die Differenz selbst getragen werden.
Behörden können sich vor Gericht anwaltlich vertreten lassen, was bedeutet, dass im Falle einer Niederlage auch die Kosten der Gegenseite zu tragen sind. Diese berechnen sich ebenfalls nach dem Streitwert. Das bedeutet, dass Unternehmen in einer verlorenen Klage mit den eigenen Anwaltskosten, den Gerichtskosten und den gegnerischen Anwaltskosten belastet werden.
Viele Unternehmen hoffen, dass ihre Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt. Doch Vorsicht: Verwaltungsrechtliche Streitigkeiten im Subventionsrecht sind häufig nicht in den Standardverträgen enthalten. Es empfiehlt sich daher, vorab eine Deckungsanfrage bei der Versicherung zu stellen oder durch den beauftragten Rechtsanwalt stellen zu lassen.
Falls eine Rechtsschutzversicherung greift, übernimmt sie in der Regel:
- die Gerichtskosten.
- de gesetzlichen Anwaltskosten.
- nicht jedoch darüber hinaus gehende Zeithonorare.
Gegebenenfalls ist eine Selbstbeteiligung in Abzug zu bringen.
In seltenen Fällen können zusätzliche Kosten durch:
- Sachverständigengutachten,
- Zeugenaussagen oder
- andere Beweiserhebungen entstehen.
Diese sind jedoch in Verfahren zu den Überbrückungshilfen nicht die Regel.
Sollte das Verfahren in die zweite Instanz gehen, also vor das Oberverwaltungsgericht oder den Verwaltungsgerichtshof, steigen die Kosten an. Alle drei genannten Kostenpositionen (Gerichtskosten, eigene und gegnerische Anwaltskosten) erhöhen sich entsprechend.
Die Dauer eines Klageverfahrens variiert je nach Bundesland erheblich:
- In einigen Bundesländern kann eine Entscheidung innerhalb eines Jahres fallen.
- In anderen kann das Verfahren zwei oder mehr Jahre dauern.
Da die Klage aufschiebende Wirkung hat, können Unternehmen während dieser Zeit die finanzielle Belastung durch die Rückforderung vermeiden.
Ein Klageverfahren gegen einen Rückforderungsbescheid kann sinnvoll sein, um eine ungerechtfertigte Rückforderung abzuwenden. Allerdings sind die damit verbundenen Kosten einzukalkulieren. Unternehmen sollten vor der Klageeinreichung prüfen, ob:
- die Rechtsschutzversicherung die Kosten übernimmt.
- die Erfolgsaussichten realistisch sind.
- sie finanziell in der Lage sind, ein möglicherweise langes Verfahren durchzustehen.
Die gute Nachricht bleibt: Aufgrund der aufschiebenden Wirkung von Klagen müssen Rückforderungen während des Verfahrens nicht geleistet werden. Dennoch sollten Unternehmen sich professionell beraten lassen, um unnötige Risiken zu vermeiden.
Dennis Hillemann
Tanja Ehls