Mit der Einreichung der Schlussabrechnungen für die Corona-Überbrückungshilfen beginnt für viele Unternehmen und ihre Steuerberater eine neue Phase. Rückfragen und Überprüfungen durch die Bewilligungsstellen führen nicht selten zu Rückforderungsbescheiden. Doch jüngste Entscheidungen der Verwaltungsgerichte zeigen, dass Rückforderungen nicht immer rechtmäßig sind und Unternehmen sich erfolgreich zur Wehr setzen können.
In einem aktuellen Fall hat das Verwaltungsgericht Hamburg (Az. 16 K 2025/23, Urteil vom 8. Mai 2024) die Rückforderung von Überbrückungshilfen durch die zuständige Behörde für rechtswidrig erklärt. Das Urteil verdeutlicht, dass der Vorbehalt einer Bewilligung ausschließlich die Anpassung der Fördersumme erlaubte, nicht jedoch die grundsätzliche Förderberechtigung infrage stellen durfte.
Ein Hamburger Unternehmen, das Dienstleistungen im Bereich Beschilderung und Wegeleitsysteme anbietet, hatte im November 2021 Überbrückungshilfe III Plus in Höhe von rund 42.000 Euro beantragt und bewilligt bekommen. Die Bewilligung stand unter dem Vorbehalt einer abschließenden Überprüfung. Doch im Rahmen der Schlussabrechnung ersetzte die Behörde die Bewilligung durch einen Ablehnungs- und Rückforderungsbescheid, mit der Begründung, das Unternehmen sei nicht förderberechtigt gewesen.
Das Unternehmen legte Widerspruch ein, doch die Behörde hielt an ihrer Entscheidung fest. Schließlich zog das Unternehmen vor das Verwaltungsgericht Hamburg.
Das Gericht entschied, dass der Vorbehalt im ursprünglichen Bewilligungsbescheid lediglich die Höhe der Förderung betraf, nicht jedoch die grundsätzliche Förderberechtigung des Unternehmens. Eine nachträgliche Ablehnung der Fördermittel wäre daher nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) zulässig gewesen – diese lagen hier jedoch nicht vor. Der Rückforderungsbescheid war somit rechtswidrig.
Die Argumentation des Gerichts ist klar: Der Vorbehalt muss spezifisch und eindeutig formuliert sein, sodass der Antragsteller erkennen kann, auf welche Aspekte der Bewilligung sich die Vorläufigkeit bezieht. In diesem Fall hätte die Behörde lediglich die Fördersumme anpassen, nicht jedoch die Förderberechtigung rückwirkend verneinen dürfen.
Das Urteil hat Signalwirkung für viele vergleichbare Fälle, in denen Bewilligungsbescheide unter einem Vorbehalt erteilt wurden. Unternehmen, die von Rückforderungen betroffen sind, sollten ihre Bescheide genau prüfen lassen. Insbesondere gilt es zu klären, ob der Vorbehalt rechtlich wirksam war und welche Punkte tatsächlich unter Vorbehalt gestellt wurden.
Diese Entscheidung steht nicht allein: Bereits das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte in einem vergleichbaren Fall (Az. 19 K 297/22, Urteil vom 23. September 2022) entschieden, dass eine Rückforderung unzulässig ist, wenn der Vorbehalt lediglich die Höhe der Förderung und nicht die grundsätzliche Förderberechtigung betrifft.
Damit ein Vorbehalt rechtlich wirksam ist, müssen bestimmte Anforderungen erfüllt sein:
1. Klarheit und Bestimmtheit
Gemäß § 37 Abs. 1 VwVfG muss der Vorbehalt klar und verständlich formuliert sein. Nur so kann der Antragsteller erkennen, welche Aspekte der Bewilligung vorläufig sind.
2. Ungewissheit der Sachlage
Ein Vorbehalt darf nur ausgesprochen werden, wenn zum Zeitpunkt der Bewilligung wesentliche Unsicherheiten bestehen, die erst später geklärt werden können – etwa über die tatsächlichen Umsätze und Fixkosten.
3. Einschränkung des Anwendungsbereichs
Der Vorbehalt darf sich nur auf die Punkte beziehen, die tatsächlich unklar sind. Ein pauschaler Vorbehalt, der die gesamte Förderberechtigung infrage stellt, ist nicht zulässig.
Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, gilt die ursprüngliche Bewilligung als rechtswirksam, und eine Rückforderung ist nur unter den engen Voraussetzungen der §§ 48 und 49 VwVfG möglich.
Das Urteil des VG Hamburg zeigt, dass Unternehmen sich nicht kampflos mit Rückforderungen abfinden müssen. Es lohnt sich, Bescheide genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Die wichtigsten Schritte sind:
Das Urteil des VG Hamburg stärkt die Rechte von Unternehmen und zeigt, dass Rückforderungen der Behörden nicht immer rechtlich haltbar sind. Es erinnert daran, dass auch in Krisenzeiten rechtliche Grundsätze eingehalten werden müssen. Unternehmen sollten ihre Rechte kennen und nutzen, um sich gegen unrechtmäßige Forderungen zu wehren. Das nächste Kapitel in der Rechtsprechung zu den Corona-Überbrückungshilfen bleibt spannend – und es bietet Hoffnung für alle Betroffenen.
Dennis Hillemann
Tanja Ehls