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    02.01.2025

    Überbrückungshilfe: Warum die Prüfpraxis so streng ist bei den Schlussabrechnungen


    Mit der Schlussabrechnung der Corona-Überbrückungshilfen stehen Unternehmen und ihre prüfenden Dritten vor einer intensiven Kontrolle durch die Bewilligungsstellen. Diese haben ihre Prüfungsstandards seit Beginn der Pandemie spürbar verschärft, was zu aufwendigen Nachfragen und rechtlichen Auseinandersetzungen führt. Doch warum ist die Prüfpraxis der Bewilligungsstellen so streng? Welche Herausforderungen ergeben sich daraus für Unternehmen und Steuerberater? In diesem Beitrag beleuchten wir die Hintergründe und Auswirkungen dieser Entwicklung.

    1. Die aktuelle Prüfpraxis: Streng und detailliert

    Seit dem Beginn der Schlussabrechnungen prüfen die Bewilligungsstellen jeden eingereichten Antrag händisch und im Detail. Besonders auffällig sind folgende Aspekte der Prüfung:

    • Umfassende Dokumentenanforderungen: Unternehmen müssen Jahresabschlüsse, Mietverträge, Rechnungen zu Fixkosten und weitere Nachweise vorlegen. Besonders kritisch werden Beraterverträge und hohe Kosten für Unternehmensberatungen betrachtet.
    • Fokus auf spezifische Themen:
      • Unternehmensverbund: Viele Bewilligungsstellen prüfen nachträglich, ob Unternehmen zu einem Verbund gehören, was oft zu Kürzungen der Förderung führt.
      • Fixkosten: Die betriebswirtschaftliche Notwendigkeit von Fixkosten wie Beraterhonoraren oder Hygienekonzepten wird verstärkt hinterfragt.
      • Umsatzeinbrüche: Es wird überprüft, ob Rückgänge tatsächlich pandemiebedingt oder auf saisonale Schwankungen zurückzuführen sind.
      • Überkompensation: Insbesondere bei der November- und Dezemberhilfe wird untersucht, ob Unternehmen mehr Förderung erhalten haben, als ihnen rechnerisch zusteht.

    2. Warum die Prüfpraxis so streng ist: Ein Blick hinter die Kulissen

    Die strenge Prüfpraxis ist das Ergebnis mehrerer struktureller und rechtlicher Faktoren. Diese sind entscheidend, um die aktuelle Situation zu verstehen:

    a) Nachträgliche Klärung ungeklärter Rechtsfragen

    Viele der rechtlichen Fragen, die jetzt im Fokus stehen, hätten bereits 2020 oder 2021 geklärt werden müssen. Da die Behörden in der Anfangsphase der Pandemie schnelle und unbürokratische Hilfen leisten wollten, wurden bestimmte Themen jedoch vertagt. Die Schlussabrechnung dient nun als Plattform, um diese offenen Fragen zu beantworten, was zu einer verstärkten Überprüfung führt.

    b) Veränderung von Rechtsansichten

    In einigen Fällen haben Bewilligungsstellen ihre rechtliche Einschätzung gegenüber 2021 geändert. Dies betrifft beispielsweise die Anerkennung bestimmter Fixkosten oder die Definition von Unternehmensverbünden. Solche nachträglichen Änderungen führen zwangsläufig zu neuen Bewertungen und Rückfragen in der Schlussabrechnung.

    c) Einsatz externer Prüfer

    Viele Bewilligungsstellen haben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Beratungsfirmen – darunter auch große Namen der Branche – beauftragt, die Schlussabrechnungen zu prüfen. Diese externen Prüfer arbeiten detailliert und verfügen über die nötigen Ressourcen, um komplexe Fälle bis ins Kleinste zu analysieren. Dies führt zu einer Art „Bürokratiemaschine“, die standardisierte Prüfprozesse streng umsetzt.

    d) Politischer Druck und öffentliche Wahrnehmung

    Die Corona-Hilfen standen von Anfang an unter genauer Beobachtung der Öffentlichkeit. Berichte über Missbrauch oder fehlerhafte Förderungen haben dazu geführt, dass Behörden nun ein besonderes Augenmerk auf die Korrektheit und Transparenz der Schlussabrechnungen legen.

    3. Auswirkungen auf Unternehmen und prüfende Dritte

    Die strenge Prüfpraxis bringt eine Reihe von Herausforderungen mit sich:

    a) Hoher Dokumentationsaufwand

    Unternehmen müssen umfangreiche Nachweise bereithalten. Dabei reicht es nicht aus, die Dokumente lediglich einzureichen – sie müssen klar und verständlich aufbereitet sein, um Nachfragen zu vermeiden.

    b) Zeitintensive Rückfragen

    Die Bearbeitungszeit für Schlussabrechnungen hat sich aufgrund der detaillierten Prüfungen deutlich verlängert. Oft erhalten Unternehmen Rückfragen mit kurzen Antwortfristen von wenigen Wochen. Dies kann vor allem für Steuerberater, die viele Mandate betreuen, zu einem erheblichen Zeitdruck führen.

    c) Unsicherheiten bei der Planung

    Da die Bewilligungsstellen ihre Prüfungen nicht nur auf die ursprünglichen Fördervoraussetzungen, sondern auch auf veränderte Rechtsansichten stützen, ist die Planbarkeit für Unternehmen schwierig. Selbst Bescheide, die ursprünglich als rechtssicher galten, können nachträglich infrage gestellt werden.

    d) Haftungsrisiken für prüfende Dritte

    Steuerberater und andere prüfende Dritte tragen ein hohes Haftungsrisiko, wenn sie Schlussabrechnungen nicht korrekt oder vollständig bearbeiten. Fehler können nicht nur zu finanziellen Forderungen, sondern auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.

    4. Strategien im Umgang mit der strengen Prüfpraxis

    Um die Herausforderungen der strengen Prüfpraxis zu bewältigen, sollten Unternehmen und ihre Berater folgende Strategien verfolgen:

    • Frühzeitige Vorbereitung: Stellen Sie sicher, dass alle relevanten Dokumente vollständig und konsistent sind. Unstimmigkeiten zwischen verschiedenen Nachweisen, wie BWA und Umsatzsteuervoranmeldungen, sollten vorab geklärt werden.
    • Sorgfältige Kommunikation: Erklären Sie Sachverhalte klar und umfassend, um unnötige Rückfragen zu vermeiden. Transparenz gegenüber den Bewilligungsstellen kann helfen, Probleme frühzeitig zu lösen.
    • Rechtliche Unterstützung einholen: In komplexen Fällen ist es ratsam, rechtlichen Beistand hinzuzuziehen. Anwälte können sicherstellen, dass die rechtlichen Anforderungen erfüllt und Haftungsrisiken minimiert werden.
    • Risikomanagement: Prüfen Sie kritisch, ob alle Angaben in der Schlussabrechnung den aktuellen Anforderungen entsprechen. Wo Unsicherheiten bestehen, kann ein externes Gutachten helfen, die eigene Position zu stärken.

    Fazit

    Die strenge Prüfpraxis der Bewilligungsstellen ist eine Reaktion auf die komplexen Herausforderungen, die mit den Corona-Überbrückungshilfen verbunden sind. Sie mag aus behördlicher Sicht nachvollziehbar sein, stellt jedoch Unternehmen und prüfende Dritte vor erhebliche Belastungen. Mit einer sorgfältigen Vorbereitung, klarer Kommunikation und gegebenenfalls juristischer Unterstützung können Sie diesen Herausforderungen begegnen und sicherstellen, dass Ihre Schlussabrechnung korrekt und rechtssicher abgeschlossen wird.

    Dennis Hillemann
    Tanja Ehls

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