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    24.01.2025

    Überbrückungshilfe: Nachweis des "coronabedingten Umsatzeinbruchs" in Bayern


    Die Corona-Überbrückungshilfen waren während der Pandemie ein zentrales Unterstützungsinstrument für Unternehmen. Doch spätestens mit der Einreichung der Schlussabrechnungen treten vermehrt Rückforderungsbescheide in den Vordergrund. Insbesondere die Haltung der IHK für München und Oberbayern zeigt dabei, wie umfassend und detailliert die Antragsprüfung heute erfolgt. Im Folgenden fassen wir die zentralen Erkenntnisse zusammen und geben Hinweise für Steuerberater und Unternehmen.

    Die Schlussabrechnung: Ein neuer Prüfrahmen

    Ein wesentliches Merkmal der Schlussabrechnungen bei den Überbrückungshilfen ist der Totalvorbehalt, wie ihn auch die IHK für München und Oberbayern versteht. Während im Antragsverfahren oft auf Angaben der prüfenden Dritten vertraut wurde, wird nun jede Schlussabrechnung detailliert geprüft. Die IHK für München und Oberbayern betont hierbei, dass auch alle Voraussetzungen für die Antragsberechtigung überprüft werden dürfen. Besonders auffällig ist dabei die Prüfung des corona-bedingten Umsatzeinbruchs.

    Coronabedingter Umsatzeinbruch: Eine strikte Auslegung

    Die IHK für München und Oberbayern sieht Unternehmen und Steuerberater in der Pflicht, den corona-bedingten Umsatzeinbruch schön für den Zeitraum der Überbrückungshilfe III nicht nur nachzuweisen, sondern auch dessen (un-) mittelbaren Zusammenhang mit staatlichen Pandemie-Maßnahmen darzulegen. Dabei unterscheidet die IHK klar zwischen direkten und mittelbaren Beeinträchtigungen:

    • Direkte Beeinträchtigungen: Hierzu zählen beispielsweise staatlich angeordnete Betriebsschließungen oder Beschränkungen, die unmittelbar die Geschäftstätigkeit einschränkten.
    • Mittelbare Beeinträchtigungen: Diese umfassen etwa Umsatzrückgänge infolge von Nachfrageeinbrüchen, die jedoch nicht zwangsläufig als corona-bedingt anerkannt werden. Voraussetzung für eine Antragsberechtigung sei, dass diese Rückgänge auf den Geschäftskontakt mit direkt geschlossenen Branchen zurückzuführen sind. Die IHK zieht dabei die sogenannte „80-Prozent-Regel“ heran, wonach ein erheblicher Teil der Umsätze aus Geschäften mit betroffenen Branchen stammen muss.

    Die genaue Verwaltungspraxis bleibt hier für viele Unternehmen und Steuerberater unklar und ist im Übrigen auch rechtlich sehr umstritten.

    Vergleich Überbrückungshilfe III und IV

    Interessant ist, dass die IHK keinen qualitativen Unterschied in der Bewertung des Umsatzeinbruchs zwischen der Überbrückungshilfe III und IV sieht. Lediglich der Nachweis sei bei der Überbrückungshilfe III einfacher, da in deren Förderzeitraum mehr staatliche Einschränkungen galten. Diese Sichtweise steht allerdings in der Kritik, da viele Praktiker eine veränderte Verwaltungspraxis bei der Überbrückungshilfe IV beobachten konnten, die strengere Anforderungen stellte.

    Konsequenzen für Antragsteller: Die Gefahr der Rückforderung

    Die strenge Prüfpraxis der IHK führt dazu, dass viele Unternehmen mit Rückforderungen konfrontiert werden. Besonders problematisch ist dabei die Haltung der IHK und auch der bayerischen Verwaltungsgerichte, wonach im Klageverfahren nur die Sachverhalte berücksichtigt werden sollen, die bereits im Schlussabrechnungsverfahren vorgetragen wurden. Neue Tatsachen oder Beweise können nicht nachträglich eingebracht werden. Dies erhöht den Druck auf Unternehmen und Steuerberater, im Verwaltungsverfahren möglichst umfassend und rechtssicher zu argumentieren.

    Herausforderungen für Unternehmen mit Geschäft im europäischen Ausland

    Ein weiterer Aspekt, der häufig zu Diskussionen führt, ist die Berücksichtigung ausländischer Pandemie-Maßnahmen. Die IHK legt ihren Fokus allein auf deutsche Maßnahmen, sodass Unternehmen, die beispielsweise in Österreich Einschränkungen erlebten, keine Berücksichtigung finden. Dies wird in der Praxis oft als widersprüchlich zu den Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes gesehen, bleibt jedoch vorerst unklar geregelt.

    Empfehlungen für Steuerberater und Unternehmen

    Die aktuellen Entwicklungen verdeutlichen, dass Unternehmen und deren Steuerberater proaktiv handeln müssen, um Rückforderungen zu vermeiden:

    1. Frühzeitige Stellungnahmen: Antworten auf Rückfragen sollten umfassend und gut dokumentiert erfolgen. Fristverlängerungen können helfen, mehr Zeit für die Vorbereitung zu gewinnen.
    2. Rechtsberatung: Schon bei der Beantwortung der Rückfragen bei der Schlussabrechnung ist es sinnvoll, juristischen Beistand hinzuzuziehen, um spätere Nachteile zu vermeiden.
    3. Sorgfältige Prüfung: Sämtliche Sachverhalte, insbesondere zum Umsatzeinbruch, sollten genau geprüft und im Zweifelsfall durch externe Gutachten untermauert werden.
    4. Kommunikation mit Mandanten: Steuerberater sollten ihre Mandanten über mögliche Risiken und die strengere Prüfpraxis aufklären, um Missverständnisse zu vermeiden.

    Fazit

    Die Praxis der IHK für München und Oberbayern zeigt exemplarisch, dass die Schlussabrechnungen zu den Überbrückungshilfen weitaus mehr als eine Formalität sind. Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass jede Angabe genau hinterfragt wird. Gleichzeitig gibt es rechtliche und praktische Ansätze, um gegen Rückforderungen vorzugehen. Eine frühzeitige und professionelle Vorbereitung ist dabei der Schlüssel.

    Dennis Hillemann
    Tanja Ehls

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