Nach Ablauf der Schlussabrechnungsfrist für die Corona-Überbrückungshilfen am 30.09.2024 sehen sich viele Unternehmen mit Rückforderungsbescheiden konfrontiert. Die gute Nachricht: Es bestehen effektive rechtliche Handlungsmöglichkeiten. Wir vertreten bereits viele Unternehmen gegen unberechtigte Rückforderungen und können auf große Erfahrungen zurückgreifen.
Die Bewilligungsstellen versenden zunehmend Rückforderungsbescheide, oft mit kurzen Zahlungsfristen von nur einem Monat. Viele dieser Bescheide basieren auf einer geänderten Verwaltungspraxis, ohne dass sich der zugrundeliegende Sachverhalt geändert hätte.
Die Rückzahlungsfristen unterscheiden sich je nach Fallkonstellation:
Für betroffene Unternehmen stehen zwei zentrale Rechtsmittel zur Verfügung, deren Wahl vom jeweiligen Bundesland abhängt. In einigen Bundesländern ist zunächst ein Widerspruchsverfahren durchzuführen, während in anderen Ländern direkt Klage zu erheben ist.
Der Widerspruch als außergerichtliches Rechtsmittel kommt nur in Bundesländern in Betracht, die das Widerspruchsverfahren nicht abgeschafft haben. Dies ist beispielsweise in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein der Fall. Der Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Zugang des Rückforderungsbescheids bei der Behörde eingelegt werden. Im Widerspruchsverfahren prüft die Behörde ihre eigene Entscheidung noch einmal. Dies bietet die Chance, dass die Behörde ihre Rechtsauffassung überdenkt und den Bescheid korrigiert, ohne dass ein Gericht bemüht werden muss.
Die Verwaltungsklage hingegen ist in Bundesländern wie Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen, die das Widerspruchsverfahren abgeschafft haben, das einzig mögliche Rechtsmittel. Hier muss innerhalb eines Monats nach Bescheidzugang direkt Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht erhoben werden. Auch in Bundesländern mit Widerspruchsverfahren ist nach einem erfolglosen Widerspruch die Klage der nächste Schritt - auch hier wieder innerhalb der Monatsfrist nach Zugang des Widerspruchsbescheids.
Welches Rechtsmittel im konkreten Fall einzulegen ist, ergibt sich aus der Rechtsbehelfsbelehrung des Rückforderungsbescheids. Diese sollte genau studiert werden, um keine Fristen zu versäumen. Im Zweifelsfall ist dringend anwaltliche Beratung einzuholen.
Sowohl Widerspruch als auch Klage haben einen entscheidenden Vorteil für betroffene Unternehmen: Sie entfalten kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung. Diese ist in § 80 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) verankert und bedeutet, dass die Pflicht zur Rückzahlung während des laufenden Verfahrens zunächst ausgesetzt ist. Dies verschafft Unternehmen wichtigen zeitlichen und finanziellen Spielraum.
Die praktische Bedeutung dieser aufschiebenden Wirkung ist erheblich: Unternehmen müssen die oft existenzbedrohenden Rückforderungssummen nicht sofort aufbringen, sondern können die rechtliche Klärung abwarten. Diese Zeit kann strategisch genutzt werden. So können Unternehmen die Phase nutzen, um die Finanzierung einer etwaigen Rückzahlung zu klären oder alternative Szenarien zu entwickeln.
Ob ein Rechtsbehelf sinnvoll ist, hängt natürlich vom Einzelfall ab. Gerne beraten wir dazu.
Für den erfolgreichen Umgang mit Rückforderungsbescheiden bei den Corona-Überbrückungshilfen sind einige praktische Aspekte besonders zu beachten. An erster Stelle steht die sorgfältige Prüfung der Rechtsmittelbelehrung im Bescheid. Diese gibt Auskunft darüber, ob zunächst Widerspruch einzulegen ist oder direkt Klage erhoben werden muss. Auch die Zuständigkeit des Gerichts und die einzuhaltenden Fristen ergeben sich aus dieser Belehrung.
Die strikte Einhaltung der Monatsfrist für Widerspruch oder Klage ist dabei von entscheidender Bedeutung. Nach Ablauf dieser Frist wird der Bescheid bestandskräftig und kann in der Regel nicht mehr angefochten werden. Dabei ist zu beachten: Die Frist beginnt mit dem Zugang des Bescheids, nicht erst mit seiner vollständigen Prüfung oder der Entscheidung über das weitere Vorgehen.
Angesichts der komplexen Rechtslage und der oft erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung der Rückforderungen ist professionelle rechtliche Unterstützung dringend anzuraten.
Die Erfolgsaussichten bei der Anfechtung von Rückforderungsbescheiden im Bereich der Corona-Überbrückungshilfen hängen vom Einzelfall ab.
In einigen Fällen ist eine deutliche Reduzierung der ursprünglichen Rückforderungssumme denkbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rückforderung auf einer geänderten Verwaltungspraxis basiert, ohne dass sich der zugrundeliegende Sachverhalt geändert hat. In diesen Fällen kann der sogenannte Vertrauensschutz greifen, insbesondere, wenn der Sachverhalt den Bewilligungsstellen bereits bekannt war.
In anderen Fällen ist sogar die vollständige Aufhebung des Rückforderungsbescheids möglich. Solche Erfolge waren besonders dann zu verzeichnen, wenn die Rückforderung auf formalen Gründen basierte, die materielle Förderberechtigung aber gegeben war. Wir stehen hier erst am Anfang der Rechtsprechung zu den Rückforderungsbescheiden bei den Corona-Überbrückungshilfen.
Selbst wenn der Rechtsbehelf letztlich keinen inhaltlichen Erfolg haben sollte, verschafft die aufschiebende Wirkung den Unternehmen in jedem Fall einen wertvollen zeitlichen Aufschub. Diese Zeit kann genutzt werden, um die Finanzierung zu sichern oder alternative Lösungen zu entwickeln.
Die Verwaltungsgerichte werden sich zunehmend mit Rückforderungen befassen müssen. Erste Grundsatzentscheidungen sind im Laufe des Jahres, spätestens aber 2026, zu erwarten. Dies könnte zu einer einheitlicheren Verwaltungspraxis führen.
Unternehmen sollten sich von Rückforderungsbescheiden nicht entmutigen lassen. Die rechtlichen Instrumente bieten effektive Möglichkeiten, sich zu wehren - oder zumindest Zeit zu gewinnen. Angesichts der komplexen Rechtslage und der oft erheblichen Summen ist professionelle rechtliche Unterstützung dringend anzuraten.
Dennis Hillemann
Tanja Ehls