Die Frage der Berücksichtigung neuer oder höherer Fixkostenpositionen in der Schlussabrechnung der Corona-Überbrückungshilfen entwickelt sich zu einem der umstrittensten Themen in der aktuellen Praxis. Die Bewilligungsstellen nehmen hier zunehmend eine sehr restriktive Haltung ein.
Aktuelle Position der Bewilligungsstellen
Die Bewilligungsstellen, unterstützt durch das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK), sehen neue oder wesentlich höhere Fixkostenpositionen in der Schlussabrechnung äußerst kritisch. Ihre Position stützt sich auf mehrere Argumente:
1. Notwendigkeit eines Änderungsantrags
- Für neue oder wesentlich höhere Fixkosten wäre ein Änderungsantrag erforderlich gewesen
- Die Fristen für solche Änderungsanträge sind inzwischen abgelaufen
2. Beihilferechtliche Bedenken
- Der relevante Beihilferahmen ist zum 30.06.2022 ausgelaufen
- Nachträgliche Erhöhungen seien daher beihilferechtlich problematisch
3. Einzelfallprüfung
- Neue Fixkosten können nur in "begründeten Einzelfällen" berücksichtigt werden
- Es erfolgt eine strenge Plausibilitätsprüfung
- Die finale Entscheidung liegt im Ermessen der Bewilligungsstelle
Rechtliche Gegenargumente
Diese Position der Bewilligungsstellen ist aus verschiedenen Gründen angreifbar. Unsere umfassenden Argumente hiergegen geben wir nachfolgend kursorisch wieder:
1. Keine Pflicht zum Änderungsantrag
- Die FAQ sprachen nur davon, dass ein Änderungsantrag gestellt werden “kann”
- Eine zwingende Pflicht war nicht vorgesehen
2. Konzeption der Schlussabrechnung
- Die Schlussabrechnung war von Anfang an als finale Prüfung auf Basis der tatsächlichen Kosten konzipiert
- Dies spricht für die Möglichkeit der Berücksichtigung aller tatsächlich angefallenen Fixkosten
3. Beihilferechtliche Argumente
- Die Schlussabrechnung ist Teil des ursprünglichen Verfahrens
- Der Beihilferahmen galt zum Zeitpunkt der Antragstellung
- Eine nachträgliche Berücksichtigung tatsächlicher Kosten verstößt nicht gegen Beihilferecht
4. Gleichbehandlungsgrundsatz
- Die pauschale Ablehnung neuer Fixkosten benachteiligt Unternehmen, die vorsichtig kalkuliert haben
- Dies verstößt gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz
Handlungsempfehlungen für die Schlussabrechnung
Für Unternehmen, die neue oder höhere Fixkosten geltend machen wollen, empfehlen sich folgende Schritte:
1. Sorgfältige Dokumentation
- Vollständige Unterlagen (Rechnungen, Zahlungsnachweise) bereithalten
- Plausible Begründung vorbereiten, warum die Fixkosten nicht im Erstantrag enthalten waren
- Gegebenenfalls dokumentieren, warum ein Änderungsantrag nicht möglich war
2. Bei Nachfragen der Bewilligungsstelle: Anwalt einschalten
- Bei hohen Beträgen: und ablehnender Haltung der Bewilligungsstelle sollte frühzeitig ein Rechtsanwalt hinzugezogen werden
- Darlegung der rechtlichen Argumentation gegen die Position der Bewilligungsstellen
- Vorbereitung auf mögliche Rechtsbehelfsverfahren
Fazit und Ausblick
Die Frage der Berücksichtigung neuer Fixkosten wird die Schlussabrechnungen der Corona-Überbrückungshilfen noch intensiv beschäftigen. Die Position der Bewilligungsstellen ist zwar sehr restriktiv, aber rechtlich durchaus angreifbar.
Für betroffene Unternehmen ist eine sorgfältige Vorbereitung der Schlussabrechnung essentiell. Dabei sollten sie:
- Transparent und proaktiv kommunizieren
- Alle Kosten sorgfältig dokumentieren
- Sich auf mögliche rechtliche Auseinandersetzungen vorbereiten
- Bei hohen Beträgen frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch nehmen
Wir bei ADVANT Beiten beraten Steuerberater und Unternehmen umfassend bei Rückfragen der Bewilligungsstellen und in Widerspruch- und Klageverfahren.
Dennis Hillemann
Tanja Ehls