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    06.01.2025

    Nachträgliche Konsolidierung bei Unternehmensverbünden: Risiken und Haftungsfallen für Steuerberater


    Die nachträgliche Konsolidierung von Unternehmensverbünden im Rahmen der Corona-Überbrückungshilfen birgt erhebliche Risiken – sowohl für die betroffenen Unternehmen als auch für die beratenden Steuerberater. Insbesondere die Aufhebung von Einzelbescheiden und die damit verbundene Verrechnung können zu unvorhergesehenen Rückforderungen und potenziellen Haftungsansprüchen führen. Dieser Beitrag erläutert die wichtigsten Fallstricke und gibt praxisorientierte Empfehlungen, wie Steuerberater und Unternehmen sich absichern können.

    Konsolidierung nach Ziffer 6.4 der FAQ

    Die FAQ zur Schlussabrechnung (Ziffer 6.4) regeln, dass nachträglich festgestellte Unternehmensverbünde konsolidierte Schlussabrechnungen einreichen müssen. Dabei wird die bisherige Praxis, Einzelanträge für Unternehmen zu stellen, zugunsten eines zentralen Verbundantrags aufgegeben.

    Wesentliche Merkmale der Konsolidierung:

    1. Ein Verbundantrag: Ein Unternehmen – in der Regel das zuerst antragstellende – reicht den Verbundantrag ein.
    2. Aufhebung der Einzelbescheide: Alle bisherigen Bescheide der Einzelunternehmen werden aufgehoben.
    3. Einheitliche Förderhöhe: Die Gesamtfördersumme des Unternehmensverbunds wird neu berechnet und im Schlussbescheid festgelegt.

    Ein Beispiel zur Verdeutlichung:

    • Fünf Einzelunternehmen haben jeweils 100.000 Euro beantragt und bewilligt bekommen, was eine Gesamtfördersumme von 500.000 Euro ergibt.
    • Im Rahmen der Konsolidierung wird diese Summe dem Unternehmensverbund zugerechnet. Das antragstellende Unternehmen erhält einen Bescheid über 500.000 Euro, einschließlich 400.000 Euro Nachzahlung, da es bisher lediglich 100.000 Euro erhalten hat und nun für den Unternehmensverbund noch eine Nachzahlung von 400.000 Euro erhält.
    • Gleichzeitig werden die bisherigen Einzelbescheide aufgehoben, was Rückforderungsansprüche gegen die vier anderen Unternehmen auslöst. Nach Ziff. 6.4 der FAQ Schlussabrechnung werden diese vier Rückforderungsbescheide über je 100.000 Euro verrechnet mit dem Nachzahlungsbescheid für das antragstellende Unternehmen für den Unternehmensverbund, so dass sich am Ende ein Nullsaldo ergibt.

    Die Konsolidierung wirkt auf den ersten Blick logisch und nachvollziehbar. Doch in der Praxis ergeben sich daraus erhebliche Risiken, insbesondere wenn die Bewilligungsstelle die Förderberechtigung im Nachhinein überprüft und kürzt.

    Die Problematik der nachträglichen Kürzungen

    Ein entscheidendes Risiko entsteht, wenn die Bewilligungsstelle nachträglich die Gesamtförderhöhe des Unternehmensverbunds reduziert. Beispiel:

    •  Ursprünglich wurden 500.000 Euro bewilligt, wie im Ausgangsfall.
    • Nach Überprüfung erkennt die Bewilligungsstelle jedoch nur eine Förderberechtigung für 250.000 Euro an, etwa wegen fehlender Fixkostenanerkennung, unzureichender coronabedingter Umsatzeinbrüche oder Überkompensation.

    Die Folgen:

    1. Reduzierung des Verbundbescheids: Das antragstellende Unternehmen erhält einen neuen Bescheid über 250.000 Euro, d.h. die bisherigen 100.000 Euro werden bestätigt und es werden weitere 150.000 Euro ausgezahlt. Auf den ersten Blick wirkt alles positiv.
    2. Aufhebung der Einzelbescheide: Die Einzelunternehmen müssen die ursprünglich bewilligten 400.000 Euro zurückzahlen. Es findet aber gegen diese Aufhebung nur eine Verrechnung von 150.000 Euro statt.

    Das Resultat ist eine erhebliche Belastung für den Unternehmensverbund. Obwohl rechnerisch eine Förderung von 250.000 Euro verbleibt, stehen Rückforderungen von 400.000 Euro gegenüber. Der Verbund muss somit ein Delta von 250.000 Euro ausgleichen – ein finanzielles Risiko, das viele Unternehmen überfordert.

    Haftungsrisiken für Steuerberater

    Diese Situation birgt auch erhebliche Haftungsrisiken für Steuerberater. Werden die Folgen der Konsolidierung nicht korrekt erkannt oder der Schlussbescheid des Unternehmensverbunds nicht angefochten, drohen Haftungsansprüche durch die Mandanten.

    Häufige Fehlerquellen:

    • Unterschätzte Auswirkungen des Schlussbescheids: Steuerberater betrachten den Schlussbescheid oft isoliert, ohne die Rückforderungsbescheide der Einzelunternehmen zu berücksichtigen.
    • Fehlender Widerspruch bzw. Klage: Der Schlussbescheid des Unternehmensverbunds wird nicht angefochten, obwohl er eine wesentliche Kürzung enthält.
    • Unzureichende Beratung: Die Mandantschaft wird nicht über die finanziellen Risiken der Konsolidierung aufgeklärt.

    Ein typischer Fehler: Das antragstellende Unternehmen erhält einen Bescheid, der auf den ersten Blick positiv erscheint – etwa eine Nachzahlung von 150.000 Euro zusätzlich zu den ursprünglich bewilligten 100.000 Euro. Gleichzeitig übersehen Berater, dass die Einzelbescheide der anderen Unternehmen aufgehoben werden und Rückforderungsansprüche entstehen. Im Ergebnis steht der Unternehmensverbund vor erheblichen finanziellen Belastungen.

    Empfehlungen für Steuerberater

    Daraus ergeben sich die folgenden Empfehlungen:

    1. Gesamtsicht einnehmen: Der Schlussbescheid des Unternehmensverbunds muss immer im Zusammenhang mit den Aufhebungsbescheiden der Einzelunternehmen analysiert werden. Nur so lassen sich die tatsächlichen finanziellen Auswirkungen erkennen.
    2. Fristen beachten: Gegen den Schlussbescheid muss innerhalb eines Monats Widerspruch oder Klage eingelegt werden, wenn er zu einer unzumutbaren Belastung führt.
    3. Mandanten aufklären: Steuerberater sollten ihre Mandanten frühzeitig und umfassend über die Risiken einer Konsolidierung informieren, insbesondere über potenzielle Rückforderungen.
    4. Juristischen Rat einholen: Bei komplexen Fällen ist eine anwaltliche Beratung ratsam, um die Interessen der Mandantschaft bestmöglich zu vertreten.

    Fazit

    Die nachträgliche Konsolidierung von Unternehmensverbünden ist rechtlich und finanziell anspruchsvoll. Für Steuerberater und Unternehmen ist es essenziell, die möglichen Risiken genau zu analysieren und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um finanzielle Schäden zu vermeiden.

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    Dennis Hillemann
    Tanja Ehls

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