Willkommen zum fünften Teil unserer siebenteiligen Artikelserie über die wichtigsten GovTech-Trends, die 2025 den öffentlichen Sektor weltweit prägen und transformieren werden. Nach unserer Analyse der Künstlichen Intelligenz, des Spatial Computing, der Cybersicherheit und der Automatisierung in den ersten vier Teilen widmen wir uns nun einem oft übersehenen, aber fundamentalen Trend: Hardware-Evolution und energieeffizientes Computing.
Hardware-Evolution: Das unterschätzte Fundament der digitalen Transformation
In einer Zeit steigender Rechenanforderungen durch KI-Anwendungen, wachsender Bedeutung von Nachhaltigkeit und zunehmender Energiekosten gewinnen Hardware-Evolution und energieeffizientes Computing im öffentlichen Sektor an strategischer Bedeutung. Diese Entwicklungen bieten nicht nur Chancen für Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen, sondern sind auch ein wesentlicher Beitrag zum Umweltschutz und zur Erreichung der Klimaziele.
Während in der öffentlichen Diskussion oft Software und digitale Dienste im Vordergrund stehen, wird die Bedeutung der zugrundeliegenden Hardware häufig unterschätzt. Doch gerade hier entscheidet sich, ob die digitale Transformation des öffentlichen Sektors nachhaltig und zukunftsfähig gestaltet werden kann oder ob sie an physischen Grenzen scheitert.
Die globale Landschaft: Renaissance der Hardware und grüne Rechenzentren
Weltweit investieren Regierungen in spezialisierte Hardware und energieeffiziente Recheninfrastrukturen:
- Die USA haben mit ihrer "American AI Initiative" erhebliche Mittel für die Entwicklung spezialisierter KI-Hardware bereitgestellt, um ihre technologische Führungsposition zu sichern. Unter der Trump Administration sollen noch mehr Mittel bereitgestellt werden.
- Die Europäische Union fördert im Rahmen des "European Green Deal" energieeffiziente Rechenzentren und hat verbindliche Nachhaltigkeitskriterien für IT-Beschaffungen entwickelt.
- Singapur hat eine nationale Strategie für grüne Rechenzentren entwickelt, die strenge Energieeffizienzstandards vorschreibt und innovative Kühltechnologien fördert.
Deloitte berichtet, dass nach Jahren des Fokus auf Softwareentwicklung nun Hardwareentwicklung wieder in den Mittelpunkt rückt. KI-Anwendungen erfordern spezialisierte Rechenressourcen und fortschrittliche Chips, was zu einer Renaissance der Hardwareentwicklung führt. Gartner identifiziert energieeffizientes Computing als einen der Top-10-Technologietrends für 2025, der durch effizientere Architektur, Code und Algorithmen die Nachhaltigkeit steigert.
Sehr vielversprechend ist zudem der Trend zu Edge Computing für entlegene Standorte. In Norwegen werden KI-fähige Edge-Geräte für die Überwachung abgelegener Infrastrukturen eingesetzt. In Australien nutzen Behörden Edge Computing für Umweltmonitoring in entlegenen Gebieten. Diese Lösungen bieten wesentliche lokale Rechenleistung, wo Internetkonnektivität unzuverlässig ist, und können den Energieverbrauch durch Reduzierung der Datenübertragung senken.
Warum Hardware-Evolution und energieeffizientes Computing für den deutschen öffentlichen Sektor besonders relevant sind
Deutschland steht aufgrund seiner spezifischen Situation vor besonderen Herausforderungen und Chancen:
- Energieeffiziente Rechenzentren für die öffentliche Verwaltung: Deutschland mit seinen ambitionierten Klimazielen kann von energieeffizienten Rechenzentren für die öffentliche Verwaltung erheblich profitieren. Die Bundesregierung könnte zentrale, hocheffiziente Rechenzentren für Behörden auf allen Ebenen bereitstellen, die erneuerbare Energien nutzen und modernste Kühltechnologien einsetzen. Dies würde nicht nur den CO2-Fußabdruck reduzieren, sondern auch Betriebskosten senken.
- Spezialisierte Hardware für KI-Anwendungen: Mit der zunehmenden Nutzung von KI im öffentlichen Sektor steigt der Bedarf an spezialisierter Hardware. Deutsche Behörden könnten von KI-Beschleunigern profitieren, die komplexe Analysen effizienter durchführen können, etwa für Verkehrsplanung, Umweltmonitoring oder Gesundheitsforschung. Diese Technologien ermöglichen Anwendungen, die mit herkömmlicher Hardware nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Energieaufwand realisierbar wären.
- Edge Computing für ländliche Gebiete: In Deutschland mit seinen ländlichen Regionen, die teilweise noch immer unter mangelhafter Breitbandversorgung leiden, kann Edge Computing lokale Rechenleistung bereitstellen. Dies ist besonders relevant für Anwendungen wie Umweltmonitoring, Katastrophenschutz oder landwirtschaftliche Beratung, die oft in Gebieten mit schwacher Internetanbindung durchgeführt werden müssen.
- Nachhaltige IT-Beschaffung: Deutschland könnte Nachhaltigkeitskriterien in die öffentliche IT-Beschaffung integrieren, um energieeffiziente Hardware zu fördern. Dies würde nicht nur die Umweltauswirkungen reduzieren, sondern auch langfristig Betriebskosten senken und die Nachfrage nach nachhaltigen IT-Produkten stärken, was die Marktentwicklung in diese Richtung lenken würde.
- Hybride Rechenmodelle: Für deutsche Behörden könnten hybride Modelle, die Cloud- und lokale Rechenressourcen kombinieren, eine optimale Balance zwischen Effizienz, Sicherheit und Verfügbarkeit bieten. Sensible Daten könnten lokal verarbeitet werden, während rechenintensive Aufgaben in die Cloud ausgelagert werden, was die Gesamteffizienz steigert und gleichzeitig Datenschutzanforderungen erfüllt.
Die spezifischen Hürden im deutschen Kontext
Die Implementierung von Hardware-Evolution und energieeffizientem Computing im deutschen öffentlichen Sektor steht vor charakteristischen Herausforderungen:
- Hohe Anfangsinvestitionen: Spezialisierte Hardware und energieeffiziente Systeme erfordern erhebliche Anfangsinvestitionen. In Zeiten knapper öffentlicher Haushalte kann dies ein Hindernis darstellen, obwohl langfristig Kosteneinsparungen zu erwarten sind. Die Haushaltsplanung im öffentlichen Sektor ist oft kurzfristig orientiert und erschwert langfristige Investitionen trotz nachweisbarer Wirtschaftlichkeit.
- Föderale IT-Strukturen: Die föderale Struktur Deutschlands hat zu einer fragmentierten IT-Landschaft geführt, mit unterschiedlichen Systemen und Standards auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Dies erschwert die koordinierte Einführung neuer Hardwaretechnologien und die Realisierung von Skaleneffekten, die für kosteneffiziente und energieeffiziente Lösungen entscheidend wären.
- Fachkräftemangel: Der Mangel an IT-Fachkräften im öffentlichen Sektor ist in Deutschland besonders ausgeprägt. Die Implementierung und Wartung spezialisierter Hardware erfordert jedoch spezifisches Know-how, das im öffentlichen Dienst oft nicht verfügbar ist und angesichts der Gehaltsunterschiede zur Privatwirtschaft schwer zu gewinnen ist.
- Datenschutz und Souveränität: Deutsche Behörden legen großen Wert auf Datenschutz und digitale Souveränität. Die Nutzung spezialisierter Hardware, die oft von nicht-europäischen Herstellern stammt, wirft Fragen bezüglich Datensicherheit und Abhängigkeiten auf. Diese Bedenken können die Einführung innovativer Hardwarelösungen verzögern oder verhindern.
- Bestandssysteme und Kompatibilität: Viele deutsche Behörden arbeiten noch mit Legacy-Systemen, die nicht ohne Weiteres mit moderner, spezialisierter Hardware kompatibel sind. Die Integration dieser Systeme ist oft komplex und kostspielig, aber unvermeidbar für eine umfassende Modernisierung der IT-Infrastruktur.
Der Weg nach vorn: Handlungsempfehlungen für den deutschen öffentlichen Sektor
Um das Potenzial von Hardware-Evolution und energieeffizientem Computing zu nutzen, sollte der deutsche öffentliche Sektor folgende Maßnahmen ergreifen:
- Entwicklung einer nationalen Strategie für nachhaltige IT: Eine koordinierte Strategie mit klaren Zielen, Standards und Anreizen für energieeffizientes Computing im öffentlichen Sektor ist unverzichtbar. Diese Strategie sollte alle Verwaltungsebenen einbeziehen und konkrete Nachhaltigkeitsziele definieren.
- Konsolidierung von Rechenzentren: Die Zusammenführung fragmentierter Rechenzentren zu wenigen, hocheffizienten Einrichtungen, die erneuerbare Energien nutzen und modernste Kühltechnologien einsetzen, würde Effizienzgewinne und Kosteneinsparungen ermöglichen und gleichzeitig den CO2-Fußabdruck reduzieren.
- Investitionen in spezialisierte Hardware für KI: Gezielte Investitionen in KI-Beschleuniger und andere spezialisierte Hardware für Behörden mit rechenintensiven Anwendungen können Effizienzsteigerungen und neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen, die mit herkömmlicher Hardware nicht realisierbar wären.
- Nachhaltigkeitskriterien in der IT-Beschaffung: Die Integration von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit als zentrale Kriterien in die öffentliche IT-Beschaffung würde marktlenkende Signale setzen und langfristig zu einer nachhaltigeren IT-Landschaft beitragen.
- Aus- und Weiterbildungsprogramme: Investitionen in die Ausbildung von IT-Fachkräften mit Expertise in energieeffizientem Computing und spezialisierter Hardware sind notwendig, um das erforderliche Know-how im öffentlichen Sektor aufzubauen und zu halten.
- Förderung europäischer Hardwarelösungen: Die Unterstützung europäischer Initiativen zur Entwicklung spezialisierter Hardware würde die digitale Souveränität stärken und Abhängigkeiten von nicht-europäischen Technologien reduzieren, was auch sicherheitspolitisch relevant ist.
- Pilotprojekte für Edge Computing: Die Implementierung von Pilotprojekten für Edge Computing in ländlichen Gebieten würde Erfahrungen sammeln und Best Practices entwickeln lassen, die für eine breitere Anwendung genutzt werden könnten.
Ausblick
Durch die strategische Implementierung von Hardware-Evolution und energieeffizientem Computing kann der deutsche öffentliche Sektor seine Effizienz steigern, Kosten senken und einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in einem ausgewogenen Ansatz, der technologische Innovation mit deutschen Werten wie Nachhaltigkeit, Datenschutz und langfristiges Denken verbindet.
Im nächsten Teil unserer Serie werden wir uns dem sechsten großen GovTech-Trend 2025 widmen: Systemintegration und API-Ökosysteme. Wir werden untersuchen, wie nahtlose Integration verschiedener Systeme und Plattformen die Fragmentierung überwinden und ganzheitliche Verwaltungsdienstleistungen ermöglichen kann.
Dennis Hillemann
Johannes Voß-Lünemann
Dennis Hillemann ist Fachanwalt für Verwaltungsrecht und berät zur digitalen Transformation im öffentlichen Sektor. Johannes Voß-Lünemann ist Rechtsanwalt mit Fokus auf das Vergaberecht und Verwaltungsrecht. Sie beraten Unternehmen und Verwaltungen zu den Auswirkungen technologischer Veränderungen und plädieren für eine progressive, aber rechtssichere Digitalisierung.
Dies ist der fünfte Teil einer siebenteiligen Serie über die wichtigsten GovTech-Trends 2025, die den öffentlichen Sektor weltweit transformieren.