Die weltpolitische Lage hat sich in den letzten Jahren massiv verschärft. Mit dem anhaltenden Krieg in der Ukraine, zunehmenden Spannungen in verschiedenen Weltregionen und der allgemeinen Unsicherheit erleben wir eine historische Zäsur. Die viel zitierte "Zeitenwende" ist längst Realität geworden – und mit ihr fließen erhebliche Summen in die Verteidigung.
Dies eröffnet völlig neue Perspektiven: Unternehmen, die bislang ausschließlich zivile Produkte herstellten, überlegen nun ernsthaft, ob und wie sie ihre Technologien und Kompetenzen für den Verteidigungssektor nutzbar machen können. Besonders für mittelständische Unternehmen mit technologischem Know-how stellt sich die Frage: Welche Fördermöglichkeiten gibt es für den Einstieg in die Wehrtechnik?
Hier ein aktueller Überblick über die wichtigsten Programme und Instrumente, die Anfang 2025 zur Verfügung stehen:
Europäischer Verteidigungsfonds (EVF) – Das Flaggschiff der EU-Förderung
Der Europäische Verteidigungsfonds (EVF) stellt 2025 rund 1,065 Milliarden Euro für Rüstungsforschung und -entwicklung bereit. Besonders interessant für Neueinsteiger: 4% des Budgets sind für "disruptive" Technologien und weitere 6% für innovative Projekte mit Fokus auf KMU reserviert.
Das aktuelle Arbeitsprogramm 2025 umfasst 33 Themen in neun Ausschreibungen – von Bodenkampf über Cyberabwehr bis hin zu umweltfreundlichen Technologien. Schwerpunkte sind beispielsweise Projekte zu Cyberverteidigung, Marine- und Unterwasserfähigkeit sowie Sensorsystemen.
Förderkonditionen im Kurzüberblick:
Wichtig für Ihre Planung: Die Ausschreibungen laufen bereits seit Mitte Februar 2025. Die Einreichungsfrist für Projektanträge ist der 16. Oktober 2025.
Defence Equity Facility – Kapital für innovative Startups
Eine weitere spannende Möglichkeit ist die Anfang 2024 gestartete Defence Equity Facility (DEF). Dieser Wagniskapital-Fonds verfügt über 175 Millionen Euro und zielt darauf ab, privates Risikokapital für wehrtechnische Innovationen mit Dual-Use-Potenzial zu mobilisieren.
Die DEF investiert nicht direkt in Unternehmen, sondern in spezialisierte private Fonds, die wiederum in Sicherheits- und Verteidigungsunternehmen investieren. Bis 2027 sollen so Investitionen von bis zu 500 Millionen Euro in Startups und KMU mit Verteidigungsbezug angestoßen werden.
Gerade für innovative Startups, die neue Technologien wie KI, Sensorik oder Cybersicherheit entwickeln, könnte die DEF den Zugang zu dringend benötigtem Wachstumskapital erleichtern.
Dual-Use-Potenzial in zivilen Innovationsprogrammen
Ein oft übersehener Weg sind die klassischen Innovationsförderprogramme wie ZIM (Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand) oder KMU-innovativ. Diese sind zwar primär zivil ausgerichtet, können aber unter bestimmten Umständen auch für die Wehrtechnik relevant sein.
Das Bundeswirtschaftsministerium ist bei ZIM grundsätzlich technologieoffen. Auch wehrtechnische Unternehmen können ZIM-Zuschüsse erhalten, sofern die Projektinhalte zivil verwertbar sind – etwa neue Materialtechnologien, Elektronik oder KI-Anwendungen, die später auch militärisch eingesetzt werden könnten.
Ähnliches gilt für BMBF-Programme wie KMU-innovativ, die beispielsweise in Feldern wie KI, Elektronik oder Sicherheitstechnologien Ausschreibungen bieten. Direkte Rüstungsthemen sind zwar ausgeschlossen, aber Sicherheit und Verteidigung als Anwendungsgebiet können indirekt profitieren.
Der Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) dient als Schnittstelle zwischen Startup-Szene und Bundeswehr. Er wurde als Pilotprojekt gestartet, um militärische Nutzer mit zivilen Innovationen zusammenzubringen.
Im Jahr 2025 hat der CIHBw seine Kooperationen verstärkt. Besonders hervorzuheben ist die am 11. Februar 2025 geschlossene strategische Partnerschaft mit der Universität der Bundeswehr München. Diese Allianz soll Forschung und Innovation eng mit den Anforderungen der Truppe verknüpfen.
Der Hub bietet auch Unterstützung für Intrapreneurship und führt regelmäßig Innovations-Challenges durch – eine spannende Möglichkeit für innovative Unternehmen, ihre Lösungen direkt mit der Bundeswehr zu entwickeln.
Wer in den Verteidigungssektor einsteigen möchte, sollte sich an der im Dezember 2024 beschlossenen Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsindustriestrategie orientieren. Diese definiert klare Schlüsseltechnologien, die für die künftige Förderung prioritär sind:
Weitere kritische Bereiche sind Quantentechnologien, Flugkörper und Flugabwehr, Raumfahrttechnologien, Munition sowie unbemannte Systeme (Drohnen).
Projekte, die in diese Kategorien fallen, haben deutlich bessere Chancen auf Förderung und langfristige Aufträge.
Als erfahrene Anwälte mit Blick auf die Förderpraxis möchten wir Ihnen einige praktische Hinweise geben:
Früh planen: Die Antragsfristen sind oft lang, die Verfahren komplex. Beginnen Sie mindestens sechs Monate vor Deadline mit der Vorbereitung.
Die aktuelle weltpolitische Lage hat den Verteidigungssektor grundlegend verändert. Mit den massiven Investitionen in die Sicherheit Europas entstehen völlig neue Geschäftsmöglichkeiten – auch für Unternehmen, die bisher in anderen Bereichen tätig waren.
Die vorgestellten Förderprogramme bieten verschiedene Einstiegsmöglichkeiten. Besonders vielversprechend ist die Kombination aus europäischen Mitteln (EVF) für Forschung und Entwicklung mit nationalen Programmen für die konkrete Umsetzung.
Wer jetzt strategisch klug agiert und seine zivilen Kompetenzen für den Verteidigungsbereich adaptiert, kann von diesem Wachstumsmarkt langfristig profitieren.
Sie haben Fragen zur Förderung von Verteidigungstechnologien oder benötigen Unterstützung bei der Antragstellung? Sprechen Sie uns an – wir helfen Ihnen gerne weiter!
Dennis Hillemann
Johannes Voß-Lünemann