Ihre
Suche

    07.05.2025

    Hilfreiche neue BFH-Rechtsprechung zu vermögensverwaltenden Personengesellschaften


    Der BFH hat sich in zwei vor kurzem veröffentlichten Urteilen vom 27.11.2024 (I R 19/21 und I R 21/22) zur grundsätzlich transparenten steuerlichen Behandlung von vermögenverwaltenden Personengesellschaften geäußert.

    1. Vorbemerkung

    Die steuerliche Behandlung der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist ein bisher in der Literatur, Veröffentlichungen der Finanzverwaltung und Rechtsprechung vernachlässigtes Konstrukt. Viele Themen erschließen sich nur aus der Logik, wie die vermögensverwaltende Personengesellschaft generell zu betrachten ist. Daher helfen die zwei kürzlich veröffentlichten BFH-Urteile nicht nur bei den dort beurteilten konkreten Sachverhalten, sondern geben auch Rückschlüsse auf andere Problemstellungen.

    2. Urteil I R 19/21

    Der BFH hat Darlehen der Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft an die Personengesellschaft steuerlich nicht anerkannt. Die vermögenverwaltende Personengesellschaft ist transparent (§ 39 (2) Nr. 2 AO). Die Gesellschafter sind aus steuerlicher Sicht nicht an der Personengesellschaft, sondern anteilig and den Wirtschaftsgütern (handelsrechtlich: Vermögensgegenstände und Schulden) beteiligt (Bruchteilsbetrachtung). Insoweit kann ein Gesellschafter kein Darlehen an sich selbst geben (Konfusion).

    Eine analoge Anwendung der Neutralisierung der Zinsen als Sonderbetriebseinnahme bei vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist ausgeschlossen, da nur Mitunternehmerschaften (=gewerbliche Personengesellschaften) eine Sonderbetriebssphäre haben.

    Die Einkünfte sind bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft einheitlich und gesondert festzustellen. Dies gilt auch, obwohl im Sachverhalt nur ein Kommanditist zu 100% beteiligt war und der Komplementär mit 0%. 

    Wichtig ist die konsequente Anwendung der Bruchteilsbetrachtung:

    • Die Bruchteilsbetrachtung würde auch umgekehrt gelten, bei einem Darlehen der vermögensverwaltenden Personengesellschaft an den Gesellschafter.
    • Die Bruchteilsbetrachtung gilt nicht nur für Darlehensverträge, sondern auch für andere schuldrechtliche Verträge, z.B. Mietverträge.
    • Auch entstehen keine Veräußerungsgewinne, wenn die vermögensverwaltende Gesellschaft beispielsweise ein Grundstück an den Gesellschafter verkauft oder umgekehrt.

    Soweit andere Gesellschafter beteiligt sind – dies war bei dem Sachverhalt des Urteils nicht der Fall –, gilt die Bruchteilsbetrachtung nicht. Gezahlte Zinsen stellen dann insoweit Werbungskosten dar.

    Bei von der Gesellschaft an den Gesellschafter gezahlten Zinsen handelt es sich um "Gewinn-Vorab", welche die Einkünfte daher nicht mindern dürfen. In der Folge stellen die gezahlten Zinsen an den Gesellschafter auf dessen Ebene auch keine Einkünfte aus Kapitalvermögen dar.

    3. Urteil I R 21/22

    Verluste aus der Abschreibung von Darlehen sind nicht nach § 8b (3) Satz 4 zu korrigieren, wenn durch eine transparente vermögensverwaltende Personengesellschaft der gewerbliche Gesellschafter durchgerechnet zu weniger als 25% (hier 2,02%) beteiligt ist, auch wenn die vermögensverwaltende Personengesellschaft selbst zu mehr als 25% (hier 100%) beteiligt ist. Die Beteiligungen sind den Gesellschaftern nach § 39 (2) Nr. 2 AO als "unmittelbare Beteiligung" zuzuordnen.

    Auch hier wird konsequent eine Bruchteilsbetrachtung nach § 39 (2) Nr. 2 AO vorgenommen.

    Weiter Erkenntnisse aus diesem Urteil:

    • Eine GmbH als Kommanditist als Geschäftsführer reicht zur Entprägung.
    • Die verbindliche Entscheidung in einer gewerblichen Überleitung (hier Einkünfte aus Kapitalvermögen) wird bei Veranlagung beim gewerblichen Gesellschafter getroffen, nicht (nachrichtlich) im Feststellungsbescheid der vermögensverwaltenden Personengesellschaft („Zebragesellschaft“). Rechtsbehelfe müssen also grundsätzlich beim Finanzamt des gewerblichen Gesellschafters ansetzen, nicht beim Feststellungsfinanzamt der vermögensverwaltenden Personengesellschaft, die oftmals die gewerbliche Überleitung „nachrichtlich“ im Bescheid ermittelt. 

    Fazit

    Die steuerliche Behandlung einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft ist für steuerliche Berater und Finanzämter ungewohnt, und es werden oft Regelungen für gewerbliche Personengesellschaften fälschlicherweise analog angewendet.

    Es bleiben viele komplexe Fragestellungen, für die es wenig Erläuterungen der Finanzverwaltung oder in der Literatur gibt. Die konsequente Anwendung der Transparenz der vermögensverwaltenden Personengesellschaften hilft bei Lösungsansätzen.

    Das Tax Team von ADVANT Beiten in Frankfurt besitzt Erfahrung bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften, insbesondere bei Immobilieninvestments, oder bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften als Holdinggesellschaften, bei mittelbaren Immobilieninvestments über in- und ausländische Kapitalgesellschaften. Wir unterstützen Sie gerne.

    Jens Müller

    BFH erlaubt nachträgliche Optionsausübung bei der erbschaftsteuerlichen Betriebsvermögensbegünstigung, zieht aber verfahrensrechtliche Grenzen
    Mit Urteil vom 27. Oktober 2021 (Az. II R 44/21), das kürzlich veröffentlicht wu…
    Weiterlesen
    Umsatzsteuer bei Vermietung eines inländischen Grundstücks durch einen im Ausland ansässigen Unternehmer
    Der Verfasser hat bereits im Juli 2021 in einem Blog-Beitrag bei ADVANT Beiten d…
    Weiterlesen
    BFH stellt ausländische Familienstiftungen und Trusts in Drittstaaten mit in der EU/im EWR ansässigen gleich
    Der IX. Senat des BFH hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (BFH, Urteil…
    Weiterlesen
    Betriebsstätten begründen keine Arbeitgebereigenschaft im Sinne von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA)
    Mit Urteil vom 12. Dezember 2024 (VI R 25/22) hat der Bundesfinanzhof (BFH) ents…
    Weiterlesen
    Förderungen und Subventionen im Koalitionsvertrag 2025: Chancen für Wirtschaft, Forschung und Bildung
    Der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ma…
    Weiterlesen
    BFH eröffnet Gestaltungsmöglichkeiten für die Nachfolge im Mittelstand
    Bei der Suche nach der Unternehmensnachfolge im Mittelstand fällt die Wahl immer…
    Weiterlesen
    Steuer- und erbrechtliche Stolpersteine der Unternehmensnachfolge
    Eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge erfordert eine frühzeitige und voraussch…
    Weiterlesen
    „Zuschuss frei!“ – Entlastung für Gemeinden
    Die umsatzsteuerliche Behandlung von Zuschüssen ist für den Rechtsanwender ohne …
    Weiterlesen
    Endlich: Wertpapiergebundene Direktzusagen ohne Mindestleistung sind passivierungsfähig!
    BFH stoppt jahrzehntelange Bilanzierungspraxis der Finanzverwaltung! Der XI. Se…
    Weiterlesen