Der BFH hat in seinem Urteil vom 18.12.2024 (I R 47/21) die Voraussetzungen für die Begründung einer Betriebsstätte im Ausland weiter konkretisiert.
Der Steuerpflichtige betrieb ein Taxiunternehmen in der Schweiz. Er selbst wohnte in Deutschland. Sowohl die Taxifahrten als auch die administrative Tätigkeit wurden aber in der Schweiz ausgeübt. Für die administrativen Tätigkeiten nutze er Büroräumlichkeiten, die ihm über seine Mitgliedschaft in der entsprechenden Genossenschaft zur Verfügung gestellt wurden. In diesen Räumlichkeiten wurde ihm zudem ein personalisierter Bürocontainer zur Verfügung gestellt, zu dem nur er Zugriff hatte. Er nutze diese Räumlichkeiten ca. 1-2 Mal pro Woche, um die Buchführung und Steuererklärung vorzubereiten, Rechnungen zu bezahlen und die Korrespondenz zu machen. Außerdem überwachte er von dort die Ruhezeiten seiner angestellten Taxisfahrer und bewahrte die Tachoscheiben und Kontrollkarten auf.
Der BFH hat im vorliegenden Fall eine sog. Geschäftsführungsbetriebsstätte angenommen. Zu beachten ist dabei zunächst, dass eine abkommensrechtliche Geschäftsführungsbetriebsstätte angenommen worden ist, bei der anders als nach deutschem nationalem Steuerrecht auch die Voraussetzungen einer allg. Betriebsstätte vorliegen müssen.
Die Betriebsstätte erfordert danach, dass eine feste Geschäftseinrichtung vorliegen muss, durch die die Geschäftstätigkeit ausgeübt wird. Nur wenn diese Voraussetzungen vorliegen, liegt eine ausreichende Verwurzelung vor, die ein Besteuerungsrecht des Betriebsstättenstaats begründen kann. Das Merkmal der Festigkeit hat dabei eine örtliche und zeitliche Komponente, die sich gegenseitig ergänzen. Außerdem steht dazu in Wechselwirkung das Kriterium der Verfügungsmacht. Aus der örtlichen und zeitlichen Verfestigung lässt sich ein Indiz für das Vorliegen einer Verfügungsmacht ableiten. Dies gilt insbesondere dann, wenn wie im vorliegenden Fall dauerhaft personenbeschränkte Nutzungsstrukturen (z.B. ein Bürocontainer oder Spind) überlassen werden. Nicht ausreichend ist dagegen eine nur vorübergehende Verfügungsmacht. Im vorliegenden Fall begründete der BFH sah der BFH die Verfügungsmacht vermittelt durch die (unbefristete) Mitgliedschaft in der Genossenschaft und der zur Verfügungsstellung von dem Standcontainer, zu dem nur der Steuerpflichtige Zugang hatte.
Ausreichend ist für die Begründung einer Betriebsstätte, dass ein Teil (und nicht zwangsläufig die gesamte) der Geschäftstätigkeit in der Betriebsstätte ausgeübt wird. Dies war vorliegend mit den administrativen Tätigkeiten der Fall. Dabei handelte es sich nach Ansicht des BFH auch nicht um sog. Hilfstätigkeiten, die nach dem Doppelbesteuerungsabkommen keine Betriebsstätte begründet hätten. Geschäftsleitungstätigkeiten und unternehmerisch administrative Tätigkeiten, die zentrale Unternehmensfunktionen betreffen, können keine Hilfstätigkeiten sein, sondern gehören zur Haupttätigkeit. Dabei hat der BFH im vorliegenden Fall die Personalverwaltung, vorbereitende Buchführungstätigkeit, Finanzkontrolle sowie Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen wie Fahrzeiten, Ruhepausen, Tachokarten etc. als Teil der Haupttätigkeit angesehen.
Da keine weitere Betriebsstätte vorhanden war, hat der BFH der Geschäftsleitungsbetriebsstätte den gesamten Gewinn zugeordnet.
Mit dem Urteil hat der BFH die Voraussetzungen für eine sog. Geschäftsleitungsbetriebsstätte konkretisiert. Da sich ein Teil der Ausführungen auf das Erfordernis der Verfügungsmacht beziehen, können diese auch bei der Prüfung der allg. Betriebsstättenvoraussetzungen herangezogen werden.
Der BFH macht in seinem Urteil mehrfach deutlich, dass für die Frage der Begründung einer Betriebsstätte eine umfassende Gesamtwürdigung vorzunehmen ist. Die verschiedenen Kriterien stehen dabei in einer Wechselwirkung und können nicht isoliert betrachtet werden. Bei der Frage der ausreichenden Verwurzelung handelt es sich im Ergebnis um eine Tatsachenfrage, die im FG Verfahren zu klären ist. Wichtig ist daher, den Sachverhalt ausreichend darzulegen, um das Bestehen oder Nichtbestehen einer Betriebsstätte nachweisen zu können.
In Fällen, in denen ein Doppelbesteuerungsabkommen anzuwenden ist, ist zudem die Abgrenzung zu Hilfstätigkeiten wichtig. Hier hat der BFH deutlich gemacht, dass auch administrative Tätigkeiten nicht zwingend als Hilfstätigkeit einzuordnen sind, sondern Teil der Haupttätigkeit sein können.