Mit Urteil vom 18. Dezember 2024 (I R 39/21) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass für die Begründung einer Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung für mindestens sechs Monate unterhalten werden muss.
Die Klägerin, ein in Deutschland unbeschränkt Steuerpflichtiger, hatte eine Betriebsstätte in UK geltend gemacht. In dieser wurde ein Goldhandel betrieben. Die damit erzielten Einkünfte sollten nach seiner Ansicht der Freistellung unterliegen, da nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Großbritannien ausländische Betriebsstätteneinkünfte freizustellen waren.
Der BFH hat in seinem Urteil noch einmal klargestellt, dass eine Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung voraussetzt, durch die die Tätigkeit des Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Dazu ist erforderlich, dass der Unternehmer Verfügungsmacht über die feste Geschäftseinrichtung hat. Dazu ist eine Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Eine feste Geschäftseinrichtung setzt eine ausreichende Verwurzelung voraus. Dies erfordert eine zeitliche und örtliche Festigkeit. Unstreitig war im zu Grunde liegenden Sachverhalt, dass die Festigkeit aufgrund des Überschreitens der 6 Monats-Grenze erfüllt war. Mit diesem zeitlichen Erfordernis hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung bestätigt.
Darüber hinaus hat der BFH aber auch – und dies erstmalig – entschieden, dass auch die unternehmerische Tätigkeit in der Betriebsstätte eine Dauer von mindestens sechs Monaten haben muss, um eine abkommensrechtliche Betriebsstätte zu begründen. Die unternehmerische Tätigkeit war im vorliegenden Fall insgesamt für eine kürzere Zeit als sechs Monate geplant. Auch hat die unternehmerische Tätigkeit, ohne die Zeit der Abwicklung, die sechs Monats Grenze nicht überschritten. Allerdings wurde die Frist überschritten, wenn die Zeit für die Beendigung und Abwicklung der Tätigkeit mitberücksichtigt werden muss.
Der BFH hat entschieden, dass nicht deshalb eine Betriebsstätte begründet werden kann, weil die Abwicklung einen längeren Zeitraum in Anspruch nimmt. Begründet hat der BFH dies damit, dass Abwicklungstätigkeiten nicht zu einer sog. Verwurzelung des Unternehmens in dem jeweiligen Staat führen. Unerheblich ist in dem Abwicklungszeitraum auch, dass noch Geschäfte des Unternehmens durchgeführt werden. Dies soll aber nur dann unerheblich sein, wenn es sich um vereinzelte Geschäftsvorfälle handelt und diese nicht dazu führen, dass davon auszugehen ist, dass der Geschäftsbetrieb weitergeführt wird.
Der BFH konnte auch offenlassen, ab wann die Frist zu laufen beginnt. In Frage kommt hier der Abschluss eines Mietvertrags, der Beginn der Miete oder ggf. auch der Beginn der tatsächlichen unternehmerischen Tätigkeit. Nicht entscheidungserheblich war zudem, ob es auf die geplante Dauer der unternehmerischen Tätigkeit oder die tatsächliche Dauer ankommt.
Aufgrund der Tatsache, dass die unternehmerische Tätigkeit wie geplant die Dauer von sechs Monaten unterschritt, bestand daher keine Betriebsstätte. Die Gewinne waren daher vollständig im Staat des Stammhauses zu besteuern. Der ausländische Staat hatte kein Besteuerungsrecht.
Der BFH hat für die Begründung einer Betriebsstätte mit der Frist von 6 Monaten eine relativ konkrete Grenze eingeführt. Zwar ist im Detail noch nicht vollständig geklärt, wie diese Grenze zu berechnen ist. Aber sie gibt in der Praxis einen sehr guten Anhaltspunkt. Zumindest wenn die unternehmerische Tätigkeit für eine kürzere Zeit als sechs Monate im Ausland ausgeübt wird, wird keine Betriebsstätte begründet. Gerade im Projektgeschäft bedeutet dies in der Praxis eine erhebliche Erleichterung.