Die Bundesregierung ist aus ihrer Sommerpause zurückgekehrt und hat sich zum Auftakt ihres „Herbstes der Reformen“ auch zahlreiche Gesetzesinitiativen aus dem Energierecht vorgenommen. Um Ihnen über diese parallellaufenden Gesetzgebungsverfahren einen Überblick zu verschaffen, fassen wir im Folgenden den derzeitigen Stand zusammen:
Die beabsichtigten Gesetzesänderungen im geplanten „Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsrechts zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Energiebereich sowie zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften“ dienen der weiteren Umsetzung europäischer Richtlinien. Durch sie soll u.a. ein stärkerer Verbraucherschutz gewährleistet werden (wir berichteten: https://www.advant-beiten.com/aktuelles/entwurf-eines-gesetzes-zur-aenderung-des-energiewirtschaftsrechts-im-bereich-der-endkundenmaerkte-des-netzausbaus-und-der-netzregulierung).
Nach erster Lesung am 9. September wurde der bereits am 6. August 2025 veröffentlichte Kabinettsentwurf nun an den Ausschuss für Klimaschutz und Energie verwiesen. Dieser Entwurf war im Wesentlichen auf den erarbeiteten Entwurf der Vorgängerregierung zurückzuführen (siehe auch unseren Blogbeitrag vom 27. September 2024 https://www.advant-beiten.com/aktuelles/entwurf-eines-gesetzes-zur-aenderung-des-energiewirtschaftsrechts-im-bereich-der-endkundenmaerkte-des-netzausbaus-und-der-netzregulierung).
Die „Highlights“ können kurz wie folgt zusammengefasst werden:
Zur Regelung des Energy-Sharings soll der § 42c EnWG-E eingefügt werden. Vereinfacht soll es durch das Energy-Sharing ermöglicht werden, lokal erzeugte Strommengen unter Nutzung des Verteilernetzes an örtlich nahe liegende Kunden zu verkaufen. Hierbei fallen jedoch Steuern, Umlagen, Abgaben und Netzentgelte weiter – anders als zum Beispiel in geförderten Mieterstromkonzepten nach § 42a EnWG - an.
Das regionale Gebiet für das Energy Sharing ist zunächst nur innerhalb eines Verteilernetzes möglich. In einer zweiten Stufe soll bis zum 1. Juli 2028 eine Erweiterung auf das benachbarte, direkt angrenzende Bilanzierungsgebiet möglich werden.
Zur praktischen Erfüllung des Energy-Sharings hat die Bundesnetzagentur eine IT-Plattform entwickelt und notwendige Standards für die Marktkommunikation und den Datenaustausch festgelegt.
Es wird sich zeigen, ob das Geschäftsmodell des Energy-Sharings in der Praxis angenommen wird oder ob der Gesetzgeber hier gegebenenfalls noch einmal nachschärfen müsste, um weitere Anreize zu bieten.
Auffällig ist auch, dass es lediglich geringfügige Änderungen an der Definition der Kundenanlage im neusten Gesetzesentwurf gibt. Zuletzt hatten zahlreiche große Wirtschaftsverbände in ihren Stellungnahmen zum Kabinettsentwurf darauf hingewiesen, dass diese Änderungen nicht die aktuelle Rechtsprechung des EuGH und des BGH berücksichtigen und die Neuregelung daher nicht für die ersehnte Rechtsklarheit sorge. Es ist zu beobachten, ob sich diese minimalen Veränderungen auch in der finalen Fassung des Gesetzes wiederfinden werden, wobei sich die gesamte Branche ausdrücklich gegen Schnellschüsse ausspricht. Zur Kundenanlage hatten wir bereits geschrieben: https://www.advant-beiten.com/aktuelles/bgh-zur-zukunft-der-kundenanlage-licht-und-schatten-in-den-lang-erwarteten-entscheidungsgruenden-zum-beschluss-vom-13-mai-2025-envr-83-20 .
Nach einem am 8. September erschienenen „Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes“ soll die Gasspeicherumlage nach den § 35e EnWG-E bis § 35j EnWG-E abgeschafft werden. Nach bisheriger Rechtslage wurden deutsche Gasspeicher vom Marktgebietsverantwortlichen aufgefüllt. Die Kosten hierfür wurden in Form einer Umlage auf die Erdgaskosten aller Erdgaskunden in Deutschland aufgeschlagen (derzeit 0,299 ct/kWh). Zukünftig soll stattdessen der Bund diese Kosten tragen, ähnlich wie bei der im Jahr 2022 abgeschafften EEG-Umlage. Dies wird erfreulicherweise zu einer Reduzierung des Erdgasarbeitspreises aller Endkunden führen.
Der am 15. August 2025 veröffentlichte Entwurf des „Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern sowie zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung“ wurde nun dem Bundesrat zugeleitet. Das Gesetz beabsichtigt, den Ausbau von Anlagen oberflächennaher Geothermie und Tiefengeothermie zu fördern. Der Ausbau von Geothermieanlagen wird gesetzlich als im überragenden öffentlichen Interesse definiert. Um den Ausbau zu beschleunigen, finden sich zum einen Duldungspflichten von Grundstückseigentümer sowie Änderungen im Bereich Umweltverträglichkeitsprüfungen, Bundesberggesetz und Wasserhaushaltsgesetz.
Die z.T. weitreichenden Regelungen dieses Gesetzes sind zu begrüßen. Der Ausbau der Geothermie ist für die Erreichung der Klimaziele, insbesondere im Gebäudesektor, unerlässlich.
Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Ausbauziele der erneuerbaren Energien und das Erreichen der europäischen und nationalen Klimaschutzziele. Der europäische Gesetzgeber sieht vor, dass sogenannte Beschleunigungsgebiete für erneuerbare Energie auszuweisen sind. Erneuerbare-Energie-Anlagen sollen darin in einem vereinfachten und beschleunigten Verfahren genehmigt werden können.
Zur Umsetzung der Richtline sind einige Gesetzesänderungen vonnöten:
Das WindSeeG soll dahingehend geändert werden, dass Flächenentwicklungspläne künftig Beschleunigungsflächen festlegen sollen. Für diese Flächen soll es Erleichterungen im Bereich Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtlicher Anforderungen geben. Zudem soll die Digitalisierung der Kommunikation mit und zwischen den Behörden vorangetrieben werden, um das Genehmigungsverfahren effizienter zu gestalten.
Das EnWG soll dahingehend geändert werden, dass die Planfeststellungsbehörde Infrastrukturgebiete für die Umsetzung von Netzprojekten ausweisen kann. Bauvorhaben innerhalb des Infrastrukturgebietes sollen von einer Umweltverträglichkeits- und artenrechtlichen Prüfung und FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgenommen werden. Bei Änderungen bereits vorhandener Netzinfrastruktur ist eine Deltaprüfung vorzunehmen. Zudem werden Änderungen der Ladesäulenverordnung vorgenommen.
Mit Bearbeitungsstand vom 25. Juli wurde der Kabinettsentwurf des NIS-2-Umsetzungsgesetzes veröffentlicht. Bereits im letzten Jahr berichteten wir zur Umsetzung der NIS-2 Richtlinie (https://www.advant-beiten.com/aktuelles/verschaerfung-der-cybersicherheitspflichten-durch-die-nis-2-richtlinie-brauchen-unternehmen). Bei diesem Entwurf handelt es sich um den neusten Stand eines Gesetzes, welches bereits von der Ampel-Regierung im Jahr 2024 ins Leben gerufen wurde und welches viele der ursprünglichen Regelungen übernommen hat.
Das NIS-2-Umsetzungsgesetz setzt die Europäische NIS-2-Richtlinie um. Der Entwurf sieht verschärfte Pflichten u.a. für Akteure der Energiewirtschaft vor. Bisher hatten Betreiber von z.B. Verteilnetzen für Strom, leitungsgebundenes Gas und Wärme, Energieerzeugungsanlagen sowie Rechenzentren (kritische Infrastruktur) erhöhte Sicherheitsmaßstäbe für ihre IT-Infrastruktur zu beachten. Mit dem NIS-2-Umsetzungsgesetz werden nun auch solche Unternehmen in die Pflicht genommen, welche sich oberhalb der KMU-Grenze befinden, sofern sie u.a. eine der obengenannten Anlagen (sog. wichtige und besonders wichtige Einrichtungen) betreiben. Zudem sind Überwachungspflichten vorgesehen, welche direkt an die Geschäftsleitung des jeweiligen Unternehmens adressiert und bußgeldbewährt sind.
Dieses und viele weitere Themen werden wir vertieft mit hochkarätigen Mitgliedern aus Wirtschaft und Politik in unserem kommenden Forum ADVANT Beiten diskutieren. Melden Sie sich gerne hierfür an!
Dr. Malaika Ahlers
Dr. Florian Böhm
Anton Buro