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ATAD – Umsetzungsgesetz – hybride Gestaltungen

Der Bundesrat hat am 25. Juni 2021 das Gesetz zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungsrichtlinie ("ATAD") der EU (ATAD-Umsetzungsgesetz) verabschiedet. Es wurde am 30. Juni 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Mit dem Gesetz wurde die ATAD in das nationale Gesetz umgesetzt. Insbesondere die nationalen Regelungen zur Entstrickungs- und Wegzugsbesteuerung, zur Hinzurechnungsbesteuerung und zur Vermeidung von Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen wurden angepasst.

Im nachfolgenden ersten Teil unserer dreiteiligen Reihe zum ATAD-Umsetzungsgesetz gehen wir auf die neuen Regelungen zur Vermeidung von Besteuerungsinkongruenzen im Zusammenhang mit hybriden Gestaltungen ein.

Mit Hilfe des neuen § 4k EStG soll der Betriebsausgabenabzug bei sog. hybriden Gestaltungen zwischen nahestehenden Personen bzw. zwischen Personen "mit abgestimmtem Verhalten" eingeschränkt werden. Es sollen Konstellationen vermieden werden, bei denen ein doppelter Abzug von Betriebsausgaben oder ein Abzug ohne Besteuerung von korrespondierenden Betriebseinnahmen vorliegt. Die Regelungen sind als Treaty Override ausgestaltet, sodass in diesen Fällen die Vorschriften von Doppelbesteuerungsabkommen nicht zu beachten sind. Anzuwenden sind die Regelungen für alle Aufwendungen, die nach dem 31. Dezember 2019 entstehen. Für Aufwendungen, die rechtlich vor dem 31. Dezember 2019 entstanden sind, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Entstehen nach dem 31. Dezember 2019 angenommen werden.

Im Einzelnen werden folgende Fälle erfasst:

In § 4k Abs. 1 EStG werden Betriebsausgaben im Zusammenhang mit hybriden Finanzinstrumenten (Formen der Darlehensgewährung) und aus der Übertragung von Kapitalvermögen erfasst. Sofern die (den Betriebsausgaben entsprechenden) Erträge im anderen Staat nicht oder niedriger als im Inland besteuert werden, wird ein Betriebsausgabenabzug verwehrt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Erträge im Ausland als nicht steuerpflichtige Dividenden qualifiziert werden und im Inland abzugsfähiger Zinsaufwand vorliegt. Sofern sich die Inkongruenzen in zukünftigen Besteuerungszeiträumen aufheben und der Fremdvergleichsgrundsatz beachtet wurde, kommt es nicht zu einem Abzugsverbot.

§ 4k Abs. 2 EStG erweitert die Einschränkung auf Zahlungen aus Leistungsbeziehungen (z.B. Zinsen, Miet- und Lizenzzahlungen etc.), welche im Staat des Leistungsempfängers aufgrund unterschiedlicher Qualifikation der Leistungsbeziehungen oder der beteiligten Rechtsträger nicht besteuert werden (nur Nichtbesteuerung; niedrige Besteuerung hier kein Tatbestandsmerkmal). Solche Fälle sind in Betriebsstättenstrukturen oder bei unterschiedlicher Einordnung von hybriden Unternehmen (intransparente Einordnung in einem Staat und transparente Einordung im anderen Staat) denkbar.

Ein doppelter Betriebsausgabenabzug (z.B. bei sogenannten Double-Dip-Strukturen) wird durch § 4k Abs. 4 EStG eingeschränkt. Ein Abzug bleibt möglich, wenn korrespondierende Erträge in beiden Staaten versteuert werden.

Über § 4k Abs. 5 EStG soll der Betriebsausgabenabzug für Strukturen verhindert werden, bei denen den Erträgen im anderen Staat Aufwendungen gegenüberstehen, die im Inland nach § 4k Abs. 1 bis 4 EStG, nicht abzugsfähig wären, wenn sie im Inland anfallen würden. Solche Konstellationen sind denkbar bei mehrstufigen Finanzierungsstrukturen mit Einsatz von hybriden Finanzinstrumenten, bei denen sich beispielsweise die Zinszahlungen und Zinseinnahmen auf den einzelnen Stufen im Regelfall ausgleichen, aber z.B. auf oberster Stufe aufgrund eines hybriden Finanzinstruments keine Besteuerung des Zinsertrags erfolgt.

Bedeutung für die Praxis

Unternehmen mit grenzüberschreitenden Beteiligungs-, Finanzierungs- und sonstigen schuldrechtlichen Verbindungen sollten die - rückwirkend zum 01. Januar 2020 anzuwendenden - Regelungen des § 4k EStG im Blick haben. Bei der Entwicklung von entsprechenden Strukturen ist eine ganzheitliche steuerliche Betrachtung vorzunehmen, um mögliche steuerliche Risiken abschätzen zu können.

Dr. Marion Frotscher
Lukas Vienenkötter

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Steuerrecht ATAD Besteuerungsinkongruenzen

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