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    20.09.2024

    Tod der Verrechnung von Verlusten von Versorgungs- und Verkehrsbetrieben bei Kommunen?


    Der Bundesfinanzhof hebt mit Urteil vom 14. März 2024 (Az. V R 51/20) die Bindungswirkung eines Körperschaftsteuerbescheids für gesonderte Feststellungsbescheide nach § 8 Abs. 9 S. 8 Hs. 2 KStG i.V.m. § 10d Abs. 4 S. 4 EStG hervor. Zudem legt er das Merkmal der Gleichartigkeit in § 8 Abs. 9 S. 3 Hs. 1 KStG tätigkeitsbezogen aus und versagt einer Kommune die Spartenrechnung zwischen Verkehrs- und Versorgungsbetrieben. Dies kann – obwohl diese Ausführungen nicht entscheidungserheblich waren – zu unangenehmen Konsequenzen bei der Verlustverrechnung von kommunalen Betrieben führen.

    Aus den Ausführungen des V. Senats ergeben sich zwei wesentliche Punkte insbesondere für Kommunen und juristische Personen des öffentlichen Rechts:

    1. Bindungswirkung der Körperschaftsteuerfestsetzung

    Der BFH stellt klar, dass der Körperschaftsteuerbescheid für den gesonderten Feststellungsbescheid hinsichtlich des verbleibenden negativen Gesamtbetrags der Einkünfte einer Sparte nach § 8 Abs. 9 S. 8 KStG in Verbindung mit § 10d Abs. 4 S. 4 EStG Bindungswirkung entfaltet; es entsteht insoweit ein Grundlagen-/Folgebescheids-Verhältnis. Damit dehnt er seine bisherige Rechtsprechung zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf die Spartenrechnung aus. Die Bindungswirkung schließt die Zuordnung von Tätigkeiten zu einer Sparte nach § 8 Abs. 9 Satz 1 und 3 Hs. 1 KStG ein, die der nach § 8 Abs. 9 Satz 2 KStG getrennten Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte je Sparte zwingend vorausgeht. Dies führt dazu, dass die materielle Richtigkeit der vorliegenden Sparten und der Zurechnung der Einkünfte zu den einzelnen Sparten im Rahmen der Rechtmäßigkeitsprüfung des jeweiligen Körperschaftssteuerbescheides zu erfolgen hat. Deswegen wies der V. Senat des BFH konsequenterweise darauf hin, dass die Vorinstanz die gesonderten Feststellungsbescheide zum verbleibenden Verlustvortrag nach § 8 Abs. 9 KStG nicht auf die materielle Richtigkeit der Spartenrechnung hätte überprüfen dürfen. Es ist daher in Zukunft darauf zu achten, dass neben dem Bescheid über die gesonderte Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge in den Fällen des § 8 Abs. 9 KStG auch der zugrundeliegende Körperschaftsteuerbescheid anzufechten ist und die entsprechenden Einwendungen gegen diesen vorgebracht werden müssen. Andernfalls riskiert man die Bestandskraft des Grundlagenbescheids mit der Folge der materiellen Bestandskraft des Verlustfeststellungsbescheids.

    2. Gleichartigkeit muss tätigkeitsbezogen ausgelegt werden

    Für die Frage der Verrechnung von Verlustvorträgen kommt es auf die Zuweisung der Tätigkeiten der Körperschaft des öffentlichen Rechts – auch in Bezug auf ihre Kapitalgesellschaftsbeteiligungen – auf die Zuordnung zu einer Sparte an. Dabei ist als Zuordnungsmerkmal auf die „Gleichartigkeit“ der Tätigkeiten für eine Zusammenfassung abzustellen. Das Merkmal der Gleichartigkeit in § 8 Abs. 9 S. 3 Hs. 1 KStG ist laut V. Senat des BFH tätigkeitsbezogen auszulegen. § 4 Abs. 6 S. 1 Nr. 2 und 3 KStG sind hierbei ohne Bedeutung. Gerade im kommunalen Bereich sind Organstrukturen mit dauerdefizitären Kapitalgesellschaften keine Seltenheit.

    Bei bisheriger Inanspruchnahme der privilegierten Spartenrechnung drohen zukünftig Verrechnungsverbote. Da hinsichtlich der Sparteneinordnung nach § 8 Abs. 9 KStG kein Wahlrecht besteht, dürften die Rechtsfolgen kraft Gesetzes eintreten und die Finanzbehörden bei zukünftigen Außenprüfungen vermehrt ein Auge auf die Verlustverrechnung von dauerdefizitären Kapitalgesellschaften haben.

    Der V. Senat des BFH weist – obwohl diese Frage wegen des Verböserungsverbots nicht zu entscheiden war – sehr ausdrücklich darauf hin, dass eine Gleichartigkeit nach diesem Verständnis nicht für Verkehrs- und Versorgungsbetrieb gelte. Denn die Zusammenfassung derartiger Betriebe beruhe auf § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 3 KStG und gerade nicht auf § 4 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 KStG. Eine Gleichartigkeit in diesem Sinne liegt aber nur vor, wenn sich die Gewerbebetriebe zwar unterscheiden, aber sich gegenseitig ergänzen. Dies sei aber bei einem Verkehrsbetrieb auf der einen und dem Versorgungsbetrieb auf der anderen Seite nicht anzunehmen. Für die Verlustverrechnung bedeutet diese Aussage, dass die Verrechnung von Verlusten der Verkehrsbetriebe mit Gewinnen der Versorgungsbetriebe dem Grunde nach zumindest bezweifelt werden kann. Es ist daher anzuraten, entsprechende Strukturen vor dem Hintergrund des hier besprochenen Urteils noch einmal genau zu überprüfen. Es ist damit zu rechnen, dass sich die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung zu eigen macht, um die bisher zugelassenen Verlustverrechnungen anzugreifen.

    Robin Eberle

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