Erneuerbare Energien, wie Wasser- und Solarkraft, Windenergie, Erdwärme und nachwachsende Rohstoffe ersetzen im Zuge der Energiewende die fossilen Energieträger kontinuierlich. Bis 2050 sollen sie rund 60 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch und 80 Prozent am Bruttostromverbrauch ausmachen. Zentrale Elemente eines Energiesystems, das auf Erneuerbaren Energien basiert, sind dabei neue Speicherkonzepte und intelligente Energienetze. Der Charakter des Energieversorgungssystems wandelt sich von konventionellen, zentralen Großkraftwerken stärker zu einer dezentralisierten Struktur mit zahlreichen kleinen Erzeugungsanlagen.
Damit das Steuerrecht dem Aufbau einer dezentralen Versorgungsstruktur nicht im Weg steht, hat die Bundesregierung unter der Federführung des Bundesministeriums der Finanzen das Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Energie- und Stromsteuerrecht entworfen (vgl. auch unseren Blogbeitrag zum Thema "Stromsteuer und E-Mobility – Vereinfachungen in Sicht"). Denn nach aktueller Rechtslage gibt es aus Sicht des Stromsteuerrechts einige bürokratische Hürden und hinderliche Regelungen im Rahmen von Konzepten der dezentralen Energieversorgung.
1. Aufhebung der Anlagenverklammerung
Bisher kam es bei der Bestimmung der Größe bzw. Leistung einer Stromerzeugungsanlage zur sog. Anlagenverklammerung, das heißt, dass Anlagen, sofern diese fernsteuerbar sind, zu einer Anlage zusammengefasst wurden. Da die Fernsteuerbarkeit von Stromerzeugungsanlagen aber mittlerweile Standard ist, kommt es dazu, dass auch örtlich unzusammenhängende Anlagen stromsteuerrechtlich zu einer Einheit zusammengefasst werden und daher die Leistungsgrenze für eine Stromsteuerbefreiung überschreiten. Diese Anlagenverklammerung wird nunmehr mit der Einführung eines stromsteuerlichen Anlagenbegriffs, der auf einer Bewertung der Verhältnisse vor Ort basiert, abgeschafft.
2. Erweiterung der Stromspeicherdefinition
Nach aktueller Rechtslage sieht das Gesetz nur für stationäre Batteriespeicher auf elektrochemischer Basis Vereinfachungen vor. Die neue Definition des Stromspeichers ist technologieoffen gestaltet und umfassend erweitert. Indem dieser erweiterte Kreis an Speichern in der Folge zu Teilen des Versorgungsnetzes erklärt wird, wird in der Mehrzahl der Fälle eine Doppelbelastung mit Stromsteuer vermieden, da die Steuer erst entsteht, wenn der rückumgewandelte Strom aus dem Speicher entnommen wird. In dem Zusammenhang wird auch erstmals normiert, dass steuerfrei erzeugter und eingespeicherter Strom bei der anschließenden Rückumwandlung steuerfrei bleibt.
3. Vereinfachung bei KWK-Anlagen und Kundenanlagen
KWK-Anlagen mit einer elektrischen Nennleistung von weniger als einem Megawatt (MW), die hocheffizient sind, benötigen keine förmliche Erlaubnis für die Inanspruchnahme der Steuerbefreiung. Dies war bisher nur für Anlagen mit erneuerbaren Energieträgern der Fall. Für hocheffiziente KWK-Anlagen entfällt die Notwendigkeit, Monats- oder Jahresnutzungsgrade nachzuweisen. Stattdessen genügt ein einfacher Effizienznachweis, der durch Gutachten, Herstellernachweise oder Zulassungsbescheide des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle erbracht werden kann. Für Anlagen, die fossile Brennstoffe nutzen, gilt der Nachweis der Hocheffizienz als erbracht, sofern die direkten CO2-Emissionen aus der kombinierten Erzeugung weniger als 270 Gramm pro Kilowattstunde Energieertrag betragen.
Die Kundenanlage gem. Definition im EnWG wird in der jeweils geltenden Fassung auch im Stromsteuergesetz übernommen. Dabei wird in Zweifelsfällen für stromsteuerrechtliche Zwecke zunächst vermutet, dass eine Kundenanlage vorliegt. Dies erleichtert die Abgrenzung von Kundenanlagen gegenüber dem Netz der allgemeinen Versorgung und bietet mehr Rechtssicherheit für Betreiber und die Verwaltung. Für die dezentrale Stromerzeugung, insbesondere im Rahmen von Mieterstromprojekten und der gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung, entfallen die Anzeige- und Meldepflichten für steuerfreie Strommengen bei KWK-Anlagen bis 1 MW Leistung.
Von den neuen Regelungen profitieren sowohl die an den Konzepten beteiligten Akteure als auch die Verwaltung und durch das Vorantreiben der Energiewende am Ende wir alle. Klarere und erweiterte Begriffe bringen Rechtssicherheit und bieten innovativen Lösungsansätzen einen Anreiz. Durch die Reduzierung der Nachweispflichten wird ein Anreiz geschaffen, hocheffiziente und umweltfreundliche Technologien zu nutzen und die dezentrale Energieversorgung auszubauen.
Das Gesetz zur Modernisierung und zum Bürokratieabbau im Strom- und Energiesteuerrecht soll mit Wirkung zum 1. Januar 2025 in Kraft treten. Die Verbände und der Bundesrat haben zu dem Entwurf bereits Stellung genommen und sich nicht gegen diese Neuerungen ausgesprochen. Im nächsten Schritt erfolgt die Zuleitung zum und Beratung im Bundestag. Anhaltspunkte dafür, dass die Regelungen nicht kommen, bestehen nicht. Stay tuned! Wir halten Sie auf dem Laufenden.
Bei Fragen zu energierechtlichen Themen steht Ihnen ebenso unser Energy-Team zur Verfügung.