In einer globalisierten Wirtschaft gehören internationale Lieferbeziehungen zum „daily business“ vieler mittelständischer Unternehmen. Doch die rechtssichere Gestaltung von Lieferverträgen mit ausländischen Geschäftspartnern stellt besondere Anforderungen. Schon die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) kann scheitern, wenn sie nicht konkret übermittelt oder in der richtigen Sprache verfasst sind. Entscheidend kommt es auch auf klare Regelungen zur Rechtswahl, zum Gerichtsstand oder zur Schiedsvereinbarung an, um für den Fall eines Rechtsstreits gewappnet zu sein.
Ein häufiger Irrtum in der Praxis und vielen Unternehmen nicht bekannt: Der bloße Verweis auf die auf der Webseite des Unternehmens abrufbaren AGB reicht im Auslandsgeschäft nicht aus. Der deutsche Unternehmer muss dem ausländischen Vertragspartner seine AGB vollständig zur Verfügung stellen, d. h. übersenden – und zwar bereits mit dem Angebot. Er hat eine sog. Kenntnisverschaffungsobliegenheit. Anders als im rein nationalen Geschäftsverkehr genügt der bloße Verweis auf die Abrufbarkeit der AGB auf der Webseite im Auslandsgeschäft nicht.
Zudem müssen die AGB für den Geschäftspartner auch verständlich sein. Das bedeutet konkret: Die AGB müssen in der Verhandlungs- oder Vertragssprache vorliegen, z. B. auf Englisch, wenn die Vertragsverhandlungen durchgehend in dieser Sprache geführt werden. Ist dies nicht der Fall, müssen die AGB in der Muttersprache des Geschäftspartners vorliegen. An einen ausländischen Partner übermittelte deutschsprachige AGB sind in der Regel nicht wirksam.
Sind diese Voraussetzungen für die wirksame Einbeziehung von AGB nicht erfüllt, so sind die AGB nicht Bestandteil des Vertrags geworden.
Haben die Vertragspartner ihren Sitz in unterschiedlichen Staaten, stellt sich die Frage, welches Recht zur Anwendung kommt. Ohne ausdrückliche vertragliche Regelung entscheidet dies das internationale Privatrecht. In der EU bestimmt sich das anwendbare Recht dann nach der Rom-I-Verordnung. Maßgeblich ist in der Regel das Recht des Staates, in dem das Unternehmen, welches die vertragscharakteristische Leistung erbringt, seinen Sitz hat. Das kann jedoch, je nach Lieferbeziehung und Land, zu gravierenden Unterschieden in den Rechtsfolgen führen.
Daher ist zu empfehlen, eine ausdrückliche Rechtswahl zu treffen – im Vertrag oder in den AGB. Möglich ist die Wahl des eigenen Rechts oder eines neutralen Rechts. Rechtswahlklauseln in sich widersprechenden AGB (z. B. wenn beide Parteien das eigene Landesrecht wählen) führen zu keiner wirksamen Einigung – in diesem Fall gilt dann das internationale Privatrecht, welches das anwendbare Recht bestimmt.
Das UN-Kaufrecht (United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods; abgekürzt: „CISG“) gilt für internationale Kaufverträge zwischen Unternehmen mit Sitz in den Vertragsstaaten des CISG, sofern keine abweichende Regelung getroffen wurde. Das CISG vereinheitlicht das Recht für Verträge über den Kauf von Waren; es regelt das Zustandekommen sowie die Rechte und Pflichten der Parteien.
Für viele ausländische Geschäftspartner ist das CISG attraktiv, denn es bietet als vereinheitlichtes internationales Kaufrecht eine vertraute und neutrale Rechtsgrundlage. Für deutsche Unternehmer ist wichtig zu wissen: Wird deutsches Recht als anwendbares Recht gewählt, so gilt automatisch das UN-Kaufrecht – es sei denn, es wird ausdrücklich ausgeschlossen, z. B. wie folgt: „Der Vertrag unterliegt dem Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.“
Bei internationalen Lieferverträgen sollte außerdem festgelegt werden, welches Gericht im Streitfall zuständig sein soll. Ohne ausdrückliche Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich die Zuständigkeit des Gerichts nach dem internationalen Zivilprozessrecht, in EU-Mitgliedsstaaten also nach der Brüssel Ia-Verordnung (EuGVVO).
Zu beachten ist, dass ein Gerichtsstand grundsätzlich nur im B2B-Geschäft, d.h. zwischen Unternehmern, wirksam vereinbart werden kann. Sind Verbraucher beteiligt, ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht bzw. nur äußerst eingeschränkt möglich.
Unbedingt zu empfehlen ist ein Gleichlauf von Rechtswahl und Gerichtsstand. Wird beispielsweise deutsches Recht vereinbart, sollte auch die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts geregelt werden. Fehlt eine Gerichtsstandsvereinbarung, können anwendbares Recht und Gerichtsstand auseinanderfallen. Muss ein deutsches Gericht beispielsweise französisches Recht anwenden, ist das meist zeit- und kostenintensiv. Unabhängig vom anwendbaren materiellen Recht wendet das zuständige Gericht immer sein eigenes nationales Verfahrensrecht an, z.B. in Bezug auf die Erhebung der Klage, Fristen und den Verfahrensablauf.
Eine Gerichtsstandsvereinbarung sollte schriftlich abgeschlossen werden. Auch die Vereinbarung per E-Mail-Austausch oder per Telefax ist möglich. Die Gerichtsstandsvereinbarung muss in der Verhandlungs- oder Vertragssprache abfasst sein. Das vereinbarte zuständige Gericht muss sich eindeutig daraus ergeben. Außerdem sollte sich die Gerichtsstandsvereinbarung immer auf ein bestimmtes Rechtsgeschäft zwischen den Parteien beziehen, d.h. sie kann nicht einmalig für alle zukünftigen Geschäfte geschlossen werden.
Eine Gerichtsstandsvereinbarung kann auch in AGB getroffen werden. Zu beachten ist allerdings, dass ein in AGB vereinbarter Gerichtsstand ohne Bezug zum Sitz oder einer Niederlassung des Verwenders der AGB als überraschende Klausel unwirksam sein könnte. Enthalten die AGB beider Parteien sich widersprechende Gerichtsstandsklauseln, z.B. regeln die AGB des Käufers einen Gerichtsstand in Rom und die AGB des Verkäufers einen Gerichtsstand in München, so gilt keine dieser sich widersprechenden Gerichtsstandsvereinbarungen. Die Zuständigkeit bestimmt sich stattdessen nach dem internationalen Zivilprozessrecht, in EU-Mitgliedstaaten nach der EuGVVO.
Eine Schiedsvereinbarung kann im internationalen Geschäft eine sinnvolle Alternative zu staatlichen Gerichten sein. Schiedsverfahren bieten oft Vorteile: Das Verfahren wird durch den Schiedsspruch rechtskräftig abgeschlossen und es gibt keine weitere Instanz. Zudem können die Parteien die Schiedsrichter mit fachlicher Expertise wählen – so ist die Zuziehung von Sachverständigen oft nicht mehr erforderlich. Von Interesse für regional bekannte und in der Öffentlichkeit stehende Unternehmen ist auch, dass das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht öffentlich ist.
Für die Auswahl der Schiedsordnung gibt es kein Patentrezept. Die Schiedsordnung sollte individuell gewählt werden und auch für den Vertragspartner akzeptabel sein. Im internationalen Geschäft ist die renommierte Schiedsordnung der International Chamber of Commerce (ICC) Paris beliebt, die für ein straffes, effektives Verfahren und professionelles Verfahrensmanagement durch die ICC bekannt ist. Man sollte allerdings nicht außer Acht lassen, dass sich ICC-Schiedsverfahren erfahrungsgemäß erst bei hohen Streitwerten lohnen. Für nationale Streitigkeiten bieten sich kostengünstigere Alternativen an. In Deutschland hat sich die Schiedsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) ebenso bewährt wie etabliert. Teilweise stellen auch die örtlichen Industrie- und Handelskammern Schiedsordnungen zur Verfügung. In der Schweiz erfreut sich die Internationale Schweizer Schiedsordnung, die 2021 neugefassten „Swiss Rules“, zunehmender Beliebtheit für internationale Streitigkeiten.
Schiedsort und -sprache können frei vereinbart werden – sollten aber strategisch gewählt sein, da sie Einfluss auf das Verfahrensrecht und die spätere Vollstreckung des Schiedsspruchs haben.
Bei Streitigkeiten im Technologie- und IT-Bereich oder in der Fertigung von Produkten aller Art, bei denen spezielles technisches Fachwissen gefragt ist, ist eine Schiedsklausel in jedem Fall zu empfehlen. Die Schiedsrichter sollten so ausgewählt werden, dass sie die erforderliche technische Expertise und Branchenkenntnis mitbringen. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Bewertung von komplexen Rechtsfragen, kann ein Verfahren vor einem staatlichen Gericht durchaus vorzuziehen sein. Jedenfalls sollte immer im Einzelfall geprüft werden, was je nach Gegenstand des Auslandsgeschäfts und der Höhe des Streitwerts für das Unternehmen am wirtschaftlichsten ist.
Dr. Birgit Münchbach