Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat einen Referentenentwurf der Allgemeinen Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) mit Stand 25. Juli in die Verbändeanhörung gegeben.
Diese Verordnung, die in vielen Fällen maßgeblich die Rechte und Pflichten von Wärmeversorgern und Wärmekunden gestaltet, bildet seit 1980 das Herzstück vieler Wärmelieferverträge und spielt daher eine erhebliche Rolle für Wärmemarkt und Wärmewende.
Der letzte Reformentwurf der AVBFernwärmeV liegt exakt zwei Jahre zurück. Seitdem ist energiepolitisch viel geschehen und viele Stimmen sind laut geworden mit dem Wunsch einer grundliegenden Änderung der in die Tage gekommenen Regelungen der Verordnung.
Nun hat die Bundesregierung einen Entwurf vorgelegt, welcher die AVBFernwärmeV auf einen neuen Stand bringt, viele der erhobenen Kritikpunkte adressiert und durch Vereinheitlichungen mit dem Wärmeplanungs- und Gebäudeenergiegesetz (WPG und GEG) und der Integration der FFVAV für Klarheit sorgt.
Die schwierige Aufgabe des Austarierens von Versorger- und Kundeninteressen schlägt sich wie ein roter Faden im Entwurf nieder. Nennenswert sind hier insbesondere die Ausdifferenzierung des einseitigen Rechts des Wärmekunden zur Anpassung der geschuldeten Wärmeleistung (§ 3 AVBFernwärmeV), die erhöhten Anforderungen für Preisänderungsklauseln (§§ 24 und 24a AVBFernwärmeV) und die Neugestaltung der Maximallaufzeit für Wärmelieferverträge (§ 32 AVBFernwärmeV).
Zurecht wurde das bisherige Recht des Wärmekunden zur einseitigen Reduzierung der vertraglichen Wärmeleistung ohne weiteren Nachweis bis zu 50% oder sogar der Kündigung des Wärmeliefervertrags kritisiert. Wärmeversorger klagten, dass einerseits Planungssicherheit für Investitionen bei abgeschlossenen Verträgen bestehen müsse und andererseits selbst die Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energieträgern in vielen Fällen von Wärmekunden beschnitten werden konnte. Die Gerichte legten häufig noch eine Schippe drauf und legten das Recht des Wärmekunden weit aus.
Der Referentenentwurf sieht nun ein differenziertes System vor, welches die Gratwanderung zwischen Planungs- und Investitionssicherheit des Versorgers sowie berechtigten Interessen der Wärmekunden versucht.
Künftig soll getrennt werden zwischen verschiedenen Versorgungsarten (einzelne Gebäude, Gebäudenetze und Wärmenetze) und es sollen jeweils verschiedene Regelungen gelten. Die Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien soll nicht mehr leicht verdrängt werden können und Nachweise für die Selbstversorgung mit erneuerbaren Energien sind zu erbringen. Der Entwurf sieht nun zwei Fälle vor, in denen das Leistungsanpassungsrecht noch bestehen soll:
Erstens in Fällen, in denen der Endenergiebedarf des Gebäudes aufgrund Energieeffizienzmaßnahmen gesenkt wird und zweitens, wenn die aktuelle Wärmelieferung nicht die Anforderungen nach § 71 Abs. 1 GEG entspricht und der Kunde einen Teil seines Wärmebedarfs künftig aus erneuerbaren Energien decken wird.
Neben der Reduzierung der vertraglichen Abnahmemenge ist Rechtsfolge eine Anpassung des leistungsabhängigen Teils des Grundpreises; eine Rückerstattung von Baukostenzuschüssen und Hausanschlusskosten erfolgt nicht.
Preisanpassungen sollen einerseits die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Die Bestimmungen wurden vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung konkretisiert.
Häufig wurde und wird eingewendet, dass die Preisgestaltungen von Wärmeversorgern zu intransparent seien. Dieser Kritikpunkt wurde insbesondere durch die Verwerfungen auf dem Wärmemarkt aufgrund der Energiekrise laut. Zunehmend gerieten bestimmte Preisgestaltungen in den Fokus der Medien und Verbraucherschutzverbände und wurden zum Gegenstand zahlreicher Gerichtsverfahren gemacht.
Hier möchte der Gesetzgeber für ein wenig Klarheit sorgen. Versorger sollen sich bei der Preisbildung näher an ihren Erzeugungsstrukturen orientieren, wobei die Verwendung von Indizes für den Gesamtpreis oder für verschiedene Preisbestandteile ausdrücklich zulässig ist. Es kann aber ebenfalls anstelle der Verwendung von Indizes die Entwicklung der tatsächlichen Kosten für das Kostenelement zugrunde gelegt werden, wobei das Fernwärmeversorgungs-unternehmen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz zu berücksichtigen hat. Die Preisentwicklung des Wärmemarkts soll regelhaft unter Verwendung des „Wärmepreisindex“ des Statistischen Bundesamtes als sog. Marktelement abgebildet werden. Eine Berechnungsformel zur rechnerischen Ermittlung der Preisänderung muss ebenfalls in der Preisänderungsklausel enthalten sein.
Die Neuregelung im § 24a AVBFernwärmeV ermöglicht zudem eine einseitige Änderung von Preisanpassungsklauseln durch den Fernwärmeversorger, wenn dieser einen eingesetzten Energieträger wechselt oder die jeweilige Beschaffungsstruktur wesentlich ändert. Dabei sollen die Fälle hier nicht abschließend sein.
Verbraucherfreundlicher ist im Referentenentwurf die Maximallaufzeit von Wärmelieferverträgen gestaltet.
Auch hier soll differenziert werden: Für neue Anschlüsse oder investitionsschwere Erhöhungen der Wärmeleistungen soll die derzeit geltende und umstrittene Maximallaufzeit von zehn Jahren weiterhin gelten. Eine lange Laufzeit sei für die Wirtschaftlichkeit der Wärmenetze und eine verlässliche Finanzplanung der Fernwärmeversorgungsunternehmen wichtig.
In Fällen, in denen Folgeverträge für einen bereits hergestellten Hausanschluss abgeschlossen werden oder die Wärmeleistung eines bestehenden Anschlusses nicht wesentlich erhöht wird, sollen fünf Jahre Laufzeit gelten. Die Kündigungsfrist wird im Übrigen von neun auf sechs Monate herabgesetzt.
Gegenüber Verbrauchern soll eine stillschweigende Verlängerung der Vertragslaufzeit nur bis zu zwei Jahren vereinbart werden.
Eine Aktualisierung der AVBFernwärmeV ist schon lange fällig. Insbesondere mit Blick auf die voranschreitende Wärmeplanung und die Dekarbonisierung des Wärmemarkts sind neue Anreize zu setzen und die vielen Fragen zu beantworten, die sich im Laufe der letzten Jahre immer weiter verdeutlicht haben.
Ob es dem Gesetzgeber gelingen wird, die richtige Balance zwischen Versorger- und Kundeninteressen zu treffen, wird sich im weiteren Gesetzgebungsverfahren zeigen. Konstruktive erste Schritte wurden hier jedenfalls gemacht.
Angesichts der sich ändernden Voraussetzungen für Wärmelieferverträge durch die Novelle der AVBFernwärmeV müssen Wärmeversorger die nächsten Schritte genau beobachten. Häufig wird in Wärmelieferverträgen auf die jeweils geltende Fassung der Verordnung Bezug genommen, sodass bereits jetzt bei der Vertragsgestaltung auf den Referentenentwurf reagiert werden sollte.