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    19.02.2025

    Fußball und Recht Folge 3: Spieler und Europarecht


    Die Winter-Transferperiode ist gerade abgelaufen und hat mit Ablösesummen von insgesamt Mrd. 2,35 USD nach Angaben der FIFA Rekorde gebrochen und der Frauenfußball konnte in diesem Winter erstmals einen „Millionentransfer“ verzeichnen (vgl. die Berichte hier January 2025 transfer window breaks multiple records in both men’s and women’s football und hier Naomi Girma: Chelsea sign USA defender for world record fee - BBC Sport). Ob die Ablösesummen auch in Zukunft weiter wachsen, kann aber bezweifelt werden, denn aktuelle Tendenzen der Rechtsprechung des EuGH könnten sogar zu einem Rückgang der Ablösesummen führen.

    Dies ist der dritte Beitrag einer Reihe von Blogbeiträgen zum Thema Fußball und Recht. Während der erste Beitrag die Wettbewerbe beleuchtet und der zweite die Vereine in den Blick genommen hat, stehen in diesem dritten Beitrag die Spieler im Fokus. Der Beitrag beleuchtet die neuesten rechtlichen Entwicklungen in Bezug auf die Spieler und erklärt, warum mit einer Vielzahl weiterer Rechtsstreitigkeiten (Litigation) zu rechnen ist.

    Verbandsrecht und Nationales Recht

    Professionelle Fußballspieler sind grundsätzlich Arbeitnehmer, sodass für sie das jeweils nationale Vertrags- und Arbeitsrecht gilt. Zusätzlich gelten die Regeln der verschiedenen Fußballverbände. Diese werden inhaltlich vom Weltfußballverband, FIFA, vorgegeben und von den jeweiligen nationalen Fußballverbänden umgesetzt. Die FIFA „Regulations on the Status and Transfer of Players“ (RSTP) regeln unter anderem, dass ein Profi-Fußballspieler seinen Arbeitgeber nicht beliebig wechseln kann. Vielmehr können Spielerwechsel nur innerhalb bestimmter Zeitfenster, der sogenannten Wechselperioden, beim nationalen Verband registriert werden und ohne Registrierung dürfen die Spieler nicht an Wettbewerben teilnehmen. Die Missachtung dieser Regeln kann mit erheblichen Strafen sowohl für die Vereine als auch die Spieler sanktioniert werden. Die zusätzlichen Regeln des Verbandsrechts können für die Profi-Fußballer mitunter sehr einschneidend sein.

    Der Fall Dani Olmo und Financial Fair Play

    Ein Beispiel dafür, wie die Überlagerung des nationalen Arbeitsrechts mit dem selbstgesetzten Recht der Fußballverbände, die Aktivitäten der Spieler und Vereine einschränken kann, bietet der Fall des spanischen Nationalspielers Dani Olmo. Nach seinem Wechsel von RB Leipzig zum FC Barcelona wurde ihm jüngst die Registrierung und damit die Spielberechtigung für die Rückrunde der spanischen Liga verweigert, weil sein Verein, der FC Barcelona, die Regeln des Financial Fair Play der UEFA nicht eingehalten haben soll. Erst nachdem der FC Barcelona mit dem Verkauf von Nutzungsrechten an VIP Logen seine Bilanz aufgebessert hatte, erteilte der spanische Verband eine vorläufige Spielberechtigung (vgl. Berichte hier Dani Olmo: Barcelona forward granted temporary permission to play - BBC Sport und hier: Laporta cierra un acuerdo de 100 millones para inscribir a Olmo y Pau Víctor | Marca). Eine endgültige Entscheidung über die Registrierung steht noch aus. 

    Europarechtliche Grenzen

    Die einschneidenden Wirkungen des Verbandsrechts, wie sie der Fall Dani Olmo verdeutlicht, unterliegen aber den Grenzen des Europarechts. Diese Grenzen wurden in einem aktuell laufenden Verfahren zugunsten der Spieler verschoben. Dem Verfahren liegt der Fall des Spielers Lassana Diarra zugrunde, dessen Vereinswechsel an einer fehlenden Registrierung nach den Regeln der FIFA gescheitert war. Der Spieler verklagte deshalb die FIFA und den belgischen nationalen Fußballverband auf Schadensersatz. Der Fall ist anhängig beim Berufungsgericht in Mons (Belgien), welches dem EuGH die Vorabentscheidungsfrage vorlegte, ob die Transferregeln der FIFA europarechtskonform sind. 

    Mit Urteil vom 4. Oktober 2024 hat der EuGH (C‑650/22 Link: CURIA - Dokumente) entschieden, dass die Regeln der FIFA über den Spielertransfer gegen Europarecht verstoßen. Zwar darf die FIFA den Transfermarkt im Interesse des Sports regulieren, aber sie muss dabei auch die Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) beachten und darf gemäß Art. 101 AEUV den Wettbewerb nicht unzulässig behindern. Der EuGH stellt grundsätzlich einen Verstoß der RSTP gegen Europarecht fest und moniert insbesondere die harten Sanktionen und die undefinierten Rechtsbegriffe der RSTP. 

    Das Diarra-Verfahren ist noch nicht abgeschlossen und wird vor dem Berufungsgericht in Mons (Belgien) fortgesetzt. Es bestätigt aber eine Tendenz, die bereits aus dem Superleague Urteil (Urteil vom 21. Dezember 2023 European Superleague Company, C‑333/21, EU:C:2023:1011) bekannt ist. Darin hat der EuGH ebenfalls eine unzulässige Behinderung des Wettbewerbs festgestellt und geurteilt, dass die Ausrichtung von Fußballwettbewerben eine wirtschaftliche Aktivität darstelle, für die das europäische Wettbewerbsrecht gelte. Im Fall Diarra hat der EuGH diese Überlegung auf die Spieler übertragen. Konsequenterweise ist auch die Ausübung des Sports durch die Spieler (so wie die Organisation von Wettbewerben) eine wirtschaftliche Aktivität, für welche die Regeln des Unionsrechts gelten. Auch mit Blick auf die Spieler unterzieht der EuGH die FIFA und die UEFA einer strengeren Kontrolle als bisher und setzt damit die Entwicklung fort, die mit dem Superleage-Urteil begonnen hat (siehe den ersten Blogbeitrag dieser Reihe hier). Auch Dani Olmo könnte von dieser Entwicklung profitieren.

    Auswirkungen und Ausblick

    Der EuGH hat zwar entschieden, dass die Regeln der FIFA im Grundsatz europarechtswidrig sind. Allerdings könnten die Regeln der FIFA von Ausnahmevorschriften gedeckt sein, über deren Vorliegen das Berufungsrecht in Mons nun zu entscheiden hat. Um die Ausnahmen in Anspruch zu nehmen, müsste die FIFA nachweisen, dass ihre Regeln für den ordnungsgemäßen Ablauf der Klubwettbewerbe notwendig sind. 

    Die deutliche Kritik des EuGH an den Transferregeln der FIFA sollte die FIFA aber unabhängig vom Ausgang des Diarra Verfahrens zu einer Reform der Transferregeln veranlassen. Die Reform müsste zu einer größeren Flexibilität für die Spieler beim Vereinswechsel führen. Dies könnte wiederum zu geringeren Ablösesummen in Zukunft führen, weil die verkaufenden Vereine weniger Möglichkeiten haben, einen Spieler an sich zu binden. Die rekordhohen Ablösesummen der letzten Transferperiode würden dann der Vergangenheit angehören.

    Zusätzlich ist mit einer Zunahme von Rechtsstreitigkeiten zu rechnen. Spieler können sich in der Auseinandersetzung mit Vereinen auf die erhöhte Kontrolldichte des Europarechts berufen. Gleichzeitig können Vereine dazu veranlasst sein, mit den Mitteln des nationalen Vertrags- und Deliktsrechts gegen vertragsbrüchige Spieler vorzugehen. Für die zu erwartenden weiteren Auseinandersetzungen im Bereich des Sports sind immer auch die geltenden Schiedsvereinbarungen zu berücksichtigen, welche die staatliche Gerichtsbarkeit verdrängen können. Auch der Fall Diarra wurde zunächst vor Schiedsgerichten ausgetragen, bevor er bis vor den EuGH kam.

    Wir sind stolz darauf, dass wir mit ADVANT Beiten zu den „Firms to watch“ in die Liga der Legal 500 im Bereich Commercial Litigation aufgestiegen sind (Legal 500 Deutschland 2025) und beraten Sie gerne zu allen Fragen der gerichtlichen und außergerichtlichen Konfliktlösung, sei es im Sport oder außerhalb davon und gleich ob vor Schiedsgerichten oder staatlichen Gerichten.

    Philipp Sahm
    Chiara-Lucia Peterhammer

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