Schwarmfinanzierungsdienstleister benötigen ab dem 10. November 2023 eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), soweit sie Crowdfunding-Projekte im Anwendungsbereich der ECSP-VO vermitteln wollen. Die Schwarmfinanzierung wird mit Einführung der Verordnung (EU) 2020/1503 über Europäische Schwarmfinanzierungsdienstleister für Unternehmen (ECSP-VO) EU-weit harmonisiert.
Im Fokus der ECSP-VO stehen die Plattformbetreiber. Diese bringen die Geschäftsfinanzierungsinteressen von Anlegern und Projektträgern zusammen und ermöglichen mithilfe einer Onlineplattform die Vermittlung von Krediten oder die Platzierung von übertragbaren Wertpapieren (sogenannte Schwarmfinanzierungsdienstleistung). Die wichtigste Einschränkung des Anwendungsbereichs der ECSP-VO stellt die Grenze des Gesamtgegenwerts von 5 Mio. EUR dar. Dieser Höchstbetrag ist als Summe der Angebote pro Projektträger über einen Zeitraum von zwölf Monaten zu berechnen. Ist dieser Höchstbetrag überschritten, findet die ECSP-VO keine Anwendung und es gilt nationales Recht.
Nicht jeder Art von Kredit fällt unter die Definition des Kredits im Sinne der ECSP-VO. Diese erfasst nur Kredite, bei denen der Anleger einem Projektträger für einen vereinbarten Zeitraum einen Geldbetrag zur Verfügung stellt und der Projektträger die unbedingte Verpflichtung übernimmt, diesen Betrag an den Anleger zurückzubezahlen. Darunter fallen sogenannte Nachrangdarlehen, also Darlehen der Anleger an den Projektträger, deren Rückzahlung in der Insolvenz erst nach Befriedigung aller anderen Gläubiger erfolgt.
Anders bei Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt: diese fallen mangels unbedingter Verpflichtung zur Rückzahlung nicht unter die Definition der Kredite im Sinne der ECSP-VO. Dabei handelt es sich um Darlehen, deren Rückzahlung die Anleger nicht geltend machen können, sobald und soweit die Rückzahlung einen Insolvenzgrund des Projektträgers eröffnen würde. Durch privatautonome Ausgestaltung der Verträge (einfaches Nachrangdarlehen oder Nachrangdarlehen mit qualifiziertem Rangrücktritt) lässt sich der Anwendungsbereich der ECSP-VO gewissermaßen steuern.
Auch die Platzierung übertragbarer Wertpapiere wie z.B. Aktien oder Schuldverschreibungen fällt in den in Anwendungsbereich der ECSP-VO, wenn dabei die Schwelle von 5 Mio. EUR pro Projektträger in einem Zeitraum von zwölf Monaten nicht überschritten wird.
Nach Ablauf der Übergangsfrist muss eine Erlaubnis bis zum 10. November 2023 vorliegen, sofern Plattformbetreiber Projekte nach der ECSP-VO anbieten wollen. Ohne Erlaubnis dürfen Plattformbetreiber bzw. Vermittler im Bereich der Schwarmfinanzierung keine neuen Projekte vermitteln. Im Rahmen des Erlaubnisantrags sind im Wesentlichen folgende Informationen gegenüber der BaFin anzugeben:
Ähnlich einem Vermögensanlagen-Informationsblatt nach nationalem Recht müssen Schwarmfinanzierungsdienstleister für jedes Schwarmfinanzierungsprojekt ein vom Projektträger erstelltes Anlagenbasisinformationsblatt (ABIB) zur Verfügung stellen. Eine Gestattung durch die BaFin ist im Gegensatz zu dem Vermögensanlagen-Informationsblatt nicht erforderlich. Die Haftung für irreführende oder unrichtige Informationen im ABIB trägt der Projektträger. Durch das geplante Zukunftsfinanzierungsgesetz sollen die Mitglieder der Leitungsorgane des Projektträgers von der Haftung entlassen werden.
Projektträger können durch die ECSP-VO ihre Produkte europaweit rechtssicher anbieten und so neue Geschäftsfelder erschließen. Investoren bietet sich die Möglichkeit EU-weit in interessante Projekte zu investieren. Plattformbetreibern bleibt nicht mehr viel Zeit, eine Erlaubnis nach ECSP-VO zu beantragen, um nahtlos Schwarmfinanzierungdienstleistungen anzubieten. Denn die Vorbereitungszeit inklusive des BaFin-Erlaubnisverfahrens wird einige Wochen in Anspruch nehmen.