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    04.10.2024

    Neues zur Gesellschaft mit gebundenem Vermögen


    Es war länger still geworden um die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen, nachdem die aktuelle Regierung das Projekt Ende 2021 in ihren Koalitionsvertrag aufgenommen hatte. Nun hat sich die akademische Arbeitsgruppe, auf die das Konzept zurückgeht, mit einem überarbeiteten Entwurf zurückgemeldet.

    Bereits 2020 hat eine Gruppe von Gesellschafts- und Steuerrechtlern einen Gesetzesentwurf zu einer „GmbH mit gebundenem Vermögen“ (GmgV) vorgelegt, den sie 2021 überarbeitete. Die Initiative hierzu ging auf die Berliner „Stiftung „Verantwortungseigentum“ zurück, die ein Bedürfnis von Unternehmern ausgemacht hat, ihr Unternehmen nachhaltig, zweckorientiert und frei von etwaigen Gewinninteressen der Anteilseigner zu führen. Die Gesellschafter – hier: Verantwortungseigentümer - der GmgV agieren als Treuhänder, die das Unternehmen langfristig erhalten und - auch im Interesse der Mitarbeiter und der Umwelt – führen. Zwingend ist dies freilich nicht: Auch mit der Vermögensbindung besteht weite unternehmerische Gestaltungsfreiheit, die die Wahl lässt, welche Interessen und Interessenträger berücksichtigt oder unberücksichtigt bleiben. Ebenso wenig existiert ein Numerus clausus an zulässigen Unternehmenszwecken oder -gegenständen; die GmgV und ihre Gesellschafter sind insbesondere nicht gezwungen, gemeinnützige Zwecke zu verfolgen. 

    Bereits heute gibt es in Deutschland einige Unternehmen, die die Ziele der GmgV erreicht zu haben scheinen (so etwa Bosch, Zeiss, Alnatura); allerdings sind zur Verwirklichung komplexe Unternehmensstrukturen erforderlich, die einen hohen Beratungs- und Verwaltungsaufwand besitzen.

    Eigene Rechtsform

    Der Entwurf 2020/21 ging noch davon aus, dass es sich bei der Gesellschaft in Verantwortungseigentum um eine Variante der GmbH handeln sollte. Der neue Entwurf sieht jetzt zur Umsetzung des treuhänderischen Unternehmertums die Schaffung einer eigenen Rechtsform vor. Damit können passgenaue(re) Regelungen geschaffen werden; zudem werden hierdurch Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit von Regelungen bei der grenzüberschreitenden Umwandlung ausgeräumt, die nur auf Kapitalgesellschaften (und nicht auf die GmgV) anwendbar sind.

    Der Entwurf nutzt bereits etablierte Regelungsansätze und Normen aus dem Recht der Genossenschaft, GmbH, KG, GbR, AG und Stiftung und geht nach wie vor von zwei Grundprinzipien des treuhänderischen Unternehmertums aus: Ein engagierter Gesellschafterkreis und die Bindung des Gesellschaftsvermögens.

    Unternehmerisch motivierter Gesellschafterkreis

    Alle Gesellschafter einer GmgV sollen aktiv im Unternehmen tätig sein und Verantwortung übernehmen, statt rein als Kapitalgeber zu agieren. Dieses Leitbild wird als Orientierungspunkt für die Gesetzesauslegung normiert. Es können deshalb nur natürliche Personen und juristische Personen mit vergleichbarer Vermögensbindung Gesellschafter der GmgV werden; die Stellung der Gesellschaft ist eher mit einer Mitgliedschaft im Verein oder einer Genossenschaft vergleichbar; sie ist weder übertragbar noch vererblich. Ein Austritt ist dagegen problemlos möglich, da nur Gesellschafter bleiben soll, wer hinter der Idee und dem Zweck des Unternehmens steht.

    Vermögensbindung

    Das zweite Grundprinzip der GmgV ist die Vermögensbindung (asset lock) und bedeutet, dass die Gewinne des Unternehmens allein der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern zugutekommen sollen. Gewinne dürfen nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet werden. Stattdessen sollen Überschüsse reinvestiert und für unternehmerische oder gemeinnützige Zwecke verwendet werden.

    Die im Unternehmen tätigen Gesellschafter erhalten keine Gewinne aus dem Unternehmen, wohl aber eine marktübliche Vergütung für ihre Arbeit. Externe Investoren, die nicht in der Rolle des Gesellschafters agieren, können hingegen Gewinnbezugsrechte als Gegenleistung für ihre Kapitalinvestition erhalten.

    Absicherung der Vermögensbindung

    Um sicherzustellen, dass die Vermögensbindung nicht umgangen wird, enthält der Gesetzentwurf verschiedene Mechanismen. So müssen etwa verdeckte Gewinnausschüttungen, beispielsweise überhöhte Gehälter oder überhöhte Einnahmen aus der Vermietung von Gebäuden oder anderen Vermögensgegenständen, von den Gesellschaftern zurückgezahlt werden; alle Gesellschafter haften im Innenverhältnis für Auszahlungen an Mitgesellschafter. Außerdem sieht der Entwurf einen jährlichen Vermögensbindungsbericht vor, der geprüft und im Handelsregister veröffentlicht wird.

    Darüber hinaus muss jede GmgV Mitglied in einem Aufsichtsverband sein, der nach dem Vorbild genossenschaftlicher Prüfverbände die Einhaltung der Vermögensbindung überwacht. Der Verband führt keine regelmäßigen Prüfungen durch, sondern wird nur anlassbezogen tätig, etwa wenn Hinweise auf Verstöße vorliegen. Auf diese Weise bleibt die Verwaltung der GmgV schlank und kostengünstig, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Vermögensbindung durchgesetzt wird.

    Potential des Verantwortungseigentums

    Das treuhändische Unternehmertum soll zwei wesentliche Potentiale besitzen: Für die Unternehmensnachfolge und für langfristig orientiertes Unternehmertum.

    Unternehmer, denen die Nachfolger aus der eigenen Familie fehlen, sehen sich oft mit dem Problem konfrontiert, dass potenziellen Nachfolgern (etwa aus der Belegschaft) die finanziellen Mittel für einen Unternehmenskauf fehlen. Aber selbst bei einem Verkauf oder einer Schenkung ist nicht sicher, ob das Unternehmen tatsächlich erhalten und weiterentwickelt wird. Eine Vermögensbindung ermöglicht die Auswahl der Nachfolger anhand unternehmerischer Fähigkeiten bei der Gewissheit, dass das Unternehmen nicht zum eigenen finanziellen Vorteil an Konkurrenten oder Investoren veräußert wird.

    Die Vermögensbindung soll zudem strukturelle Anreize für langfristige, nachhaltige Unternehmensführung schaffen. Sie stellt sicher, dass Entscheidungen im Sinne des Unternehmens und seiner Interessengruppen (Stakeholder wie Mitarbeiter, Kunden, Gesellschaft und Umwelt) getroffen werden, da es keine Anreize zur kurzfristigen Maximierung des Shareholder Value gibt. Dies ist ein deutlicher Bruch mit dem klassischen Modell der Gewinnmaximierung zugunsten der Gesellschafter, das nicht selten auch negative Auswirkungen wie Umwelt- oder Sozialschäden mit sich bringen kann. 

    Ausblick

    Die akademische Arbeitsgruppe hat ihr Konzept des treuhänderischen Unternehmertums überarbeitet und weiterentwickelt. Mit der GmgV soll eine neue Unternehmensform geschaffen werden, die langfristig orientiertes, verantwortungsbewusstes Unternehmertum ermöglichen und fördern soll.

    Ob die GmgV ihre Ziele erreichen und ob die neue Rechtsform überhaupt implementiert wird, ist offen. Die Einführung der neuen Rechtsform würde aber in jedem Falle eine interessante zusätzliche Option für Unternehmer schaffen und die deutsche Unternehmenslandschaft um eine innovative Rechtsform erweitern.

    Dr. Barbara Mayer
    Dr. Christian Osbahr

    Dieser Beitrag erscheint ebenso im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter.

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