München, 17. Oktober 2023 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten hat eine Mandantin bei der Durchsetzung ihrer Kaufpreiszahlung gegen die Bundesrepublik Deutschland aus einem Vertrag über Schutzausrüstung erfolgreich vertreten. Die 1. Zivilkammer des LG Bonn hat am Mittwoch, 11. Oktober 2023, der Klage der Lieferantin auf Kaufpreiszahlung aufgrund der Lieferungen von Schutzmasken im Rahmen des Open-House Verfahrens aus dem März / April 2020 gegen die Bundesrepublik Deutschland stattgegeben und die Eventualwiderklage der Bundesrepublik Deutschland voll abgewiesen (Urteil des LG Bonn in der Sache Lieferantin./. Bundesrepublik Deutschland – 1 O 321/21).
Das Landgericht Bonn hat der Bunderepublik Deutschland damit jedoch kein Milliardengrab geschaufelt, sondern vielmehr wurde für einen weiteren abgeschlossenen Vertrag festgestellt, dass beide Vertragsparteien ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen haben. Die Position der Rechtshilfe suchenden Lieferanten, welche einen wirksamen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen haben, wird durch dieses Urteil gestärkt.
Die 1. Zivilkammer des LG Bonn hat sich in seinem Urteil der Argumentation der Klägerin angeschlossen, dass auf den im Rahmen des Open-House Verfahrens geschlossenen Kaufvertrag bei nicht in Deutschland ansässigen Lieferanten das CISG (UN-Kaufrechts-Übereinkommen) Anwendung findet und dass die Bundesrepublik Deutschland ihr Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären,
gemäß Art. 49 Abs. 2 CISG verloren hat.
Die Lieferantin aus China hatte am Open-House Verfahren des Bundesministeriums für Gesundheit zur Beschaffung von Schutzausrüstung während der Corona Pandemie teilgenommen und 1 Mio. Masken geliefert. Von diesen Masken rügte die Bundesrepublik Deutschland 213.840 Masken als mangelhaft und erklärte erst sieben Wochen nach Anlieferung der Masken und erst sechs Wochen nach der Qualitätsprüfung den Teilrücktritt vom Kaufvertrag.
Nach der Auffassung der 1. Zivilkammer des LG Bonn steht der Lieferantin für die beanstandeten Masken ein Anspruch auf den Kaufpreis zu. Dabei ist es nach Ansicht der Kammer irrelevant, ob die Schutzmasken mangelhaft sind, da die Bundesrepublik Deutschland ihr Recht, die Aufhebung des Vertrags zu erklären, verwirkt hat. Nach Art. 49 Abs. 2 lit. b) i) CISG hat der Käufer die Vertragsaufhebung innerhalb einer angemessenen Frist zu erklären, nachdem er die Vertragsverletzung kannte oder kennen musste. Die 1. Zivilkammer des LG Bonn vertritt die Ansicht, dass die angemessene Frist im konkreten Einzelfall
keinesfalls mehr als vier Wochen beträgt und mit mehr als sechs Wochen deutlich überschritten worden ist. Das Open-House Verfahren war auf Schnelligkeit angelegt, weshalb die Einwendung der Bundesrepublik Deutschland, dass es aufgrund der Verteilung der mangelfreien Masken zu Verzögerungen gekommen sei, nicht durchgreift. Für die Bundesrepublik Deutschland als Käuferin stellte sich nur die Frage, ob sie Nachlieferung verlangt oder von einem Festhalten am Vertrag absieht. Die Bundesrepublik Deutschland kann sich auch nicht auf eine Einrede des nicht erfüllten Vertrages berufen. Denn auch der von ihr geltend gemachte Anspruch auf Nachlieferung mangelfreier Masken ist nach Art. 46 Abs. 2 CISG ausgeschlossen, da dieser verfristet ist.
Das klare Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn dürfte für die Klagen von weiteren Lieferanten im Open-House Verfahren von hoher Bedeutung sein, da bei dieser Kammer eine Sonderzuständigkeit für Klagen auf Kaufpreiszahlung im Rahmen des Open-House Verfahren gebildet wurde. Nicht nur für Unternehmen, die nicht in Deutschland ansässig sind und bislang noch nicht Klage erhoben haben besteht nun klar ein Anlass, ihre Ansprüche vor Eintritt der Verjährung noch rechtshängig zu machen. ADVANT Beiten vertritt eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen bei der Durchsetzung von Forderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland aus Verträgen über Schutzausrüstung.
Berater Lieferantin:
ADVANT Beiten: Moritz Kopp (federführend, München), Juliane Schöttler, Dr. Philipp Sahm (beide Frankfurt), Alexander Braun, Chiara-Lucia Peterhammer (beide München, alle Commercial/Litigation).
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