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    11.11.2024

    Inflationsausgleichsprämie auch für Dauerkranke?


    Noch sieben Wochen, dann endet der über zweijährige Zeitraum für die Gewährung einer Inflationsausgleichsprämie. Bevor der Zeitraum tatsächlich endet, werden bereits Urteile über Rechtsstreitigkeiten zur Inflationsausgleichsprämie veröffentlicht. Beispielsweise zur Inflationsausgleichsprämie bei Dauerkranken.  

    Liebe Leserin, lieber Leser, 

    mit dem „Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz“ wurde eine Inflationsausgleichsprämie zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise erschaffen. Vielen Arbeitnehmern hat sie geholfen, bei einigen hat sie zu Rechtsstreitigkeiten geführt.

    Voraussetzungen

    • Arbeitgeber können in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 ihren Beschäftigten eine steuer- und sozialabgabenfreie Zahlung (Inflationsausgleichsprämie) von bis zu EUR 3.000,00 gewähren.
       
    • Ein rechtlicher Anspruch der Arbeitnehmer auf die Inflationsausgleichsprämie besteht nicht. Eine Prämie zum Ausgleich der Inflation erfolgt damit auf freiwilliger Basis.
       
    • Wenn der Arbeitgeber jedoch die Prämie gewährt, ist der Gleichbehandlungsgrundsatz einzuhalten. Gleichbehandlung bedeutet: Gleiches ist gleich und Ungleiches ist ungleich zu behandeln. Arbeitgeber können aber beispielsweise von der Inflation stärker betroffene Arbeitnehmergruppen (z.B. Geringverdiener) eine höhere Prämie gewährten als weniger betroffene Arbeitnehmergruppen.
       
    • Die Inflationsausgleichsprämie kann als Zahlung oder als Sachbezug erfolgen.
       
    • Der Maximalbetrag von EUR 3.000,00 kann, muss aber nicht vollständig ausgeschöpft werden. Arbeitgeber können die Prämie auf einmal oder auch in Teilen gewähren.
       
    • Die steuer- und sozialversicherungsfreie Prämie darf nicht mit ohnehin bestehenden Ansprüchen auf Vergütung verrechnet werden oder diese ersetzen. Die Prämie muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt werden und in der Vergütungsabrechnung ausdrücklich bezeichnet werden.
       
    • Wenn eine Prämie gewährt wird, besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats hinsichtlich der Verteilung. 

    LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 14.08.2024 – 10 Sa 4/24 

    Das LAG Baden-Württemberg hatte über folgenden Fall zu entscheiden: Im März 2023 gewährte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von EUR 1.500,00 netto. Voraussetzung für die Zahlung war der Bezug einer Vergütung für geleistete Arbeit im Jahr 2023 und damit wurde die Inflationsausgleichsprämie nicht Langzeiterkrankten Arbeitnehmern gewährt. Ein Arbeitnehmer erbrachte im gesamten Jahr 2023 aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit keine Arbeitsleistung und erhielt auch keine Inflationsausgleichsprämie. Der Arbeitnehmer klagte.

    Im Berufungsverfahren wies das LAG Baden-Württemberg die Berufung des Arbeitnehmers zurück. Das LAG führte aus, dass eine Inflationsausgleichsprämie als arbeitsleistungsbezogene Sonderzahlung ausgestaltet werden könne. Der Arbeitgeber dürfe eine Sonderzahlung daran knüpfen, dass in einem bestimmten für die Leitung maßgeblichen Zeitraum Arbeit erbracht wird.

    Der Ausgestaltung der Inflationsausgleichsprämie als arbeitsleistungsbezogenes Entgelt stehe der gesetzgeberische Zweck der Steuerprivilegierung des § 3 Nr. 11s EStG nicht entgegen. Aus dem Gesetzgebungsverfahren ließen sich in dem Zusammenhang zwischen Leistung und Preissteigerung keine besonderen Anforderungen entnehmen. Die Prämie muss nach § 3 Nr. 11c EStG „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn“ gezahlt werden. Die Prämie solle eine dauerhafte Verteuerung von Arbeit (Lohn-Preis-Spirale) mittels einer Einmalzahlung anstelle einer dauerhaften Lohnsteigerung ermöglichen. Daher stelle auch die Einmalzahlung iSd § 3 Nr. 11c EStG eine Vergütung von Arbeitsleistung dar.

    Mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen

    Ihr Dr. Erik Schmid

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