"Immer Ärger mit den Paukern" oder "Zur Hölle mit den Paukern" sagten jedenfalls "Die Lümmel von der ersten Bank" und damit die Schauspieler Hansi Krauss, Uschi Glas, Theo Lingen u.a. in den Schulkomödien Ende der 60er Jahre. Der Ärger mit den Paukern ist aber immer aktuell, nicht nur in der Filmwelt, beispielsweise mit "Fack ju Göhte" sondern auch in der Arbeitsgerichtsbarkeit: Das LAG Baden-Württemberg hat im Beschluss vom 10.12.2024 – 2 Ta 5/24 über den Status eines Lehrers entschieden.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Der Status von Lehrern, insbesondere von Musik- oder Volkshochschullehrern war in den letzten Jahren häufiger Gegenstand von arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten. In der aktuellen LAG-Entscheidung geht um die Tätigkeit als Dozent an einer privaten Heilpraktikerschule.
Nach § 611a Abs. 1 S. 1 BGB ist Arbeitnehmer, wer sich auf Grund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zu weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet. Wie viele Berufe kann auch der Beruf des Lehrers als Arbeitnehmer oder in selbständiger Tätigkeit ausgeübt werden. Wer an einer allgemeinbildenden Schule unterrichtet, ist in der Regel Arbeitnehmer, auch wenn er seine Tätigkeit nebenberuflich ausübt. Dagegen können etwa Volkshochschuldozenten und Musikschullehrer, die außerhalb schulischer Lehrgänge unterrichten, oder Lehrkräfte, die nur Zusatzunterricht erteilen, als freie Mitarbeiter beschäftigt werden.
Der Begriff des Arbeitnehmers und der des sozialversicherungsrechtlich Beschäftigten sind nicht deckungsgleich. Auch wenn ein Lehrer nach der jüngeren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sozialversicherungsrechtlich als Beschäftigter anzusehen wäre, folgt hieraus nicht automatisch die Arbeitnehmereigenschaft.
Für die Abgrenzung eines Lehrers als Arbeitnehmer oder als Selbständiger kommt es auf die Weisungsabhängigkeit an. Das Weisungsrecht betrifft Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit. Weisungsgebunden ist, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmten kann. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit ab. Für die Feststellung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände vorzunehmen. Zeigt die tatsächliche Durchführung des Vertragsverhältnisses, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, kommt es auf die Bezeichnung im Vertrag nicht an.
Die Dozentin war für eine private Heilpraktikerschule tätig. Sie erhielt ihre Lehraufträge über ein Online-Portal, auf das sie sich frei bewerben konnte. Die Heilpraktikerschule kündigte die Lehraufträge fristlos. Daraufhin klagte die Dozentin beim Arbeitsgericht und machte die Unwirksamkeit der Kündigung geltend. Der Fall erinnert stark an den "Crowdworker".
Das Arbeitsgericht sah den Rechtsweg zum Arbeitsgericht als eröffnet und die Dozentin als Arbeitnehmerin an. Das LAG Baden-Württemberg hob diese Entscheidung auf, stellte bei der Dozentin keine Arbeitnehmereigenschaft fest und verwies den Rechtsstreit an die ordentlichen Gerichte.
Das LAG stellte hauptsächlich darauf ab, dass die Dozentin ihre Lehraufträge selbst auswählen konnte und keine persönliche Abhängigkeit bestand. Zudem sei die Tätigkeit nicht mit der eines Lehrers an einer allgemeinbildenden Schule vergleichbar, da der Besuch der Heilpraktikerschule keine gesetzliche Voraussetzung für die Erlaubnis zur Ausübung des Heilpraktikerberufs ist. Selbst detaillierten Vorgaben der Heilpraktikerschule und die Führung von Klassenbüchern und Anwesenheitslisten begründeten keine persönliche Abhängigkeit.
Das LAG nahm auch Stellung zu der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu Crowdworkern und des Bundessozialgerichts zu Musikschullehrern. Diese Entscheidungen änderte jedoch nichts an der Entscheidung des LAG. Die Dozentin war auch nicht wirtschaftlich von der Tätigkeit abhängig, jedenfalls konnte sie es nicht nachweisen.
Der (juristische) Ärger mit den Paukern wird weitergehen. Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße
Ihr Dr. Erik Schmid