Der Referentenentwurf des Bundesministerium für Wirtschaft und Energie („BMWi“) vom 22. Januar 2021 zur 17. Novelle der Außenwirtschaftsverordnung macht deutlich, dass die Bundesregierung in Zukunft insbesondere ausländische Investitionen in Unternehmen zukunftsträchtiger Branchen im Rahmen der Investitionskontrolle geprüft sehen möchte. Die geplanten Verschärfungen zur Investitionskontrolle dürften dabei auch für Venture Capital Fonds und Start-ups von besonderem Interesse sein. Was die Novelle für diese im Einzelnen bedeutet, erläutern Ihnen im nachfolgenden Beitrag unsere Rechtsanwälte Dr. Christian von Wistinghausen und Dr. Patrick Alois Hübner, die zu einer kleinen Gruppe von Experten im Investitionsprüfrecht zählen, mit denen das BMWi derzeit die Entwurfsfassung diskutiert.
Die Außenwirtschaftsverordnung unterscheidet zwischen zwei Prüfverfahren: (i) der sektorspezifischen Prüfung und (ii) der sektorübergreifenden Prüfung, die sich wie folgt darstellen lassen:
Alle ausländischen Investoren (inklusive EU-Ausland)
Alle Investoren aus Drittstaaten (Nicht-EU/Nicht-EFTA-Ausländer)
Venture Capital Fonds, die sich unmittelbar oder mittelbar an deutschen Unternehmen beteiligen, müssen sich also grundsätzlich die Frage stellen, ob diese Beteiligungen in den Anwendungsbereich der Außenwirtschaftsverordnung fallen. Seit dem 1. Januar 2021 dürfte die Antwort auf diese Frage insbesondere auch für Investoren mit Sitz im Vereinigten Königreich als frisch gebackene Drittstaatler maßgeblich an Bedeutung gewinnen.
Mit Blick auf Venture-Capital Fonds und Start-ups werden insbesondere die kritischen Sektoren der sektorübergreifenden Prüfung von tragender Bedeutung sein, also solche Sektoren, die von der deutschen Bundesregierung als besonders sicherheitsrelevant eingestuft werden. Die Novelle sieht eine erhebliche Ausweitung dieser Sektoren insbesondere auf Bereiche besonders zukunftsträchtiger Technologien vor, in denen erfahrungsgemäß viele Start-ups unterwegs sind.
In diesen kritischen Sektoren besteht bereits bei einem Stimmrechtserwerb ab 10 Prozent eine Meldepflicht, das heißt der unmittelbare Erwerber muss den Beteiligungserwerb dem BMWi anzeigen, und der Erwerb darf bis zur Freigabe nicht vollzogen werden. Für VC-Fonds bedeutet dies, dass in meldepflichtigen Fällen die Beteiligungsrunden nicht abgeschlossen werden können. Der Vollzug des Rechtsgeschäfts bleibt bis zur Freigabe durch das BMWi schwebend unwirksam.
Zu den meldepflichtigen Sektoren gehören derzeit u. a. Betreiber von kritischer Infrastruktur, Softwareentwickler für den Betrieb kritischer Infrastrukturen, Cloud-Computing-Dienste, Dienste der Telekommunikationsüberwachung und Telematrikinfrastruktur, Medien sowie Teile des Gesundheitssektors. Auf die Vorgaben der im Oktober 2020 in Kraft getretenen EU-Screening-Verordnung, in Zukunft weitere kritische Technologien zu erfassen, sieht das BMWi eine erhebliche Erweiterung dieser meldepflichtigen Sektoren um nachfolgende Bereiche vor:
Hochwertige Erdfernerkundungssysteme
Quanten- und Nukleartechnologie
Künstliche Intelligenz
Additive Fertigung („3D-Drucker”)
Automatisiertes Fahren bzw. Fliegen
Netztechnologie
Robotik
Smart-Meter-Gateways
Halbleiter/Optoelektronik
IT und Telekommunkationsdiensleistungen
Cybersicherheit/IT-Sicherheitsprodukte
Kritische Rohstoffe
Luft- und Raumfahrt
Geheimgestellte Patente/Gebrauchsmuster
Bestimmte Dual-Use-Güter
Land- und Ernährungswirtschaft
Diese Ausweitung der Meldepflicht wird – sollten die vorgeschlagenen Fallgruppen das Bundeskabinett ohne Kürzungen passieren – die Investitionshürde für Venture Capital Fonds aus Drittstaaten oder mit zurechenbarer Drittstaatbeteiligung ein ganzes Stück heraufsetzen. Mit Blick auf das Vollzugsverbot werden Investoren einer Auszahlung von Wagniskapital durch den VC-Fund vor Freigabe der Investition nicht zustimmen. Start-ups sollten dies bei der Finanzierung unbedingt beachten und die Verfahrensdauer der Investitionsprüfung bei der Planung einer neuen Investitionsrunde berücksichtigen.
Lohnenswert dürfte deshalb der Blick auf die Fallgruppen sein, die (weiterhin) nicht in den Anwendungsbereich der Investitionskontrolle fallen. Das wären insbesondere:
Die Ausweitung der Investitionskontrolle dürfte zu einem erheblichen Anstieg des Gesamtprüfaufkommens beim BMWi führen. Ob der Referentenentwurf in seiner derzeitigen Fassung tatsächlich verabschiedet wird, bleibt jedoch fraglich. Insbesondere mit Blick auf VC-Investitionen in Start-ups besteht noch großes Verbesserungspotential. So wäre etwa denkbar in Zukunft
Für Fragen rund um die Investitionskontrolle und Ihre Investitionen in Deutschland stehen Ihnen unsere Experten Dr. Christian von Wistinghausen und Dr. Patrick Alois Hübner jederzeit gerne zur Verfügung.