Die Corona-Pandemie stellt die ganze Welt vor große Herausforderungen. Auch Unternehmen sind organisatorisch, personell und vor allem finanziell betroffen. Mit der richtigen arbeitsrechtlichen Beratung können insbesondere Start-ups Geld sparen. Unsere Experten zeigen ihre 10 Tipps:
Arbeitgeber haben nach § 106 Satz 1 GewO das Recht, Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Mit dem Direktionsrecht hat der Arbeitgeber auch die Pflicht zur Fürsorge und zur Abwehr von Gefahren gegenüber seinen Arbeitnehmern. Soweit es keine anderen für das Arbeitsverhältnis einschlägige Regelungen gibt, umfasst das Direktionsrecht auch die Durchführung des vom Arbeitgeber aufgestellten Corona-Hygienekonzeptes, wie z. B. das Tragen von Schutzmasken, die Desinfektion von Händen, die Einhaltung von Abständen, das Verbot körperlicher Besprechungen etc.
Arbeitnehmer, die gegen das vom Arbeitgeber aufgestellte Corona-Hygienekonzept verstoßen, handeln pflichtwidrig. Der Arbeitgeber kann mit den üblichen arbeitsrechtlichen Instrumenten sanktionieren, wie nochmalige ausdrücklich Anweisung zur die Einhaltung des Hygienekonzeptes, Abmahnung oder ordentliche verhaltensbedingte und/oder außerordentliche Kündigung.
Da der Arbeitnehmer z. B. ohne Maske gegen das Hygienekonzept verstößt und damit in einer nicht arbeitsfähigen Weise seine Arbeitsleistung anbietet, wäre der Arbeitgeber auch berechtigt, den Arbeitnehmer für diesen Zeitraum unbezahlt freizustellen.
Finanziell kann es sich lohnen, mehr Mitarbeiter außerhalb eines angemieteten Büros arbeiten zu lassen und dadurch die Mietkosten für das Start-up zu reduzieren. Rechtlich wird dabei zwischen den Begriffen Telearbeit, Home-Office und mobiles Arbeiten unterschieden, wobei ein Unterschied sowohl bzgl. des Orts (Telearbeit und Home-Office: Privatwohnung; mobiles Arbeiten: jeder Orte außerhalb der Betriebsstätte) als auch bzgl. des Einrichtungsaufwands (Telearbeit: festinstallierter Arbeitsplatz; Home-Office und mobiles Arbeiten: kein festinstallierter Arbeitsplatz) besteht.
Einen gesetzlichen Anspruch der Mitarbeiter auf Home-Office existiert in Deutschland bisher (noch) nicht. Auch gibt es – jedenfalls nach Ansicht des LAG Berlin-Brandenburg – kein Recht des Arbeitgebers, Mitarbeiter zur Home-Office Tätigkeit anzuweisen, sofern der Arbeitsort vertraglich bestimmt ist. Krisenzeiten wie Corona sind hiervon jedoch ausgenommen. Für den „Normalbetrieb“ bedürfte es daher einer rechtlichen Grundlage. Auch dies kann mit Blick auf die „Kostentragungsfrage“ (z. B. anteilige Übernahme von Mietkosten der Mitarbeiter) viel Geld sparen.
Eine schnelle Einsparwirkung kann durch die Streichung von Gratifikationen oder anderen Einmalzahlungen erzielt werden. Dies setzt jedoch voraus, dass arbeitsvertraglich ein sog. Freiwilligkeits- oder Widerrufsvorbehalt vereinbart wurde.
Bei einem (wirksamen) Freiwilligkeitsvorbehalt kann die Sonderzahlung für die Zukunft eingestellt werden. Der Freiwilligkeitsvorbehalt verhindert, dass ein Zahlungsanspruch der Arbeitnehmer entsteht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber bei jeder Gewährung dieser Sonderzahlung darauf hinweist, dass diese freiwillig erfolgt und auch aus wiederholter Zahlung kein Rechtsanspruch entsteht.
Bei einem Widerrufsvorbehalt muss der Arbeitgeber rechtzeitig vor der fälligen Auszahlung den Widerruf erklären. Der Widerruf muss unter den im Widerrufsvorbehalt genannten Gründen erfolgen und billigem Ermessen entsprechen.
Sollte Tipp 3 nicht realisierbar sein, da die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht vorliegen, oder sollte mit Blick auf die Mitarbeitermotivation eine einseitige Kürzung von Sonderzahlungen nicht gewünscht sein, besteht auch die Möglichkeit, einvernehmlich mit den Mitarbeitern den Fälligkeitszeitpunkt der Sonderzahlung zu schieben. Dies schont die Liquidität und kann helfen, Engpässe zu überbrücken.
Kurzfristig kann Geld gespart werden durch einen – einvernehmlichen – Gehaltsverzicht. Ein reiner Gehaltsverzicht spart Geld, führt aber auch zu einer geringeren Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Mit einem sog. Besserungsschein behalten die Mitarbeiter den Anreiz, gute Leistung zu erbringen.
Der Gehaltsverzicht mit Besserungsschein ist eine häufig übersehene Möglichkeit. Mitarbeiter verzichten dabei auf einen Teil ihrer Vergütung zum Zweck der Erhaltung der Liquidität des Arbeitgebers. Damit sichern die Mitarbeiter auch ihren eigenen Arbeitsplatz. Wenn sich die wirtschaftliche Situation innerhalb eines bestimmten Zeitraums oder zu einem bestimmten Stichtag verbessert hat, erhalten die Arbeitnehmer die verzichtete Vergütung oder einen Teil davon zurück.
Sollte sich herausstellen, dass weitere Maßnahmen ergriffen werden müssen, muss es nicht immer gleich eine Kündigungswelle sein. Auch Alternativen können Kosten senken.
Eine Möglichkeit ist es, befristete Arbeitsverträge auslaufen zu lassen. Dies hat den Vorteil, dass keine Kündigung ausgesprochen werden muss und das Arbeitsverhältnis automatisch mit Auslaufen der Befristung endet – jedenfalls soweit die Befristung wirksam vereinbart wurde.
Eine Verlängerung der Kurzarbeit über den zunächst prognostizierten und vereinbarten Zeitraum hinaus bedarf regelmäßig einer Ergänzung des Arbeitsvertrages mit den von Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmern.
Von großer Bedeutung ist weiterhin die lückenlose und ordnungsgemäße Dokumentation der tatsächlich geleisteten Arbeit als Grundlage des Antrags auf Kurzarbeitergeld für den jeweiligen Monat. Die fehlerhafte Angabe von Daten im Rahmen der Beantragung von Kurzarbeitergeld stellt für den Verantwortlichen in der Regel nicht nur eine schwere Pflichtverletzung dar, sondern kann zu umfassenden Ansprüchen der Bundesagentur für Arbeit gegen das Unternehmen führen.
Es kann sich herausstellen, dass der prognostizierte Beschäftigungsausfall nicht nur vorübergehend ist, sondern dauerhaft. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob Kündigungen trotz Kurzarbeit überhaupt möglich sind.
Die Antwort lautet: Ja. Kündigungen sind auch während der Kurzarbeit möglich und zwar nicht nur aus personen- und verhaltensbedingten, sondern auch aus betriebsbedingten Gründen. Dabei gelten jedoch besondere Grundsätze.
Charakteristisch für die Kurzarbeit ist der vorübergehende Arbeitsausfall. Eine betriebsbedingte Kündigung setzt hingegen einen dauerhaften Wegfall des Arbeitsplatzes voraus. Wird in einem Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies daher erstmal gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf. Ein vorübergehender Arbeitsmangel kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Start-ups sollten daher prüfen und dokumentieren, inwieweit sich die Prognose zwischen dem Zeitpunkt, in dem entschieden wurde, Kurzarbeit einzuführen und dem Zeitpunkt, in dem entschieden wurde, Kündigungen auszusprechen, geändert hat.
Sofern sich der von der Kündigung betroffene Arbeitnehmer zum Zeitpunkt der Kündigung noch in Kurzarbeit befindet, endet der Anspruch auf Kurzarbeitergeld mit dem Wirksamwerden der Kündigung.
Soweit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, kann es sinnvoll sein, von den erleichterten Möglichkeiten zum Ausspruch einer Kündigung während der Probezeit Gebrauch zu machen. Auslaufende Probezeiten sollten Start-ups daher im Blick haben.
Die Prozessbeschäftigung, insbesondere auch zur Abwendung einer Zwangsvollstreckung eines titulierten allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruchs durch die erste Instanz ist kein Arbeitsverhältnis, auch kein faktisches Arbeitsverhältnis. Der Arbeitnehmer erhält nur Vergütung für die tatsächlich geleistete Arbeit. Wenn nachträglich festgestellt wird, dass die Kündigung wirksam ist, darf der Arbeitgeber für die geleistete Tätigkeit die Vergütung behalten. Es entstehen aber keine sonstigen Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis, wie Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall sowie Entgeltfortzahlung an Feiertagen. In dieser Prozessbeschäftigung gilt damit ohne Ausnahme der Grundsatz „Kein Lohn ohne Arbeit“.
Dr. Michaela Felisiak / Dr. Erik Schmid