Viele Unternehmen unterschätzen das Thema Buchauszug. Wer damit als Unternehmer schon einmal zu tun hatte, mag das allerdings als traumatisches Erlebnis in Erinnerung haben. Denn selbst gut organisierte Unternehmen scheitern oft, wenn ein Handelsvertreter einen Buchauszug verlangt, um Ansprüche auf Provisionen oder –bei Beendigung des Vertragsverhältnisses – Ausgleichszahlungen zu prüfen bzw. zu berechnen.
In Deutschland gibt es rund 34.000 Handelsvertreter-Unternehmen, die im Schnitt 4,7 Vertretungen haben. Damit bestehen rund 160.000 Handelsvertretervertragsbeziehungen allein mit Vertretern in Deutschland. Über sie werden im Jahr Waren im Wert von ca. EUR 200 Milliarden vermittelt. Es handelt sich um einen wirtschaftlich hoch relevanten Bereich.
Nach deutschem Recht hat ein Handelsvertreter ein nicht vertraglich ausschließbares Recht, vom Unternehmer einen Buchauszug zu verlangen. Der Buchauszug ist ein "Spiegelbild der Geschäftsbeziehung" und muss in erheblicher Detailtiefe alle Geschäftsvorfälle wiedergeben, für die der Handelsvertreter evtl. einen Provisionsanspruch hat. Je nach u. a. Branche, Vertrag und Abrechnungspraxis können das tausende bis hunderttausende von Daten sein (oder auch viel weniger).
Unternehmer sind oft nicht in der Lage, den Buchauszug "per Knopfdruck" zur Verfügung zu stellen. Sie müssen ggf. händisch Daten zusammensuchen, z. B. dazu, warum ein Angebot vor Jahren nicht so angenommen wurde, wie ursprünglich angeboten, sondern leicht abgewandelt. Ein hoher Aufwand (in Extremfällen mit Kosten im sechsstelligen Bereich) führt nach der Rechtsprechung nicht dazu, dass der Buchauszug wegen Unzumutbarkeit nicht erstellt werden müsste.
Gelegentlich dient das Verlangen auf Erstellung eines Buchauszuges nicht seinem eigentlichen Zweck, die Vollständigkeit und Richtigkeit der Provisionsabrechnungen zu prüfen, sondern hat zum Ziel, den Unternehmer hinsichtlich des Ausgleichsanspruches nach § 89b HGB oder anderer Forderungen zum Einlenken zu bewegen. Ein solche Motivation, die ggf. dem Anspruch entgegengehalten werden könnte, ist in der Regel nicht nachweisbar. Neben dem Ausgleichsanspruch ist der Anspruch des Handelsvertreters auf Buchauszug von jeher ein Hauptstreitpunkt bei Handelsvertreterprozessen.
Jedes Unternehmen, das Handelsvertreter einsetzt, sollte im Rahmen eines Stresstests prüfen, ob es im Ernstfall in der Lage wäre, einen ordnungsgemäßen Buchauszug zu erstellen. Dazu sind – in der Regel mit Hilfe von externen Experten - die Verträge und die gelebte Vertragspraxis (u. a. das Abrechnungsverhalten) zu durchleuchten und ggf. anzupassen.
Handelsvertreter haben einen Anspruch darauf, dass der Unternehmer auf Anforderung einen Buchauszug erstellt und zur Verfügung stellt. Und das auch ohne besonderen Grund.
Ein Buchauszug ist eine geordnete Zusammenstellung aller eventuell provisionspflichtigen Geschäftsvorfälle in einer sehr erheblichen Detailtiefe (leicht werden 15, 20 oder mehr Daten für jeden einzelnen Geschäftsvorfall erreicht – abhängig von Branche und Vertragsgestaltung). Er muss je nach Lage bis zu 10 Jahre abdecken. Je nach Branche können daher ggf. tausende von Geschäftsvorfällen aufzunehmen sein. Damit kommt man u. U. zu zehn- oder auch hunderttausenden von aufzubereitenden und vorzulegenden Daten.
Das OLG München hat in einer Entscheidung (2010) festgehalten, dass ein Buchauszug transparent, übersichtlich und verständlich zu sein habe; dabei dürften zusammengehörende Geschäftsvorgänge nicht auseinandergerissen werden. Im zu entscheidenden Fall waren aus Sicht des OLG folgende Angaben zu machen:
Nach der gesetzlichen Regelung verjährt der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs in 3 Jahren, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste. Kenntnisunabhängig läuft eine zehnjährige Verjährungsfrist. Wer auf eine sachgerechte Abrechnungspraxis achtet, kann dafür sorgen, dass sich seine Pflicht auf drei Jahre – und nicht zehn Jahre - beschränkt. Ggf. ist auch eine vertragliche Abkürzung der Verjährungsfrist möglich. Das erfordert aber eine sorgfältige Vertragsgestaltung.
Auch gut organisierte Unternehmer sind mit der Aufgabe Buchauszug oft überfordert, weil nicht alle zu liefernden Informationen im IT-System abgelegt sind und daher auf Anforderung händisch zusammengetragen werden müssen.
Die Rechtsprechung ist beinhart und lässt einen hohen Aufwand nicht als Entschuldigung gelten. Laut BGH sind auch sechsstellige Kosten für die Erstellung eines Buchauszugs kein Grund, diesen auf Verlangen nicht zu erstellen. Unternehmen sind verpflichtet, sich darauf einzustellen, einen Buchauszug zu erstellen, so die Gerichte. Daraus ergibt sich auch einiges Druckpotential zugunsten des Handelsvertreters. Dieses kann er z. B. einsetzen, wenn es um Verhandlungen über einen Ausgleichsanspruch geht. Nicht umsonst spricht man auch von der "Daumenschraube" oder dem "scharfen Schwert" des Handelsvertreters.
Vertraglich ausschließen lässt sich dieses Recht des Handelsvertreters nicht, jedenfalls dann nicht, wenn dieser in der EU oder dem Europäischen Wirtschaftsraum tätig ist. Aber ohne Handlungsmöglichkeiten ist der Unternehmer auch nicht.
Wer Handelsvertreter beschäftigt, sollte:
Dazu bedarf es eines strukturierten Prozesses, um zu analysieren, ob und wie im Unternehmen ein Buchauszug - in Übereinstimmung mit dem Gesetz - erstellt werden kann.
Konkret geht es um vier Projektphasen:
1. Analysephase:
2. Simulationsphase:
3. Optimierungsphase:
4. Nachbereitungsphase:
Stresstest und Erfolgskontrolle – so vorbereitet, wird die Arbeit mit Handelsvertretern zu keinem Zeitpunkt zu einem Krisenfall.
Können wir Sie dabei unterstützen? Sprechen Sie uns an!