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    09.12.2019

    Bestätigung durch OLG München - kein D&O-Versicherungsschutz für insolvenzrechtswidrig geleistete Zahlungen nach § 64 GmbHG


    – OLG München, Beschluss vom 04.03.2019, 25 U 3606/17 –

     

    Mit Beschluss vom 04.03.2019 (25 U 3606/17) bestätigt das OLG München die Auffassung des Oberlandesgerichts Celle (Beschluss vom 01.04.2016 – 8 W 20/16) und des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Urteil vom 20.07.2018 – 4 U 93/16), wonach der Versicherungsschutz einer D&O-Versicherung nicht den Anspruch einer insolvent gewordenen Gesellschaft gegen ihren Geschäftsführer auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen der Gesellschaft gemäß § 64 GmbHG umfassen soll.

     

    Ob für Haftungsfälle nach § 64 GmbHG nun D&O-Versicherungsschutz besteht oder nicht, dürfte bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung durch den Bundesgerichtshof gleichwohl weiterhin umstritten bleiben.

     

    Rechtsprechung des OLG Celle und OLG Düsseldorf

     

    Mit Beschluss vom 01.04.2016 hatte zunächst das Oberlandesgericht Celle (8 W 20/16) und mit Urteil vom 20.07.2018 später auch das Oberlandesgericht Düsseldorf (4 U 93/16) entschieden, dass Ansprüche gegen Geschäftsführer nach § 64 GmbHG wegen verbotener Zahlungen nach Insolvenzreife nicht vom D&O-Versicherungsschutz umfasst sind.

     

    Die Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf begründen ihre Entscheidungen im Wesentlichen damit, dass es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bei einem Anspruch nach § 64 GmbHG um einen Anspruch "eigener Art" bzw. einen Anspruch "sui generis" handele. Versichert seien nach Auffassung des Oberlandesgerichts Celle und des Oberlandesgerichts Düsseldorf nach den jeweils zugrunde liegenden Versicherungsbedingungen jedoch nur Schadensersatzansprüche, zu denen ein Anspruch nach § 64 GmbHG wegen der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes gerade nicht zähle.

     

    Heftige Kritik an der OLG-Rechtsprechung durch Literatur und Beratungspraxis

     

    In der Praxis und der Literatur haben die Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle und des Oberlandesgerichts Düsseldorf heftige Kritik erfahren, ist die Haftung nach § 64 GmbHG doch einer der häufigsten Haftungsfälle eines Geschäftsführers.

     

    Für Geschäftsführer ist nur schwer vermittelbar, dass einer der häufigsten Haftungsfälle aus rechtsdogmatischen Erwägungen nicht versichert sein soll. Die herrschende Meinung in der Literatur stellt sich daher mit zahlreichen Argumenten gegen die vorgenannte Rechtsprechung der Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf (vgl. etwa Bauer/Malitz, ZIP 2018, 2149; Geissler, GWR 2018, 407; Plaßmann-Robertz, ZWH 2018, 316; Jaschinski/Wentz, GmbHR 2018, 1289; Werner, CB 2019, 208; Lehmann/Rettig, NZI 2018, 758; Fiedler, VersR 2018, 1298). Im Ergebnis vertritt die herrschende Meinung die Auffassung, dass § 64 GmbHG unter einer D&O-Versicherung sowohl nach Sinn und Zweck der Versicherung als auch bei Auslegung der Versicherungsbedingungen durch einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne D&O-Spezialkenntnisse versichert sein muss.

     

    Seit Bekanntwerden der Entscheidungen des Oberlandesgerichts Celle und des Oberlandesgerichts Düsseldorf ist heftig umstritten, ob für Haftungsfälle nach § 64 GmbHG nun D&O-Versicherungsschutz besteht oder nicht. Eine höchstrichterliche Entscheidung des Bundesgerichtshofes liegt hierzu bislang nicht vor.

     

    Bestätigung der Rechtsprechung durch OLG München

     

    Mit Hinweisbeschluss vom 04.03.2019 (25 U 3606/17) hat sich das Oberlandesgericht München, dort der 25. Zivilsenat, nun der Auffassung der Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf angeschlossen. Der 25. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München äußert dort unter Bezugnahme auf die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Celle und Düsseldorf seine Rechtsauffassung, wonach bei zutreffender Auslegung der Versicherungsbedingungen ein Anspruch nach § 64 GmbHG wohl nicht zu den Schadenersatzansprüchen zählt, die unter einer D&O-Versicherung versichert sind.

     

    Ausblick

     

    Natürlich bleibt abzuwarten, ob und wie der Meinungsstreit zwischen der Rechtsprechung und der Literatur durch den Bundesgerichtshof aufgelöst wird.

     

    Die D&O-Versicherer wird es jedoch zunächst freuen, dass mit dem Oberlandesgericht München nunmehr ein weiteres Oberlandesgericht die Rechtsauffassung vertritt, dass für insolvenzrechtswidrig geleistete Zahlungen nach § 64 GmbHG kein D&O-Versicherungsschutz besteht.

     

    Insolvenzverwalter und von diesen in Anspruch genommene versicherte Personen werden hingegen weiterhin mit der Ungewissheit leben müssen, ob der Haftungsfall durch entsprechende Versicherungsleistungen gedeckt ist. Im Falle laufender Verfahren ist dies für beide Seiten, also sowohl für den Insolvenzverwalter als auch den in Anspruch genommenen Geschäftsführer, meist eine äußerst prekäre Situation, die unter Umständen auch eine eigene Haftung des Insolvenzverwalters begründen kann.

     

    Aufgrund der vorgenannten Rechtsprechung ist (insbesondere auch bei Abschluss und Erneuerung von D&O-Policen) weiterhin darauf zu achten, ob der D&O-Versicherungsschutz nach den Versicherungsbedingungen auch etwaige Inanspruchnahmen nach § 64 GmbHG umfasst.

     

    Fragen zu diesem Thema beantwortet Ihnen Dr. Florian Weichselgärtner gerne.

     

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