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    30.01.2025

    BAG begrenzt digitales Zugangsrecht der Gewerkschaften


    Erfreulich für gewerkschaftsgeplagte Arbeitgeber ist das Urteil des Bundesarbeitsgerichts ("BAG") vom 28.01.-2025 (Az. 1 AZR 33/24), in dem das Gericht klarstellt, dass Arbeitgeber zwar gewisse Informations- und Werbemaßnahmen der Gewerkschaften während der Arbeitszeit – auch auf digitalem Wege – dulden müssen. Der 1. Senat verneint aber klar einen Anspruch der Gewerkschaft auf Herausgabe betrieblicher E-Mail-Adressen, Einbindung in betriebliche Kommunikationsnetzwerke und  die Verlinkung der Gewerkschaftshomepage auf der Startseite des Intranets

    Worum geht es?

    Art. 9 Abs. 3 des Grundgesetztes ("GG") schützt in Form der sog. Koalitionsbetätigungsfreiheit die Gewerkschaften in ihrem Bestand und Erhalt. Die Koalitionsbetätigungsfreiheit gewährt den Gewerkschaften das Recht, ihre Mitglieder und alle anderen nicht organisierten Arbeitnehmer über ihre Aufgaben, Ziele und Tätigkeiten zu informieren und neue Mitglieder anzuwerben. Denn nur durch Information der bereits vorhandenen und Anwerbung neuer Mitglieder kann der Bestand der Gewerkschaften gesichert werden. Ihre Grenzen findet die Koalitionsbetätigungsfreiheit allerdings in dem grundgesetzlich geschützten Eigentumsrecht des Arbeitgebers (Art. 14 GG) und in dessen Recht auf freie wirtschaftliche Betätigung im Rahmen seines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs (Art. 12 GG). Auch müssen die Gewerkschaften die Rechte der Arbeitnehmer wahren, z.B. deren Wunsch sich nicht gewerkschaftlich zu betätigen oder ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung. 

    Lange beinhaltete die Koalitionsbetätigungsfreiheit nur das physische Zugangsrecht der Gewerkschaften zum Betrieb. Dies wurde als ausreichend angesehen, da sich das Arbeitsleben im Betrieb abspielte und die Gewerkschaften ihre (potenziellen) Mitglieder so effizient erreichen konnten. Spätestens seit der Corona-Pandemie verlagert sich das Arbeitsleben jedoch immer mehr ins Virtuelle. Allerdings räumte das BAG den Gewerkschaften bereits schon mehr als ein Jahrzehnt früher mit Urteil vom 20.01.2009 (Az. 1 AZR 515/08) ein virtuelles Zutrittsrecht zum Betrieb ein. Gewerkschaften dürfen betriebliche E-Mail-Adressen zu Informations- und Werbezwecken nutzen. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die Nutzung betrieblicher E-Mail-Adressen durch die Gewerkschaften zu dulden, sofern hieraus keine Störung der betrieblichen Abläufe oder des Betriebsfriedens folgt.

    Diesem virtuellen Zugangsrecht wurden durch das BAG mit seiner Entscheidung vom 28.01. 2025 wichtige Grenzen gesetzt. Sei der Arbeitgeber zwar zur Duldung der Nutzung betrieblicher E-Mails verpflichtet, so folge aus der Koalitionsbetätigungsfreiheit der Gewerkschaften kein Recht, von den Arbeitgebern aktiv bei der Verbreitung oder Stabilisierung ihrer Basis durch Anwerben neuer Mitglieder oder Verfestigung der Bindung vorhandener Mitglieder unterstützt zu werden. Der Arbeitgeber dürfe die Forderung der Gewerkschaft nach aktiver Aushändigung einer Liste mit allen betrieblichen E-Mail-Adressen daher verweigern.

    Auch müsse der Arbeitgeber der Gewerkschaft keinen umfassenden Zugang zu internen Kommunikationsnetzwerken verschaffen. Hier – so das BAG – überwiegen das Eigentumsrecht und das Recht auf wirtschaftliche Betätigungsfreiheit des Arbeitgebers. Er könne nicht dazu verpflichtet werden, die von ihm zur Verfügung gestellten betrieblichen Mittel in die Dienste der Gewerkschaften zu stellen.

    Abgelehnt hat das BAG ferner einen Anspruch auf Verlinkung der Gewerkschaftswebsite im betrieblichen Intranet. Eine § 9 Abs. 3 S. 2 BPersVG entsprechenden Regelung gebe es für die Privatwirtschaft im Betriebsverfassungsgesetz nicht. Auch eine analoge Anwendung des § 9 Abs. 3 S. 2 PersVG komme nach Ansicht des BAG mangels planwidriger Regelungslücke nicht in Betracht. Der Gesetzgeber habe die Problematik des Zugangs der Gewerkschaften zu den digitalen Kommunikationssystemen eines Betriebs erkannt und sich im Rahmen des Betriebsrätemodernisierungsgesetztes gegen die Aufnahme einer entsprechenden Norm in das BetrVG entschieden. Auch könne der Anspruch – so das BAG – nicht aus Art. 9 Abs. 3 GG hergeleitet werden.

    Im Ergebnis bleibt festzuhalten: Duldung ja, aktive Unterstützung und Einbringung betrieblicher Mittel des Arbeitgebers nein.

    Auswirkungen auf die Praxis

    Dank dieser klarstellenden Entscheidung des BAG müssen Arbeitgeber zwar Werbe- und Informationsmaßnahmen der Gewerkschaften in ihren Betrieben dulden müssen hierbei aber nicht aktiv mitwirken und die Gewerkschaft durch Zurverfügungstellung betrieblicher Mittel unterstützen 

    Bislang liegt nur die Pressemitteilung des BAG vor, so dass abzuwarten bleibt, welche weiteren Ausführungen zum (digitalen) Zutrittsrecht der Gewerkschaften den Entscheidungsgründen entnommen werden können; ebenso wie die Rechtsprechung sich angesichts fortschreitender Digitalisierung und Verlagerung des Arbeitslebens ins Virtuelle künftig entwickeln wird. 

    Virginia Mäurer
    Dr. Sebastian Kroll

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