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EU Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit kommt (und EU Lieferkettengesetz vielleicht doch auch noch?)

Am 13. März 2024 haben sich die EU-Mitgliedstaaten bei einem Treffen der EU-Botschafter auf die Verordnung über ein Verbot von in Zwangsarbeit hergestellten Produkten auf dem Unionsmarkt (EU Forced Labour Ban Regulation) geeinigt.

Kernstück der Verordnung ist – nomen est omen – das in Art. 3 geregelte Verbot von Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden. Hiernach dürfen Wirtschaftsakteure in Zwangsarbeit hergestellte Produkte weder auf dem Unionsmarkt in Verkehr bringen oder bereitstellen, noch dürfen sie solche Produkte ausführen.

Die Verordnung wird drei Jahre nach Inkrafttreten zu beachten sein. Zuvor werden einige Vorbereitungsmaßnahmen zu erledigen sein.

Der politische Einigungsprozess zur EU-Zwangsarbeit-VO und zum EU-Lieferkettengesetz

Der politische Einigungsprozess hinsichtlich der Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit dürfte mit der Einigung am 13. März 2024 abgeschlossen sein. In den Trilog-Verhandlungen war zuvor bereits am 5. März 2024 eine Einigung erzielt worden. Wie man u.a. vom Entwurf des EU-Lieferkettengesetz (Corporate Sustainable Due Diligence Directive, CSDDD oder CS3D) weiß, war mit dem Abschluss der Trilog-Verhandlungen allerdings noch nicht klar, ob das Regelungsvorhaben tatsächlich die Zustimmung einer hinreichenden Anzahl von EU-Mitgliedsstaaten findet. Dies ist nunmehr offensichtlich der Fall. Mit Ausnahme von Deutschland, Ungarn und Lettland haben am 13. März 2024 alle EU-Mitgliedsstaaten ihre Zustimmung signalisiert. Deutschland enthielt sich bei der Abstimmung (ebenso wie bereits zuvor beim EU-Lieferkettengesetz). Die FDP hatte ihr Veto eingelegt. In der Ampel-Koalition konnte also keine Einigkeit hergestellt werden, was zu der Enthaltung führte. In Brüssel (und anderswo) wird dieses Abstimmungsverhalten Deutschlands mittlerweile auch als "German Vote" bezeichnet. Die Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit wurde durch das "German Vote" im Ergebnis also nicht verhindert.

In der Presse wurde postwendend darüber spekuliert, dass der belgischen Ratspräsidentschaft möglicherweise auch mit Blick auf das EU-Lieferkettengesetz ungeachtet des "German Vote" noch vor den Europawahlen eine Einigung gelingen könnte. Angesichts der zuletzt vorgeschlagenen Erleichterungen (Anwendbarkeit des EU-Lieferkettengesetzes auf Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und mehr als EUR 300 Mio. Jahresumsatz – das deutsche LkSG gilt seit 1. Januar 2024 für in Deutschland ansässige Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden unabhängig vom Umsatz) scheint nun auch Frankreich seine Zustimmung zum EU-Lieferkettengesetz signalisiert zu haben. Dann käme es noch darauf an, ob auch Italien zu einer Zustimmung bewegt werden kann. Die deutsche Enthaltung stände dann – ebenso wie bei der Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit – einer Einigung über das EU-Lieferkettengesetz nicht mehr entgegen. Es bleibt also auch an dieser Stelle weiter spannend (vgl. zum Ergebnis der Trilog-Verhandlungen zum EU-Lieferkettengesetz unseren Blog-Beitrag).

Inhalt und Umsetzung der EU-Zwangsarbeit-VO

Spannend bleibt auch, die die Verordnung zum Verbot von Zwangsarbeit umgesetzt werden wird. Schließlich richtet sich die Verordnungen in erster Linie an die EU und die EU-Mitgliedsstaaten. Bei Verdacht auf Zwangsarbeit in den Lieferketten der Unternehmen sollen die nationalen Behörden oder bei Beteiligung von Drittländern die EU-Kommission Untersuchungen durchführen. Wenn sich dabei herausstellt, dass Zwangsarbeit eingesetzt wurde, können die Behörden verlangen, dass die betreffenden Waren vom EU-Markt und von Online-Marktplätzen zurückgezogen und an den Grenzen beschlagnahmt werden. Die Waren müssen dann gespendet, recycelt oder vernichtet werden. Waren, die für die Union von strategischer oder kritischer Bedeutung sind, können so lange zurückgehalten werden, bis das Unternehmen die Zwangsarbeit aus seinen Lieferketten verbannt. Unternehmen, die sich nicht an die Vorschriften halten, können mit einer Geldstrafe belegt werden. Wenn sie jedoch Zwangsarbeit aus ihren Lieferketten eliminieren, können die verbotenen Produkte wieder auf den Markt gebracht werden.

Die EU-Kommission soll eine Liste mit bestimmten Wirtschaftszweigen in bestimmten geografischen Gebieten erstellen, in denen es zu staatlich verordneter Zwangsarbeit kommt. Dies soll dann ein Kriterium für die Beurteilung sein, ob eine Untersuchung eingeleitet wird. Die EU-Kommission kann auch Produkte oder Produktgruppen bestimmen, für die Importeure und Exporteure den EU-Zollbehörden zusätzliche Angaben übermitteln müssen, z. B. Informationen über die Hersteller und Lieferanten dieser Produkte.

Um die Durchsetzung der neuen Vorschriften zu unterstützen, soll ein neues einheitliches Zwangsarbeits-Portal eingerichtet werden, das Leitlinien, Informationen über Verbote, eine Datenbank mit Risikobereichen und -sektoren sowie öffentlich zugängliche Beweise und ein Portal für Hinweisgeber enthält.

Nähere Informationen finden sich in den Pressemitteilungen des Parlaments und des Rates vom 5. März 2024. Der in den Trilog-Verhandlungen abgestimmte Verordnungstext ist unter diesem Link einsehbar.

Dr. Daniel Walden
Dr. André Depping

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LkSG Lieferkettengesetz EU-Lieferketten-Richtlinie

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