Den deutschen Mittelstand prägen familiengeführte Unternehmen, die sich mit Innovationskraft und regionaler Verankerung einen Ruf als "hidden champions" verdient haben. Bei der Unternehmensnachfolge kann Private Equity eine attraktive Option sein, die oft übersehen wird.
Unter Private Equity (PE) versteht man eine Investitionsform, bei der private Kapitalgeber Unternehmensanteile erwerben, die nicht an einer Börse gehandelt werden. PE-Investoren beteiligen sich meist mittel- bis langfristig an bereits etablierten Unternehmen, die sich nicht mehr in der Aufbauphase befinden (in Abgrenzung zum Venture Capital) (sog. Buy-Outs). Ein auf den Mittelstand spezialisierter PE-Investor möchte zunächst einmal die Unternehmens-fortführung sichern und das Unternehmen dann Schritt für Schritt modernisieren, um den Wert des Zielunternehmens langfristig zu erhöhen. Der Rückzug (Exit) des Investors aus dem Unternehmen ist zwar schon beim Beteiligungserwerb konkret eingeplant, jedoch im Mittel-stand regelmäßig langfristiger angelegt. Der Anlagehorizont beträgt im Mittelstand häufig acht Jahre. Mit diesem Zeithorizont können Unternehmen ihren Mitarbeitern ehrliche Zukunftsaus-sichten aufzeigen. Aus unserer Erfahrung ist die Mehrheit der Belegschaft erleichtert, wenn ein auf den Mittelstand spezialisierter PE-Investor das Nachfolgeproblem des Unternehmens löst. Denn ein PE-Investor führt mit seiner Erfahrung in Transformationsprozessen das Unternehmen in die Zukunft.
Zu Beginn einer Unternehmensnachfolge steht die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Häufig schauen sich familiengeführte Unternehmen für die Planung der Nachfolge im Familienkreis um und ziehen auch das bekannte Management in Erwägung (sog. Management Buy Out). Mittelständische Unternehmen können bei der Suche nach einem geeigneten Nachfolger und Käufer jedoch auch auf einen M&A-Berater zurückgreifen. Dieser hilft dabei, potenzielle Interessenten zu finden, indem er sie im Rahmen eines Bieterprozesses kontak-tiert und zur Abgabe initialer Angebote auffordert. Ein strukturiertes Bieterverfahren soll einen höheren Kaufpreis erzielen, da mehrere Käufer konkurrieren. Mittlerweile gibt es zahlreiche PE-Investoren, die sich insbesondere auf mittelständische Unternehmen in der Nachfolgephase spezialisiert haben.
Üblicherweise unterzeichnen Verkäufer und Kaufinteressent eine schriftliche Absichtserklä-rung, in der sie die Grundsätze der Transaktion festhalten. Diese Absichtserklärung hat regelmäßig keine rechtliche Bindung. Parallel dazu erstellt der Verkäufer ein Datenraum, in dem sich alle für eine Investition wesentlichen Informationen über das Zielunternehmen einsehen lassen. Die Informationen über das Zielunternehmen prüfen Käuferinteressenten im Rahmen einer sog. Due Diligence Prüfung.
Wenn sich unter den Interessenten ein bestimmter Käufer herauskristallisiert, werden die Verkäufer versuchen, sich mit ihm über den Inhalt des Kaufvertrags zu einigen und den Kaufvertrag abzuschließen. Die Übertragung von GmbH-Anteilen bedarf der notariellen Beurkundung (§ 15 Abs. 3, 4 GmbHG). Die Transaktion ist abgeschlossen, wenn die Parteien den Kaufvertrag vollzogen haben, d.h. also der Käufer den Kaufpreis an den Verkäufer bezahlt und der Verkäufer die Anteile dem Käufer übertragen hat.
Ein PE-Investor übernimmt das Zielunternehmen normalerweise mitsamt dem Management. Er selbst kann und möchte die Geschäfte regelmäßig nicht selbst führen. Stattdessen verlässt er sich für das Tagesgeschäft auf die Expertise des bisherigen Managements, um eine reibungslose Nachfolge zu ermöglichen. Den Verbleib des Managements im Unternehmen möchte der PE-Investor belohnen. Dieses soll dem PE-Investor langfristig zur Verfügung stehen. Auf Mittelstand spezialisierte PE-Investoren bieten dem bisherigen Management Unterstützung bei "neuen" Themen wie Berichtspflichten gegenüber Banken oder Transfor-mationsprozesse im Unternehmen an.
Um das Management des Zielunternehmens zu incentivieren, bietet der Investor dem Management häufig eine Minderheitsbeteiligung (ca. 5 bis 15 %) an (sog. Managementbeteili-gung). Dadurch nimmt das Management an der Wertsteigerung des Zielunternehmens teil und ist an das Unternehmen gebunden. Zudem wird ein Interessengleichlauf zwischen Management und Unternehmensinhaber erzielt. Das Management arbeitet nämlich nicht mehr nur für fremde Eigentümer, sondern gewissermaßen auch für sein eigenes Unternehmen. Beim Exit profitiert das Management von der Wertsteigerung der eigenen Beteiligung. Die Managementbeteiligung erfolgt im Wege einer Rückbeteiligung an der Erwerbsgesellschaft oder indirekt über eine vermögensverwaltende Management-Gesellschaft.
Wesentliche Bedeutung hat bei PE-Investitionen die Finanzierung durch Fremdkapitalgeber, typischerweise Banken. Häufig finanzieren sie etwa 50 % des Kaufpreises fremd. Die Zinsen und Raten werden später primär aus den Erträgen des Zielunternehmens getilgt.
Die Finanzierung durch Fremdkapital hat nicht nur den Vorteil, den finanziellen Spielraum des PE-Investors zu vergrößern, indem etwa mehr Eigenkapital für weitere Investitionen bleibt. Darüber hinaus kann sie auch die Rendite des eingesetzten Eigenkapitals durch den sog. Hebeleffekt (Leverage-Effekt) erhöhen. Dies ist der Fall, wenn die Gesamtrendite größer ist als der Zins, der für Fremdkapital in gleicher Höhe hätte aufgebracht werden müssen.
Fremdkapitalgeber wollen Kredite geeignet besichern lassen. Sicherheiten sind primär die Vermögenswerte der Zielgesellschaft, während der Käufer als Investor üblicherweise keine Sicherheiten an seinen eigenen Vermögenswerten bestellt. Denkbar sind insbesondere Grundpfandrechte an Grundstücken oder die Verpfändung von Gesellschaftsanteilen der Zielgesellschaft.
Bei der Besicherung sind die gesetzlichen Vorgaben zur Kapitalerhaltung zu beachten. Besichert die Zielgesellschaft Verbindlichkeiten einer zwischengeschalteten Erwerbsgesell-schaft, darf dies nicht zu einer verbotenen Rückzahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens führen (§ 30 Abs. 1 Satz 1 GmbHG). Etwas anderes gilt aus-nahmsweise, wenn ein wirtschaftlich gleichwertiger Rückzahlungsanspruch gegen den Gesellschafter (hier die Erwerbsgesellschaft) besteht (§ 30 Abs. 1 Satz 3 GmbHG).
Steuerliche Aspekte sind bei PE-Transaktionen von großer Relevanz. Der Verkäufer hat das Interesse, die Besteuerung seiner Veräußerungsgewinne zu reduzieren. Dies ist vor allem durch die Verrechnung mit Verlusten oder die Anwendung besonderer Steuertarife möglich.
Der Käufer und PE-Investor möchte den Zahlungsfluss (Cash Flow) des Zielunternehmens nutzen, um Kredite samt Zinsen zu tilgen. Gleichzeitig sollen Finanzierungaufwendungen mit den Gewinnen aus dem operativen Geschäft steuerlich verrechnet werden. Gewinne erwirt-schaftet das Zielunternehmen. Der Finanzierungsaufwand entsteht jedoch auf der Ebene der Erwerbsgesellschaft. Um die steuerliche Verrechnung zu ermöglichen, müssen beide Ebenen zusammengebracht werden (sog. Debt Push Down). Erreicht wird dies etwa durch Ver-schmelzung der Zielgesellschaft auf die Erwerbsgesellschaft. Eine andere Möglichkeit ist, dass die Zielgesellschaft – sofern diese eine Kapitalgesellschaft ist – mit der Erwerbsgesellschaft eine steuerliche Organschaft errichtet. Dabei wird das Einkommen der Zielgesellschaft der Erwerbsgesellschaft zugerechnet und im Rahmen der Letzteren versteuert.
PE kann eine attraktive Option bei der Unternehmensnachfolge sein. Mittelständler schrecken jedoch oft vor den "PE-Heuschrecken" zurück und sorgen sich um ihr Vermächtnis. Jedoch wollen die Investoren in der Regel am derzeitigen Management festhalten, um durch ihre Erfahrung die erfolgreiche Unternehmensfortführung zu gewährleisten. Die Belegschaft ist zudem meist froh, wenn eine solche Unternehmensfortführung gelingt. Denn PE-Investoren können über die Nachfolge hinaus helfen, die heutigen Herausforderungen – insbesondere die Digitalisierung und die Transformation zu einer nachhaltigen Wirtschaft – zu bewältigen.
Christian Burmeister
Damien Heinrich