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    02.11.2022

    Tarifvertrag der Einsatzbranche bestimmt Überlassungshöchstdauer


    Bundesarbeitsgericht vom 14. September 2022 - 4 AZR 83/21

     

    Eine tarifvertragliche Überlassungshöchstdauer von 48 Monaten gilt für bei tarifgebundenen Entleihern eingesetzte Leiharbeitnehmer unabhängig von deren Tarifbindung.

     

    Sachverhalt

     

    Der nicht tarifgebundene Leiharbeitnehmer war für knapp 24 Monate bei einer Entleiherin eingesetzt worden, auf die der zwischen Südwestmetall und der IG Metall abgeschlossene „Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit“ Anwendung findet. Darin ist eine von den gesetzlichen 18 Monaten abweichende Überlassungshöchstdauer in der Einsatzbranche von 48 Monaten geregelt. Der Leiharbeitnehmer versuchte, gerichtlich feststellen zu lassen, dass zwischen ihm und der Entleiherin wegen Überschreitens der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sei. Er meinte, der „Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit“ gelte für ihn mangels Mitgliedschaft in der IG Metall nicht und die der tarifvertraglich verlängerten Überlassungshöchstdauer zugrundeliegende gesetzliche Regelung sei außerdem verfassungswidrig.

     

    Die Entscheidung

     

    Die Klage hat keinen Erfolg. Nach Ansicht des BAG ermächtige das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz die Tarifvertragsparteien der Einsatzbranche, eine vom Gesetz abweichende Überlassungshöchstdauer für die Einsatzbranche zu regeln. Diese Höchstdauer gelte nicht nur für die tarifgebundene Entleiherin, sondern ungeachtet der Tarifgebundenheit auch für den bei ihr eingesetzten Leiharbeitnehmer und den Verleiher.

     

    Konsequenzen für die Praxis

     

    Zur Beurteilung der Überlassungshöchstdauer ist – neben der gesetzlichen Regelung – maßgebend, ob es für die Einsatzbranche tarifvertragliche Regelungen gibt, die auf den Entleiher anwendbar sind. Weiter stellt das BAG durch das Urteil klar, dass es die gesetzliche Grundlage für die tarifvertragliche Verlängerung der Überlassungshöchstdauer für verfassungs- und europarechtlich unbedenklich erachtet und sich eine konkrete Verlängerung bis maximal 48 Monate im zulässigen Rahmen bewegt. Hierdurch schafft es Rechtssicherheit über den entschiedenen Fall hinaus für eine Vielzahl gleichlautender tarifvertraglicher Verlängerungen.

     

    Praxistipp

     

    Verleiher und Entleiher können sich bei der Einsatzdauer eines Leiharbeitnehmers an der für das Unternehmen der Einsatzbranche geltenden tarifvertraglichen Überlassungshöchstdauer orientieren, ohne dass es auf die Tarifbindung des Leiharbeitnehmers und des Verleihers ankommt. Besonderes Augenmerk sollten aber vor allem Entleiher auf die Berechnung der Überlassungshöchstdauer richten, solange nicht entschieden ist, ob auch zusammenhängende Überlassungsmonate in 30 Tage pro Monat umzurechnen sind oder allein die Monate zählen. Bei einer Umrechnung in 30 Tage pro Monat endet die Überlassungshöchstdauer nämlich früher als bei der reinen Monatsbetrachtung. Dies stellt damit derzeit den sichersten Berechnungsweg dar.

     

    Dr. Sebastian Kroll

     

    Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.