In nahezu allen Unternehmen sind die Auswirkungen der Kita- und Schulschließungen zu spüren. Eltern müssen zu Hause auf die Kinder aufpassen, weil die Großeltern zur Risikogruppe gehören und ausnahmsweise nicht bei der Betreuung mithelfen können. In den Personalabteilungen stellt sich deshalb die Frage, wie lange Eltern wegen der Kinderbetreuung nicht arbeiten müssen und wie sich die Betreuung auf den Verdienst auswirkt.
Der Gesetzgeber hat das Problem erkannt und – vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats – nun eine Lösung in Form einer Neuregelung von § 56 Infektionsschutzgesetz (IfSG) auf den Weg gebracht (BT-Drucks. 19/18111): In das IfSG wird ein zunächst bis Jahresende befristeter Entschädigungsanspruch für Verdienstausfälle bei behördlicher Schließung von Schulen und Kitas aufgenommen. Dadurch sollen Entgelteinbußen, die Eltern für die Dauer der Betreuung von Kindern bis zum zwölften Lebensjahr erleiden, reduziert werden.
Um den Entschädigungsanspruch auszulösen dürfen keine anderen Betreuungsmöglichkeiten oder Möglichkeiten der bezahlten Freistellung bestehen, z.B. durch Abbau von Arbeitszeitguthaben und wohl auch Resturlaubsguthaben. Voraussetzung ist also zunächst ein echter Entgeltausfall durch die Kinderbetreuung. Für Zeiträume, in denen die Kita oder Schule wegen Ferien ohnehin nicht geöffnet gewesen wäre, besteht jedoch kein Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung. Bezieher von Kurzarbeitergeld erhalten keine Entschädigung auf Basis der Neuregelung. Die Entschädigung kompensiert den Entgeltausfall auch nicht zu 100 Prozent, sondern orientiert sich am erhöhten Leistungssatz des Kurzarbeitergeldes: Für die maximale Dauer von sechs Wochen erhalten betroffene Arbeitnehmer 67 Prozent des Nettoeinkommens (gedeckelt auf EUR 2.016 pro Monat). Die Abwicklung erfolgt, wie im Infektionsschutzgesetz üblich, in zwei Schritten: Der Arbeitgeber geht in Vorleistung und zahlt die 67 Prozent an den Arbeitnehmer aus. Im zweiten Schritt lässt er sich den Betrag von der zuständigen Behörde erstatten.
Bisher wurde die Frage der Fortzahlung der Vergütung für Zeiten der Kinderbetreuung durch eine kaum zu überblickende Einzelfallrechtsprechung zu § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Belastbare Aussagen waren kaum möglich, Arbeitgeber und Arbeitnehmer waren mit erheblicher Rechtsunsicherheit konfrontiert. Bei mehrwöchigen Schulschließungen hätte die Regelung des § 616 BGB zudem ohnehin nicht geholfen, da ihre Anwendung auf wenige Tage beschränkt ist. Daher ist es positiv zu bewerten, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des § 616 BGB erst gar nicht versucht wurde. Dieses Vorgehen hätte die Arbeitgeber in der ohnehin schon angespannten Situation finanziell nur noch weiter belastet. Die nun geschaffene Lösung regelt klare Anspruchsvoraussetzungen und führt bei den Arbeitgebern nicht zu finanziellen Mehrbelastungen. Die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen ist auf Verlangen des Arbeitgebers vom Arbeitnehmer nachzuweisen.
Form- und Fristvorschriften mit Blick auf die Erstattungsanträge sind aktuell noch nicht bekannt. Es bleibt abzuwarten, ob auf das bereits bekannte Verfahren der Erstattung bei Quarantäneanordnungen zurückzugreifen ist. In diesem Fall wären Erstattungsanträge innerhalb von drei Monaten an die zuständige Landesbehörde zu stellen. In diesem Zusammenhang ist auch zu prüfen, wie sich etwaige Regelungen im Unternehmen zur bezahlten Freistellung für die Kinderbetreuung auf den Erstattungsanspruch auswirken. Solche Regelungen könnten sich im Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag finden.
Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte Martin Biebl.