Landesarbeitsgericht Hessen vom 9. Dezember 2019 - 16 Sa 839/19
Äußert ein Arbeitnehmer den Wunsch, man möge ihm kündigen und kommt der Arbeitgeber diesem Wunsch nach, ist eine anschließende Kündigungsschutzklage nicht treuwidrig.
Der Arbeitnehmer beantragte Gewährung von Urlaub. Als der Arbeitgeber ihm diesen nicht bewilligte, bat er darum, der Arbeitgeber möge das Arbeitsverhältnis beenden. Am folgenden Tag erschien er nicht zum Dienst und meldete sich vorerst arbeitsunfähig krank. Der Arbeitgeber kam dem Wunsch nach Kündigung nach und beendete das Arbeitsverhältnis. Die hiergegen erhobene Kündigungsschutzklage hielt er für rechtsmissbräuchlich.
Das LAG urteilte, die Erhebung der Kündigungsschutzklage trotz eines zuvor geäußerten Wunsches, der Arbeitgeber solle kündigen, sei nicht rechtsmissbräuchlich. Anderenfalls käme dies einem unwirksamen Vorausverzicht auf Erhebung der Kündigungsschutzklage gleich. Daneben sahen die Richter einen Wertungswiderspruch zum gesetzlichen Schriftformerfordernis bei einer Kündigung: Bei einem mündlich geäußerten Wunsch nach einer solchen sei der Arbeitnehmer ansonsten weniger geschützt, als bei einer von ihm selbst ausgesprochenen Kündigung.
Das Urteil bringt grundsätzlich keine Neuerungen mit sich. Die Regelung des § 623 BGB (Schriftform bei Kündigungen) sieht ohne Ausnahme vor, dass die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses schriftlich erfolgen muss. Käme nun ein mündlich geäußerter Wunsch eines Arbeitnehmers – womöglich aus einer Affektsituation heraus – einem Klageverzicht gleich, würde dies eine Umgehung des Schriftformerfordernisses bedeuten.
Äußert ein Arbeitnehmer den Wunsch, das Arbeitsverhältnis beenden zu wollen und will der Arbeitgeber eine nachfolgende Kündigungsschutzklage vermeiden, sollte er mit dem Arbeitnehmer schriftlich einen Aufhebungsvertrag abschließen. Denkbar wäre außerdem, nach Ausspruch einer Kündigung mit dem Arbeitnehmer im Rahmen eines sogenannten Abwicklungsvertrags den Verzicht auf Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu vereinbaren. Diesen Verzicht muss sich der Arbeitgeber aber meist „erkaufen“, dem Arbeitnehmer also eine Abfindung zahlen. Voraussetzung für beides ist das Einverständnis des Arbeitnehmers.