Fehlt ein Arbeitnehmer an einem einzigen Tag seines Arbeitsverhältnisses unentschuldigt, rechtfertigt das in der Regel keine außerordentliche fristlose Kündigung. Das gilt auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis erst zwei Tage bestanden hat. Für eine ordentliche Kündigung während der Probezeit dürfen die Arbeitsvertragsparteien keine abweichende Vereinbarung von den gesetzlich vorgesehenen zwei Wochen vornehmen.
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von zwei Kündigungen in der Probezeit. Bereits zwei Arbeitstage nach Beginn der Beschäftigung fehlte die Arbeitnehmerin einen Tag unentschuldigt. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit der im Arbeitsvertrag vereinbarten, einwöchigen Probezeitkündigungsfrist. Nach Zugang der ordentlichen Kündigung erschien die Arbeitnehmerin zwei Tage zunächst unentschuldigt nicht zur Arbeit. Aus diesem Grund kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Die Arbeitnehmerin reichte später für den zweiten Fehltag eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nach und erhob Kündigungsschutzklage.
Das LAG schloss sich der Entscheidung des Arbeitsgerichts an, die Arbeitnehmerin obsiegte. Das Fernbleiben von der Arbeit kann, wenn es den Grad der beharrlichen Arbeitsverweigerung erreicht, zwar grundsätzlich einen wichtigen Grund zur fristlosen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses abgeben. Das LAG bestätigte aber, dass das Fehlen eines Arbeitnehmers an bloß einem einzigen Arbeitstag regelmäßig nicht geeignet sei, eine außerordentliche fristlose Kündigung ohne Ausspruch einer vorhergehenden Abmahnung zu rechtfertigen. Vielmehr verbleibt es bei dem Grundsatz, dass Arbeitnehmer durch eine Abmahnung auf ihre Pflichtverletzung hingewiesen werden müssen. Auch die kurze Dauer des Arbeitsverhältnisses spreche nicht gegen die Annahme, dass die Arbeitnehmerin trotz Kündigungsandrohung ihr Verhalten in Zukunft nicht ändern werde.
Im Hinblick auf die ordentliche Kündigung und die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist, urteilte das LAG, dass eine einzelvertragliche Vereinbarung, die eine Verkürzung der gesetzlichen Kündigungsfrist von zwei Wochen auf eine Woche vorsieht, unwirksam ist. Als Begründung wurde angeführt, dass § 622 Absatz Abs. 3 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch nicht zur Disposition der Arbeitsvertragsparteien stehe. Zwar haben Tarifvertragsparteien die Möglichkeit der Vereinbarung kürzerer Kündigungsfristen, Arbeitsvertragsparteien aber nicht. Hierin sei auch keine gleichheitswidrige Behandlung zu sehen, da die Verhandlungsparität von Tarifvertragsparteien nicht mit der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu vergleichen ist. Die Revision wurde nicht zugelassen.
In Fortführung der ständigen Rechtsprechung des BAG zeigt sich abermals, dass der Arbeitgeber vor (außerordentlichen, fristlosen) verhaltensbedingten Kündigungen im Regelfall zunächst abmahnen muss. Es bedarf nach der Rechtsprechung stets einer Einzelfallabwägung, ob auch bei mehreren unentschuldigten Fehltagen noch abzumahnen ist. In die Abwägung sind insbesondere einschlägige vorhergehende Abmahnungen einzubeziehen. Hieran ändert auch ein besonders kurzes Bestehen des Arbeitsverhältnisses nichts. Von einem „Schnellschuss“ in Form einer (außerordentlichen, fristlosen) Kündigung sollte daher abgesehen werden. Für die Wirksamkeit von individuellen Kündigungsfristen gilt, dass eine Abweichung nur im Geltungsbereich von Tarifverträgen möglich ist.
Auch bei nur kurzer Betriebszugehörigkeit finden die allgemeinen Grundsätze zur verhaltensbedingten, außerordentlichen und fristlosen Kündigung Anwendung. Vor Ausspruch muss daher in jedem Fall eine Überprüfung der Verhältnismäßigkeit der Kündigung an sich vorgenommen werden. Erst wenn sie erfolgt ist, kann die Kündigung rechtmäßig ausgesprochen werden.