Ihre
Suche

    08.07.2024

    Handspiel: Was die Fußball-Europameisterschaft mit dem EU-Datenrecht zu tun hat


    Während das Land noch diskutiert, ob die Entscheidung von Schiedsrichter Taylor richtig war, Deutschland den Hand-Elfmeter zu verweigern, machen wir uns dazu ganz unaufgeregt ein paar Gedanken aus Sicht des EU-Datenrechts.

    Wer die Spiele Deutschland gegen Dänemark und Deutschland gegen Spanien verfolgt hat, hat nicht nur Visualisierungen von Abseitssituationen erlebt, sondern auch gelernt: so ein Fußball hat heutzutage mehr Intus als heiße Luft, nämlich einen Sensor. Dieser misst in hoher Frequenz die exakte Position des Balls und kann so auch erkennen, wann der Ball berührt wird – wichtig für die Frage, ob der Ball die Hand eines Spielers berührt hat oder in welchem Moment er die Fußspitze berührt hat, was für die Beurteilung von Abseitssituationen wichtig sein kann. Informationen also, die den Videoschiedsrichtern zur Verfügung gestellt werden.

    Damit wird es sich bei dem Ball um ein so genanntes vernetztes Produkt im Sinne des EU-Datengesetzes (auch bekannt als Data Act) handeln, die zugehörige Software könnte ein verbundener Dienst sein. Wenn der Data Act im September 2025 in Kraft tritt, wird sich auch für unseren Ball einiges ändern.

    Vernetzte Produkte und damit verbundene Dienste müssen dann nämlich ermöglichen, dass die von ihnen erhobenen Daten für den Nutzer in einem gängigen und maschinenlesbaren Format zugänglich sind – nach Möglichkeit direkt. Soweit kein solcher Direktzugriff möglich, müssen dem Nutzer die Daten auf Anfrage übermittelt werden.

    Kann also künftig jeder Kicker als "Nutzer" des Fußballs ein Kabel in das Leder stecken, um die Daten zu extrahieren? Eher nicht: „Nutzer“ wird im Data Act definiert als eine natürliche oder juristische Person, die ein vernetztes Produkt besitzt oder der vertraglich zeitweilige Rechte für die Nutzung des vernetzten Produkts übertragen wurden. Ob ein kurzzeitiger Ballbesitz hierfür ausreicht, ist sehr fraglich – Nutzer dürfte aber die UEFA sein (oder bei Weltmeisterschaften die FIFA).

    In dem Verhältnis zwischen der UEFA und adidas als Hersteller des offiziellen Balls "FUSSBALLLIEBE" wird wohl ohnehin vertraglich geregelt sein, dass die Daten an die UEFA gehen. Spätestens bei der nächsten EM oder WM ist dann aber von Gesetzes wegen definiert, dass adidas im Grundsatz wirklich alle Daten herausgeben muss, die der Ball – wie auch immer er dann heißen wird – erhebt. Die – in anderen Bereichen nicht ganz einfache – Frage der Rechte der Spieler dürfte hier kaum eine Rolle spielen, allenfalls könnte adidas einen (sehr begrenzten) Schutz für Geschäftsgeheimnisse in Anspruch nehmen.

    Spätesten dann, wenn UEFA oder FIFA Schiri Taylor durch eine automatisierte Entscheidungsfindung ersetzen wollte, käme aber das Datenschutzrecht ins Spiel: dieses schränkt die automatisierte Entscheidungsfindung im Einzelfall stark ein.

    Was der Data Act für andere Unternehmern bedeutet, lesen Sie in unseren weiteren Blogbeiträgen:
    Das EU-Datengesetz (Data Act): Relevanz für Unternehmen – Internet der Dinge und darüber hinaus | Advant Beiten (advant-beiten.com)
    Cloud-, SaaS- und Edge-Geschäftsmodelle unter Feuer | Advant Beiten (advant-beiten.com)

    Dr. Andreas Lober

    Nur (rechts)sicher ist smart ‒Juristische Leitlinien für KI in der Unternehmenskommunikation
    Künstliche Intelligenz in der Unternehmenskommunikation – Chancen nutzen, rechtl…
    Weiterlesen
    Digital- und Medienpolitik im Koalitionsvertrag von Union und SPD
    Nachdem die SPD-Basis durch ihr Mitgliedervotum diese Woche den Weg für eine neu…
    Weiterlesen
    Wird die neue Bundesregierung die unzureichenden rechtlichen Rahmenbedingungen für die Restitution von NS-Raubkunst verbessern?
    1. Koalition bekennt sich zur Verantwortung Spätestens seit die Süddeutsche Zei…
    Weiterlesen
    Förderungen und Subventionen im Koalitionsvertrag 2025: Chancen für Wirtschaft, Forschung und Bildung
    Der am 9. April 2025 vorgestellte Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ma…
    Weiterlesen
    Die KI-Verordnung: Anwendung ab dem 2. Februar 2025 und damit verbundene Pflichten
    Am 1. August 2024 ist die europäische Verordnung über künstliche Intelligenz (Ve…
    Weiterlesen
    Technologietransfer in Joint Ventures, Export- und Investitionskontrolle
    Dr. Christian von Wistinghausen, Lelu Li und Danielle Golinski analysieren in ih…
    Weiterlesen
    ADVANT Beiten berät Banyan Software bei Übernahme von FoxInsights
    Freiburg, 10. Februar 2025 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten…
    Weiterlesen
    Goodbye OS-Plattform: Was (nicht mehr) zu tun ist
    Vor gut einem Jahr hat die Europäische Kommission eine Reform zur alternativen S…
    Weiterlesen
    Tattoos in Videospielen - und was das Fototapeten-Urteil des BGH damit zu tun haben könnte
    Die Abbildung von Tätowierungen realer Personen, zumeist Sportlern, in Videospie…
    Weiterlesen