Wenn der Tank leer ist, haben Autofahrer viele Entscheidungen zu treffen: An welcher Tankstelle wird getankt? An der nächsten oder reicht es noch zur übernächsten? Wenn die Tankstelle gefunden ist, welcher Kraftstoff wird getankt, Diesel, Benzin, Super Plus oder Ultimate / V-Power? Tankende, die in Gedanken Diesel für einen Benzinmotor getankt haben, werden das nicht mehr vergessen. Und am Ende stellt sich die Frage, ob bezahlt wird und wenn ja wie. Wenn nicht bezahlt werden sollte, ist das eine Straftat und damit nicht mehr Gegentand unseres arbeitsrechtlichen Blogs. Der Tankende hat aber zu entscheiden, ob er privat tankt oder die dienstliche Tankkarte nutzt. Die Entscheidung ist damit Diesel, Benzin oder – bei nicht sachgerechter Nutzung der dienstlichen Tankkarte – die Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
aus meiner Erfahrung weiß ich, dass dienstliche Tankkarten häufig von Arbeitnehmer „missbraucht“ werden. Tanken wird immer teurer und an der Zapfsäule ist der Arbeitgeber (gedanklich) weit entfernt. Ein Tankkartenmissbrauch ist ebenfalls eine strafbare Handlung und kann ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses darstellen. Das LAG Niedersachsen hat im Urteil vom 29.03.2023 (2 Sa 313/22) eine außerordentliche Kündigung ohne vorherige Abmahnung als gerechtfertigt angesehen.
Die Tankkarte im Arbeitsverhältnis erleichtert die Abrechnung. Für Dienstreisen oder bei Arbeitnehmern mit Dienstwagen zur Privatnutzung muss der Arbeitnehmer die Kosten für die Betankung des Fahrzeugs nicht mit eigenen finanziellen Mitteln vorstrecken, sondern kann die dienstliche Tankkarte nutzen. An den rechtlichen Voraussetzungen ändert sich nichts. Mit der Tankkarte ist der Arbeitnehmer nur berechtigt, die Tankkarte nach den arbeitsvertraglichen Regelungen oder den Regelungen des Dienstwagenüberlassungsvertrags einzusetzen.
Einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB zur außerordentlichen fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses liegt typischerweise vor, wenn der Arbeitnehmer ein Vermögensdelikt zum Nachteil seines Arbeitgebers begeht. Ein häufiger Fall ist der sogenannte „Spesenbetrug“. Beim Spesenbetrug täuscht der Arbeitnehmer den Arbeitgeber oder eine dritte Person (Tankwart) und führt so zu einem Vermögensschaden beim Arbeitgeber. Es gibt zahlreiche Rechtsprechung zur missbräuchlichen Verwendung einer Tankkarte, die diesen Sachverhalt in strafrechtlicher Hinsicht als Betrug qualifizieren.
Der Arbeitnehmer war im Vertrieb tätig und verdiente über EUR 15.000,00 brutto monatlich. Der Arbeitnehmer erhielt einen BMW 320d Touring (Diesel) mit einem Tankvolumen von 59 Litern als Dienstwagen. Der Arbeitnehmer erhielt zwei Tankkarten, die er nur für seinen Dienstwagen nutzen durfte. Der Arbeitnehmer nahm mit den dienstlichen Tankkarten Tank- und Cabrio-Waschvorgänge bei seinem Privatfahrzeug Porsche 911 Cabrio mit Superkraftstoff als auch bei seinem Privatfahrzeug VW Touareg vor. Beispielsweise nutzte der Arbeitnehmer die dienstliche Tankkarte, um eine Cabrio-Pflege an seinem Privatfahrzeug Porsche 911 Cabrio vorzunehmen. Beispielsweise betankte er sein Privatfahrzeug VW Touareg mit mehr als 59 Litern. Der Arbeitgeber kündigte das mit dem Arbeitnehmer bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos. Eine Abmahnung ist vorher nicht erfolgt.
Das LAG Niedersachsen hat festgestellt, dass die außerordentliche Kündigung wirksam ist. Ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB kann auch in der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten liegen. Das LAG Niedersachsen hat es als erwiesen angesehen, dass der Arbeitnehmer von Mai 2019 bis Oktober 2021 in 28 Fällen die dienstliche Tankkarte genutzt hatte, um Superkraftstoff im Wert von EUR 1.834,07 zu erwerben und in 10 Fällen von Februar 2018 bis Juni 2021 Dieselkraftstoff in einer Bandbreite von 66 bis 90 Litern in einem Gesamtwert von EUR 953,98 mit der dienstlichen Tankkarte zu bezahlen. Der Arbeitnehmer habe die dienstlichen Tankkarten entgegen der Dienstwagenrichtlinie und entgegen den Weisungen des Arbeitgebers genutzt und den Arbeitgeber mit knapp EUR 3.000,00 geschädigt. Die Behauptung des Arbeitnehmers, er habe seinen Privatwagen zu dienstlichen Zwecken genutzt, entlastet ihn nicht.
Verhaltensbedingte Kündigungen außerordentlich als auch ordentlich sind häufig schwer gerichtlich durchzusetzen. Bei strafbaren Handlungen, insbesondere bei einem Spesenbetrug halten die Arbeitsgerichte häufige auch ohne Abmahnung die Kündigung für rechtmäßig.
Mit herzlichen (arbeitsrechtlichen) Grüßen
Ihr Dr. Erik Schmid