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    03.12.2023

    Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – Auflösung des Betriebsrats


    Diese Redewendung meint ein Ereignis, das für sich betrachtet nicht spektakulär und nicht besonders schlimm ist, das aber aufgrund von zahlreichen ähnlichen vorherigen Ereignissen die Grenze des Tolerierbaren oder Erlaubten überschreitet und dazu führt, dass eine Situation eskaliert. Die Situation eskaliert so, als ob ein einmaliges gravierendes Ereignis geschehen wäre.

     

    Liebe Leserin, lieber Leser,

     

    auch im Arbeitsrecht gibt es rechtliche Tropfen, die das Arbeitgeber-Fass zum Überlaufen bringen. Eine einmalige Verspätung wird häufig toleriert. Es kann jedoch das mehrfache unentschuldigte, um wenige Minuten zu spät zur Arbeit erscheinen, eine Kündigung rechtfertigen. Über eine Vielzahl von Pflichtverstößen und die Frage einer gerichtlichen Auflösung des Betriebsrats hatte das Arbeitsgericht Elmshorn im Beschluss vom 23.08.2023 ‑ 3 BV 31 e/23 zu entscheiden.

     

    Gerichtlichen Auflösung des Betriebsrats gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG

     

    Ein Betriebsrat kann gemäß § 23 Abs. 1 BetrVG auf Antrag z.B. des Arbeitgebers durch das Arbeitsgericht aufgelöst werden, wenn er objektiv erheblich und offensichtlich schwerwiegend gegen seine gesetzlichen Pflichten verstößt.

     

    Arbeitsgericht Elmshorn im Beschluss vom 23.08.2023 ‑ 3 BV 31 e/23

     

    Das Arbeitsgericht Elmshorn hatte über den Antrag zur Auflösung des Betriebsrats zu entscheiden. Die Auflösung beantragten mehr als ein Viertel der Belegschaft sowie die Arbeitgeberin. Es lagen diverse Pflichtverletzungen vor. Der Betriebsrat… 

     

    • hat sich z.B. vor Gericht auf eine falsche Versicherung an Eides Statt berufen,
    • nimmt für seine Betriebsratsarbeit bezahlte Freistellung im Gesamtumfang von mehr als drei zusätzlichen Vollzeitstellen in Anspruch,
    • kontrolliert mehrere Tage/Woche mit mehreren Mitgliedern Dienstpläne ohne Erfordernis,
    • nahm ebenfalls ohne Erfordernis mit einem Großteil des Gremiums an einer Gerichtsverhandlung teil,
    • machte jeweils ganztägig Betriebsratsarbeit ohne ausreichende Zeitangaben, sodass die Mitglieder für den ganzen Tag ausgeplant werden mussten,
    • hat auf einer Betriebsratsversammlung Gesundheitsdaten von Mitarbeitern weitergegeben,
    • führte eine doppelte Personalakte, in dem er alle Dienstpläne, Krankheitsmitteilungen und Urlaubsanträge ausdruckt und in eigenen Aktenordnern ablegt,
    • schließt den Geschäftsführer der Arbeitgeberin und weitere Personen der Leitungs-ebene von der Teilnahme an der Betriebsversammlung aus.,
    • führt auch Sprechstunden durch, ohne sich vorher mit der Arbeitgeberin auf Zeit und Ort geeinigt zu haben.

     

    Das Arbeitsgericht Elmshorn hat entschieden dass auch einzelne Verstöße zwar für sich genommen noch keine Auflösung rechtfertigen, sich aber aus der Gesamtschau mehrerer Gesetzesverstöße die Untragbarkeit der weiteren Amtsausübung ergeben können. Als Verstoß kommt bspw. die grundsätzliche Missachtung der Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit in Frage.

     

    Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße aus München

    Ihr Dr. Erik Schmid

     

    Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.

     

    Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.