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    03.05.2020

    Coronavirus und die schrittweise Erhöhung des Kurzarbeitergeldes


    Das Geschäftsgeheimnisschutzgesetz feiert in diesen Tagen ersten Geburtstag. Es trat am 26.04.2019 in Kraft. Für meinen arbeitsrechtlichen Blog in dieser Woche hatte ich ursprünglich den Titel Happy Birthday GeschGehG vorgesehen. Geburtstage finden zwar statt, sie werden bzw. dürfen aber aufgrund von Corona derzeit nicht gefeiert werden. Der erste Geburtstag des GeschGehG hat deshalb auch an Bedeutung verloren. Das einzige Geheimnis, das viele interessiert, ist ein Impfstoff gegen Corona. Der Geburtstag wird damit nicht gefeiert, Geschenke werden aber dennoch großzügig verteilt.

     

    Liebe Leserin, lieber Leser,

     

    am 22.04.2020 hat sich die große Koalition auf eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes geeinigt und damit großzügige Geschenke verteilt. Was bedeutet das?

     

    Ausgangssituation

     

    Kurzarbeitergeld, als Leistung aus der Arbeitslosenversicherung, soll den Verdienstverlust ausgleichen, den Arbeitnehmer aufgrund der Arbeitszeitreduzierung erleiden. Während einer Kurzarbeitsphase erhalten Arbeitnehmer für die anteilig tatsächlich geleistete Arbeit auch die entsprechende anteilige Vergütung. Zusätzlich erhalten die Arbeitnehmer für die ausgefallene Arbeitszeit Kurzarbeitergeld. Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Netto-Entgeltausfall. Das Kurzarbeitergeld beträgt grundsätzlich 60 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts. Wenn mindestens ein Kind im Haushalt des Arbeitnehmers lebt, beträgt das Kurzarbeitergeld grundsätzlich 67 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Netto-Entgelts.

     

    Kurzarbeitergeld bei unter 50 Prozent reduzierter Arbeitszeit

     

    Die gesetzliche Erhöhung des Kurzarbeitergeldes betrifft nicht Arbeitsverhältnisse, die von weniger als 50 Prozent reduzierter Arbeitszeit betroffen sind. Wenn beispielsweise durch Kurzarbeit die Arbeitszeit um 30 Prozent reduziert wird, greift die gesetzliche Neuerung nicht ein und die Höhe des Kurzarbeitergeldes bleibt weiterhin bei 60 Prozent bzw. 67 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts.

     

    Erhöhung des Kurzarbeitergeldes

     

    In Arbeitsverhältnissen, in denen mindestens 50 Prozent reduziert gearbeitet wird, wird das Kurzarbeitergeld gestaffelt angehoben. In den ersten drei Monaten der Kurzarbeit verbleibt es bei den Leistungssätzen 60 Prozent/67 Prozent. Ab dem 4. Monat bis einschließlich zum 6. Monat wird das Kurzarbeitergeld auf 70 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts, bzw. auf 77 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts, wenn mindestens ein Kind im Haushalt lebt, erhöht. Ab dem 7. Monat der Kurzarbeit wird – bei mindestens 50 prozentigem Ausfall der regulären Arbeitszeit – das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts bzw. 87 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts bei Arbeitnehmern mit Kind im Haushalt erhöht.

     

    Diese für den Bund äußerst teure Erhöhung des Kurzarbeitergeldes gilt nur vorübergehend für die Corona-Krise und damit nach derzeitiger Regelung bis 31.12.2020.

     

    Verhältnis zwischen vereinbarter und gesetzlicher Aufstockung

     

    Viele Arbeitgeber haben das bisherige Kurzarbeitergeld (60 Prozent/67 Prozent) freiwillig in Betriebsvereinbarungen oder individualvertraglichen Regelungen aufgestockt. Bis 80 Prozent war dies sozialversicherungsfrei möglich. Die sozialversicherungsfreie Aufstockung betrug bisher damit 20 Prozent/13 Prozent. Eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes war zu Beginn des Coronavirus´ in Deutschland nicht absehbar. Es könnte deshalb die Frage aufkommen, ob die Aufstockung des Arbeitgebers bis zu der vereinbarten Grenze in Höhe von z.B. 80 Prozent erfolgt und damit bei der gestaffelten Erhöhung angerechnet oder irgendwann überholt wird oder ob die Regelung so zu verstehen ist, dass ein gewisser Prozentsatz jeweils auf die aktuell gültige gesetzliche Regelung hinzugerechnet wird. Dies könnte zu kuriosen Ergebnissen führen. Beispielsweise bei Arbeitnehmern, bei denen von 67 Prozent um 20 Prozent auf 87 Prozent aufgestockt wurde, die ab dem 7. Monat nicht wie gesetzlich vorgesehen 87 Prozent, sondern dann 107 Prozent des pauschalierten Netto-Entgelts erhalten würden. Dies ist kurios und kann nicht gewollt sein. Arbeitnehmer mit Kurzarbeit würden dann für das gezwungene Nichtstun mehr netto erhalten, als Arbeitnehmer, die arbeiten.

     

    Bei zukünftigen Vereinbarungen mit den Betriebsräten und den Arbeitnehmern über die Kurzarbeit ist eine Anrechnung gesetzlicher Erhöhungen bei den Aufstockungsbeträgen aber zwingend zu berücksichtigen.

     

    Schöne und teure Geschenke von der Bundesregierung. Es wäre dennoch schöner, wieder Geburtstagspartys feiern zu dürfen.

     

    Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße und bleiben Sie Gesund

     

    Ihr Dr. Erik Schmid

     


    Hinweis: Dieser Blog-Beitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.

     

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