„Alle elf Minuten verliebt sich ein Single über Parship“. Zumindest nach dem Werbeslogan einer Online-Partnervermittlung. Dies wäre natürlich schön. Diesen Werbe-Slogan habe ich leicht abgewandelt: „Alle elf Minuten verstreitet sich ein Betriebsrat mit dem Arbeitgeber“. Das Betriebsverfassungsgesetz sieht zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit vor. Dennoch gibt es natürlich über die betriebsverfassungsrechtlichen Themen häufig unterschiedliche Meinungen. Für diese Streitigkeiten gibt es verschiedene Instrumente im Betriebsverfassungsgesetz. Nach der Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 23.06.2020 (14 TaBV 75/19) darf der Betriebsrat jedoch die Zusammenarbeit mit dem Arbeitgebervertreter nicht verweigern.
ob es tatsächlich in Deutschland alle elf Minuten Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber gibt, ist von mir lediglich gemutmaßt und basiert auf keiner Statistik. In meiner tagtäglichen Praxis erlebe ich aber, dass es über eine Vielzahl von Themen, wie Vergütung, Arbeitszeiten, Home-Office, Einstellung, Versetzung, Ein- oder Umgruppierung, Personalabbau, Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, etc., Streitigkeiten gibt.
Arbeitgeber und Betriebsrat arbeiten vertrauensvoll zum Wohle der Arbeitnehmer und des Betriebs zusammen (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Dies ist eine Verhaltensregelung für die Betriebsparteien und zeigt auf, dass es Interessengegensätze geben kann. Diese teilweise unterschiedliche Interessenwahrnehmung soll jedoch mit dem Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme erfolgen.
Das Betriebsverfassungsgesetz sieht für Meinungsverschiedenheiten konkrete Lösungsinstrumente vor. Wenn über ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (z.B. Wochenendarbeit, Überstunden, Vergütungsfragen, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit) keine Einigung erzielt werden kann, besteht das Instrument der Einigungsstelle. Jede Betriebspartei kann die Einigungsstelle anrufen und eine Entscheidung herbeiführen. Als andere Lösungsmöglichkeit kann bei personellen Einzelmaßnahmen, wie Einstellung, Versetzung, Ein- oder Umgruppierung (§ 99 BetrVG) oder bei zustimmungspflichtigen Kündigungen eines Betriebsratsmitglieds (§ 103 BetrVG) bei verweigerter Zustimmung des Betriebsrats die Zustimmung im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens ersetzt werden.
Das Betriebsverfassungsgesetz geht davon aus, dass über die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats gesprochen und verhandelt wird. Wenn die Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien nicht ausreichen, gibt es die gesetzlich vorgesehenen Lösungsmöglichkeiten. Das Betriebsverfassungsgesetz setzt jedoch voraus, dass grundsätzlich verhandelt wird. Zu einzelnen Punkten können die Betriebsparteien auch Verhandlungen abbrechen oder nicht aufnehmen, dann kann die Einigungsstelle eingesetzt werden. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz ist es jedoch nicht möglich, dass der Betriebsrat die Zusammenarbeit mit dem vom Arbeitgeber bestimmten Vertreter grundsätzlich verweigert. Dies kann eine grobe Pflichtverletzung im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG darstellen und zur Auflösung des Betriebsrats oder zum Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds führen.
Das Betriebsratsgremium darf sich nicht weigern, mit dem vom Arbeitgeber als zuständigen Ansprechpartner benannten Personalleiter zusammenzuarbeiten. Das LAG Düsseldorf hat entschieden, dass der Betriebsrat in diesem Fall auf Antrag des Arbeitgebers aufgelöst wird. Es liege eine objektiv erhebliche Pflichtverletzung vor. Der Arbeitgeber darf den Ansprechpartner bestimmen. Durch die Nichtzusammenarbeit mit dem Personalleiter hat der Betriebsrat offenkundig und schwerwiegend gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit verstoßen.
Alle elf Minuten wünsche ich Ihnen das, was Sie sich wünschen.
Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße
Ihr Dr. Erik Schmid
Hinweis: Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.