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    13.01.2025

    ADVANT Beiten Mandantin erzielt Erfolg vor dem OLG Köln im Maskenlieferstreit

    Pressemitteilungen

    München, 10. Januar 2025 – Die internationale Wirtschaftskanzlei ADVANT Beiten hat eine Mandantin bei der Durchsetzung ihrer Kaufpreiszahlung gegen die Bundesrepublik Deutschland aus einem Vertrag über Schutzausrüstung erfolgreich vertreten. Der achte Senat des OLG Köln hat am Donnerstag, den 09. Januar 2025, die Berufung der Bundesrepublik Deutschland abgewiesen (Urteil des OLG Köln in der Sache Lieferantin./. Bundesrepublik Deutschland – 8 U 46/23). Das LG Bonn hatte der Klage der Lieferantin auf Kaufpreiszahlung aufgrund der Lieferungen von Schutzmasken im Rahmen des Open-House Verfahrens aus dem März / April 2020 gegen die Bundesrepublik Deutschland erstinstanzlich mit Urteil vom 16. Oktober 2023 stattgegeben und die Eventualwiderklage der Bundesrepublik Deutschland voll abgewiesen (LG Bonn in der Sache Lieferantin./. Bundesrepublik Deutschland – 1 O 321/21, vgl. Pressemitteilung vom 16. Oktober 2023). 

    Damit wurde für einen weiteren abgeschlossenen Vertrag festgestellt, dass beide Vertragsparteien ihre vertraglichen Pflichten zu erfüllen haben. Die Position der rechtshilfesuchenden Lieferanten, welche einen wirksamen Vertrag mit der Bundesrepublik Deutschland geschlossen haben, wird durch dieses Urteil weiter gestärkt.

    Der achte Senat des OLG Köln hat sich in seinem Urteil der Argumentation der Klägerin angeschlossen, dass auf den im Rahmen des Open-House Verfahrens geschlossenen Kaufvertrag bei nicht in Deutschland ansässigen Lieferanten das CISG (UN-Kaufrechts-Übereinkommen) Anwendung findet und dass die Bundesrepublik Deutschland einerseits ihr Recht, die Aufhebung des Vertrages zu erklären, gemäß Art. 49 Abs. 2 CISG, verloren hat und andererseits mangels der Vereinbarung eines Fixgeschäfts dazu verpflichtet war, der Lieferantin vor Erklärung des Rücktritts eine Nachfrist zu setzen.

    Die Lieferantin aus China hatte am Open-House Verfahren des Bundesministeriums für Gesundheit zur Beschaffung von Schutzausrüstung während der Coronapandemie teilgenommen und 1 Mio. Masken geliefert. Von diesen Masken rügte die Bundesrepublik Deutschland 213.840 Masken als mangelhaft und erklärte erst sieben Wochen nach Anlieferung der Masken und erst sechs Wochen nach der Qualitätsprüfung den Teilrücktritt vom Kaufvertrag. Nach der Auffassung des achten Senats des OLG Köln steht der Lieferantin für die beanstandeten Masken ein Anspruch auf den Kaufpreis nach Art. 53 CISG zu. Die Bundesrepublik Deutschland kann sich nach Ansicht des achten Senats auch nicht auf die Vertragswidrigkeit der Ware berufen, weil sie ihre Obliegenheit rechtzeitiger Rüge aus Art. 39 Abs. 1 CISG verletzt und die Vertragswidrigkeit der Ware nicht innerhalb einer angemessenen Frist angezeigt hat. Nach Art. 49 Abs. 2 lit. b) i) CISG hat der Käufer die Vertragsaufhebung innerhalb einer angemessenen Frist zu erklären, nachdem er die Vertragsverletzung kannte oder kennen musste. Hinzu kommt, dass der achte Senat sich der in 2024 geäußerten Auffassung des sechsten Senats dahingehend, dass ein Fixgeschäft im Rahmen des Open-House Vertrags nicht wirksam vereinbart werden kann, anschließt. Denn auch nach dem Leitbild des CISG ist dem Lieferanten vor Erklärung der Vertragsaufhebung eine Nachfrist zu setzen und die Lieferanten werden durch eine Klausel, welche den automatischen Entfall der gegenseitigen Leistungspflichten regelt, unangemessen benachteiligt. Die AGB-Kontrolle richtet sich nach unvereinheitlichtem deutschem Recht. Hinsichtlich der Inhaltskontrolle enthält das CISG keine Regelungen, so dass das nach dem internationalen Privatrecht bestimmte Vertragsstatut Anwendung findet. Soweit die Inhaltskontrolle sich auf die Prüfung der Abweichung von einem gesetzlichen Leitbild erstreckt, sind im Anwendungsbereich des CISG dessen Vorschriften maßgeblich. Auch sind im Rahmen des CISG, wie ebenfalls im rein nationalen deutschen Recht, Nachfristen zu setzen, bevor die Vertragsaufhebung erklärt werden kann. Die Fixklausel der Bundesrepublik Deutschland widerspricht dem Leitbild des CISG, da dieses regelmäßig deutlich strenger ist als das deutsche Kaufrecht, betreffend des Festhaltens am Vertrag. Die Rechtsfigur des absoluten Fixgeschäfts, bei dessen Vorliegen die Versäumung des Liefertermins die Rechtsfolgen der Unmöglichkeit durch automatisches Entfallen der wechselseitigen vertraglichen Pflichten nach sich zieht, ist dem CISG als solche unbekannt. Das CISG sieht die Vertragsaufhebung vor, die voraussetzte, dass entweder eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt (Art. 49 Abs. 1 lit. a) CISG) oder die gemäß Art. 47 Abs. 1 CISG zu setzende Nachfrist fruchtlos verstrichen ist (Art. 49 Abs. 1 lit. b)CISG). Beide Voraussetzungen werden durch § 3 2 S. 4 des Open-House Vertrages nach Ansicht des achten Senats unterlaufen. Nach Auffassung des achten Senats stellt die Nichteinhaltung des Liefertermins keine wesentliche Vertragsverletzung dar. Die Anordnung der Rechtsfolgen eines absoluten Fixgeschäfts im Sinne des deutschen Zivilrechts durch den AGB-Verwender ist nur in Ausnahmefällen möglich. Einen solchen Ausnahmefall sieht der achte Senat unter Berücksichtigung der konkreten Interessenlage als nicht gegeben. Die Lieferantin hat im konkreten Fall auch Masken geliefert, die mangelfrei waren. Es war also nicht von vornherein aussichtslos, dass die Klägerin mangelfreie Masken nachliefert. Die Einrede des nichterfüllten Vertrags greift nicht, denn diese hätte eine eigene Vertragstreue der Bundesrepublik Deutschland vorausgesetzt. Durch ihre unberechtigte Verweigerung der Nacherfüllung hat die Bundesrepublik Deutschland nach der Auffassung des achten Senats auch das Nacherfüllungsrecht nach dem CISG verloren.

    Das klare Urteil des achten Senats des OLG Köln dürfte für die Klagen von weiteren Lieferanten im Open-House Verfahren von hoher Bedeutung sein, da sich nunmehr eine einheitliche Rechtsprechungslinie zu Gunsten der Lieferanten am OLG Köln abzeichnet. 

    ADVANT Beiten vertritt eine Vielzahl mittelständischer Unternehmen bei der Durchsetzung von Forderungen gegen die Bundesrepublik Deutschland aus Verträgen über Schutzausrüstung. 

    Berater Lieferantin:
    ADVANT Beiten: Moritz Kopp (federführend, München), Dr. Philipp Sahm (Frankfurt), Chiara-Lucia Peterhammer, Katharina Reichert (beide München, alle Commercial/Litigation).

    Pressekontakt
    Frauke Reuther
    Kommunikation
    ADVANT Beiten
    +49 (69) 75 60 95 - 570
    frauke.reuther@advant-beiten.com

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