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    06.11.2023

    Abrufarbeit – Ohne Arbeitszeitregelung gelten 20 Stunden als vereinbart


    Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Oktober 2023 – 5 AZR 22/23

     

    Sachverhalt

     

    Die Arbeitnehmerin war seit mehreren Jahren als „Abrufkraft Helferin Einlage“ auf Grundlage eines mit der Rechtsvorgängerin geschlossenen Arbeitsvertrags bei einem Unternehmen der Druckindustrie tätig. Der Arbeitsvertrag enthielt keine Regelung zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Die Mitarbeiterin wurde je nach Bedarf eingesetzt, sodass der zeitliche Umfang der Arbeitszeit variierte. Nachdem die Mitarbeiterin im Vergleich zu den Vorjahren in erheblich geringerem Maße eingesetzt wurde, hat sie sich darauf berufen, ihre Arbeitszeit sei in den Vorjahren in einem zeitlichen Umfang von monatlich durchschnittlich 103,2 Stunden abgerufen worden und sie daher entsprechend zu vergüten sei. Sie verlangte Annahmeverzugslohn, soweit der Abruf ihrer Arbeitsleistung diesen Umfang in den Jahren 2020 und 2021 nicht erreichte.

     

    Entscheidung

     

    Die Klage der Mitarbeiterin war teilweise erfolgreich. Das Arbeitsgericht entschied, dass die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Abrufverhältnis der Parteien bei 20 Stunden liege. Soweit die Arbeitnehmerin in einzelnen Wochen eine Arbeitszeit von weniger als 20 Stunden erbracht hatte, sprach ihr das Gericht einen Annahmeverzugslohn zu. Das BAG hat die vorinstanzlichen Entscheidungen bestätigt. Wird arbeitsvertraglich keine bestimmte Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt, schließt § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG die Regelungslücke und es gilt kraft Gesetzes eine Arbeitszeit von 20 Stunden als vereinbart. Die Annahme einer abweichenden Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei nur dann möglich, wenn die Fiktion des § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG im Arbeitsverhältnis keine sachgerechte Regelung sei und objektive Anhaltspunkte dafür vorlägen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer hätten bei Vertragsschluss bei Kenntnis der Regelungslücke eine andere Bestimmung getroffen und eine höhere oder niedrigere Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbart. Dafür seien von der Mitarbeiterin keine Anhaltspunkte vorgetragen worden.

     

    Konsequenz für die Praxis

     

    Soll ein Mitarbeiter Arbeit auf Abruf, also Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall, erbringen, ist stets darauf zu achten, dass arbeitsvertraglich ein bestimmter Umfang an wöchentlicher Arbeitszeit festgelegt wird, um zu vermeiden, dass gem. § 12 Abs. 1 Satz 3 TzBfG 20 Wochenstunden als vereinbart gelten. Bei Nichtbeachtung kann der Mitarbeiter gegebenenfalls erhebliche Annahmeverzugslohnansprüche für die Wochen, in denen die 20 Stunden unterschritten wurden, beanspruchen. Bei der Festlegung der Arbeitszeit ist zu beachten, dass im Falle der Vereinbarung einer Mindestarbeitszeit nur bis zu 25 % der wöchentlichen Arbeitszeit zusätzlich und bei der Vereinbarung einer Höchstarbeitszeit nur bis zu 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit weniger abgerufen werden dürfen.

     

    Lisa Brix

    Sabrina Miersen

     

    Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Dokument auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

     

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