Mit dem Wachstumschancengesetz hat der Gesetzgeber bei der Auszahlung von Abfindungen eine Vereinfachung und damit eine Erleichterung für alle Arbeitgeber eingeführt. Ab dem Jahr 2025 müssen Arbeitgeber – anders als bisher – bei der Auszahlung von Abfindungen an Arbeitnehmer die sogenannte Fünftelregelung nicht mehr anwenden.
Das Wachstumschancengesetz ist nach der abschließenden Einigung im Vermittlungsausschuss Ende März 2024 in Kraft getreten. Das Wachstumschancengesetz bringt zahlreiche Steueränderungen für Unternehmen, darunter auch eine wichtige Änderung bei der Lohnsteuer bzw. der Besteuerung von Abfindungen. Anders als bisher müssen Arbeitgeber ab dem Jahr 2025 bei der Auszahlung von Abfindungen, die sogenannte Fünftelregelung nicht mehr anwenden.
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Abfindung bezahlt, müssen Arbeitgeber bislang unter bestimmten Voraussetzungen bei der Berechnung der Lohnsteuer die sogenannte Fünftelregelung beachten. Die Fünftelregelung ist eine besondere Tarifregelung. Nach dieser besonderen Tarifregelung fällt die Lohnsteuer – vereinfacht gesagt – geringer aus als bei einer regulären Besteuerung der Abfindung als laufendes Gehalt. Bei der Berechnung des günstigeren Einkommensteuertarifs werden die Einkünfte fiktiv auf fünf Jahre verteilt, um so die Auswirkungen der Steuerprogression abzumildern. Insbesondere bei Arbeitnehmern, die in einer niedrigeren Progressionsstufe besteuert werden, hat die Füntelregelung damit erhebliche Auswirkungen.
Für den Arbeitgeber führt das Verfahren jedoch zu einem erhöhten Aufwand bei der Lohnsteuerabrechnung. In der Vergangenheit war deshalb die Lohnsteuerabrechnung nach der sogenannten Füntelregelung häufig fehleranfällig. Deshalb können im schlimmsten Fall den Arbeitnehmer lohnsteuerliche Haftungsrisiken treffen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer haften als Gesamtschuldner für die Lohnsteuer. Deshalb kann das Finanzamt im schlimmsten Fall Ersatz vom Arbeitgeber verlangen, wenn die Fünftelregelung irrtümlich oder falsch angewendet wurde. Dem Arbeitgeber bleibt dann nur der Erstattungsanspruch gegen den (ehemaligen) Arbeitnehmer. Wenn dieser nicht durchsetzbar ist, bleibt es bei der Alleinhaftung des Arbeitgebers und dieser kann seine Kosten nicht an den Arbeitnehmer weitergeben.
Mit dem Wachstumschancengesetz wird die bisherige Fünftelregelung nicht abgeschafft, sondern auf das Veranlagungsverfahren des Arbeitnehmers verlagert. Der Arbeitgeber muss die Fünftelregelung bei der Berechnung der Lohnsteuer damit nicht mehr anwenden. Damit entfällt für Arbeitgeber der bisherige Prüfungs- und Berechnungsaufwand bei der Zahlung von Abfindungen. Das entsprechende Haftungsrisiko entfällt.
Damit der Arbeitnehmer aber nicht schlechter gestellt wird, kann bzw. muss er künftig bei der Abgabe seiner persönlichen Einkommensteuererklärung die Anwendung der Fünftelregelung beantragen. Für Arbeitnehmer bedeutet dies, dass sie die Steuerermäßigung selbständig in ihrer eigenen Steuererklärung geltend machen müssen. In der Praxis wird dies dazu führen, dass der Arbeitgeber, der die Fünftelregelung nicht mehr zu berücksichtigen hat, eine höhere Lohnsteuer für den Arbeitnehmer einzubehalten hat. Wenn der Arbeitnehmer dann die Fünftelregelung im Rahmen seiner persönlichen Einkommensteuerveranlagung beantragt, hat er Chancen auf eine entsprechende Steuererstattung. Unterm Strich bleibt es für den Arbeitnehmer jedoch bei einem Liquiditätsnachteil und dies insbesondere, wenn Abfindungszahlungen zu Jahresbeginn ausbezahlt wurden. Denn der hohe Lohnsteuerabzug wird sofort fällig. Bis sich die Steuerermäßigung im Rahmen der Veranlagung oder tatsächlich auf seinem Konto bemerkbar macht, kann es dann jedoch über ein Jahr dauern.
In der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitgebers wird die Abfindung weiterhin gesondert ausgewiesen. Auch bei der Sozialversicherung ändert sich insoweit nichts. Abfindungen sind unverändert sozialversicherungsfrei.
Als Arbeitgeber sollten Sie künftig Ihre Mitarbeiter im Zusammenhang mit der Zahlung von Abfindungen darauf hinweisen, dass die nach wie vor geltende Privilegierung allein in der Steuererklärung geltend zu machen ist. Letztlich sollte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer empfehlen, für die Abfindung eine Steuererklärung abzugeben. Geben (ehemalige) Mitarbeiter aus Unwissenheit über den möglichen Steuervorteil keine persönliche Einkommensteuererklärung ab, kann ihnen entsprechend ein finanzieller Nachteil drohen. Eine rechtliche Hinweispflicht für Arbeitgeber besteht bei der Neuregelung jedoch nicht.
Darüber hinaus empfehlen wir den Arbeitgebern, die internen Prozesse sowie etwaige Vertragsmuster für Aufhebungsverträge, Rahmensozialpläne oder Ähnliches rechtzeitig zu überprüfen und gegebenenfalls an die Neuregelung anzupassen.