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Änderungen der Regelungen zur Zinsschranke und die Einführung eine Zinshöhenschranke nach dem Wachstumschancengesetz

Vorbemerkung

Am 29.8.2023 hat die Bunderegierung den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz) beschlossen. Dieser sieht unter anderem die Anpassung der Zinsschranke an die EU-Anti-Steuervermeidungsrichtlinie (ATAD-Richtlinie) und die Einführung einer Zinshöhenschranke vor. Diese geplanten Regelungen haben erheblichen Einfluss auf die Besteuerung größerer Immobilienportfolien. Da es keinen Beststandschutz (Grandfathering) für bisherige Strukturen gibt, sollten diese neuen Regelungen in der Steuerplanung ab 2024 sehr kurzfristig berücksichtigt werden und es sollte in 2023 über mögliche Umstrukturierungen nachgedacht werden.

Neue Anti-Fragmentierungs-Regelung bei der Zinsschranke

Die Reglungen der Zinsschranke nach § 4h des Einkommensteuergesetzes (EStG) sehen bisher vor, dass die Zinsaufwendungen nach Saldierung mit den Zinserträgen nur zu 30% des um Abschreibungen und Zinsen bereinigten Gewinns (verrechenbares EBITDA) steuerlich abziehbar sind. Es gibt allerdings eine Freigrenze von 3 MioEUR je Betrieb im Sinne der Zinsschranke. Als Betrieb im Sinne der Zinsschranke galten bisher in der Regel einzelne Gesellschaften oder ertragsteuerliche Organkreise.

Immobilienportfolien sind sehr oft mit einzelnen Objektgesellschaften unter einer (Zwischen-)Holding gebündelt (fragmentiert), um für jede Objektgesellschaft möglichst die Freigrenze von 3 MioEUR nutzen zu können. Mit der Einführung des § 4h (2) S. 1 a EStG n.F. werden gleichartige Betriebe, die unter einer einheitlichen Leitung stehen, zusammengefasst, sodass die Freigrenze nur einmal genutzt werden kann und auf diese entsprechend dem Verhältnis der Nettozinsaufwendungen aufzuteilen ist (Anti-Fragmentierungsregel). Unter Umständen könnten nach der Neuregelung auch Immobilienfonds zu einem Betrieb im Sinne der Zinsschranke zusammengefasst werden, sofern das Merkmal „einheitliche Leitung“ erfüllt wird.

Besteht beispielswese ein Portfolio aus 10 Objektgesellschaften mit gleichem Zinssaldo unter eine Holding, so hat jede Objektgesellschaft zukünftig nicht mehr einen Freigrenze von 3 MioEUR sondern nur noch TEUR 300. Sofern der Zinssaldo bei den einzelnen Gesellschaften die 300 TEUR übersteigt, wäre nach der Neuregelung die Zinsaufwendungen in voller Höhe nicht abziehbar, soweit sie die Zinserträge und das verrechenbare EBITDA übersteigen

Neue Zinshöhenschranke (§ 4I EStG n.F.)

Die neue geplante Zinshöhenschranke ist eine vollkommen neue, überraschende Regelung.

Bei Intercompany-Finanzierungen (zwischen nahestehenden Personen i,S. § 1 (2) des Außensteuergesetzes = AStG) soll der Zinssatz beim Darlehnsnehmer steuerlich pauschal auf 2% über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB begrenzt werden, sofern es sich bei der Gläubigergesellschaft um eine „substanzlose“ Gesellschaft handelt. Aktuell beträgt der Basiszins 3,12%. Demnach wäre der Zinssatz zurzeit auf 5,12% gedeckelt. Der Basiszins verändert sich immer am 1. Januar und 1. Juli des Jahres.

Die Reglungen ergänzen die Reglungen zur Zinsschranke und zum Fremdvergleich und schließen deren Anwendung nicht aus.

Nach der Gesetzesbegründung bedeutet Substanz, dass „der Gläubiger in dem Staat, in dem er seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung hat, einer wesentlichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Voraussetzung ist insoweit eine in Bezug zum konkreten Finanzierungsgeschäft wesentliche wirtschaftliche Tätigkeit. Diese erfordert insbesondere, dass der Gläubiger über die Fähigkeit und die Befugnis verfügt, das Risiko des konkreten Finanzierungsgeschäfts tatsächlich zu kontrollieren oder es zu tragen. Voraussetzung hierfür ist grundsätzlich, dass die Entscheidungsträger die notwendigen Erfahrungen und Kompetenzen haben und über eine ausreichende Informationsbasis verfügen.“. Das Gesetz verweist insoweit auf § 8 (2) S 2 und 3 AStG.

Kann der Steuerpflichtige nachweisen, dass der Darlehnsgeber (die Finanzierungsgesellschaft) und die Konzernmuttergesellschaft das Kapital bei sonst gleichen Umständen nur zu einem höheren Zinssatz hätten erhalten können, gilt dieser Zinssatz als höchstmöglicher Zinssatz. Als Nachweis soll dabei z.B. der Refinanzierungssatz der obersten Muttergesellschaft oder Datenbankstudien auf Ebene der obersten Muttergesellschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses der zu untersuchenden Finanzierungsbeziehung dienen. Angebote von Banken oder anderen möglichen Gläubigern reichen nicht aus.

Ausblick

Bei großen Immobilienkonzernen (ggf. auch bei Immobilienfonds) bedeutet die geplante Anti-Fragmentierungsregel für die Zinsschranke im Ergebnis, dass die Wirkung der Freigrenze gegen 0 geht. Zukünftig sind daher die anderen Befreiungsregelungen von der Zinsschranke verstärkt zu prüfen. Einmal ist dies die „Stand-Alone-Klausel“ (§ 4h (2) Satz 1 b) EStG) deren Anwendung allerdings auch mit dem Wachstumschancengesetz erschwert wird. Diese könnte ggf. durch die gezielte Bildung von ertragsteuerlichen Organschaften genutzt werden. Zum anderen ist dies die Equity-Escape-Klausel (§ 4h (2) Satz 1 c) EStG in Verbindung mit § 8a KStG). Diese beiden Regelungen sind erheblich komplexer als die Anwendung Freigrenze und bedürfen einer Planung, mit der frühzeitig begonnen werden sollte.

Zur Equity-Escape-Klausel (§ 4h (2) Satz 1 c) EStG in Verbindung mit § 8a KStG) wird im Blogbeitrag "Equity Escape Klausel – Wird der Ladenhüter zum Rettungsanker?" von Jens Ledermann hingewiesen.

Die Zinshöhenschranke bedarf einer generellen Prüfung der IC Finanzierungsstrukturen und -verträge.

Jens Müller

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

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