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Bundesregierung beschließt „Justizstandorts-Stärkungsgesetz“

Die Bundesregierung hat am 16. August 2023 den von Bundesjustizminister Dr. Buschmann vorgelegten Entwurf des „Justizstandorts-Stärkungsgesetz“ beschlossen [BMJ - Pressemitteilungen - Gesetz zur Stärkung des Justizstandortes Deutschland durch Einführung von Commercial Courts und der Gerichtssprache Englisch in der Zivilgerichtsbarkeit]. In unserem Blog haben wir bereits über das entsprechende Eckpunktepapier (hierzu der Blogbeitrag vom 7. Februar 2023) und den Referentenentwurf berichtet (hierzu unser Blogbeitrag vom 27. April 2023). Gegenüber dem Referentenentwurf enthält der Regierungsentwurf folgende Änderungen:

  1. Streitigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes, des Urheberrechts sowie nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sollen nicht vor einem Commercial Court verhandelt werden können (§ 119b Abs. 1 S. 2 GVG n.F.).
  2. Wird ein Dritter in den Rechtsstreit einbezogen, soll der Wechsel der Verfahrenssprache von Englisch auf Deutsch nicht mehr möglich sein. Der Dritte kann beantragen, dass ein Dolmetscher hinzugezogen wird (§ 184a Abs. 4 GVG n.F.).
  3. Ein Dritter kann auch durch einen englischsprachigen Schriftsatz in das Verfahren einbezogen werden. Der Dritte kann der Zustellung innerhalb von zwei Wochen nur widersprechen, soweit dieser die englische Sprache nicht versteht (§ 616 Abs. 1 ZPO n.F.).
  4. Zusätzlich zu vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidungen sollen nun auch Vergleiche nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in deutsche Sprache übersetzt werden können. Eine Übersetzung soll nur auf Antrag einer Partei erfolgen (§ 617 Abs. 1, 2 ZPO n.F.).
  5. Ein Rechtsstreit soll ausdrücklich auch dann an einen Commercial Court verwiesen werden können, wenn erst mit einer Widerklage oder Erweiterung des Klageantrags die Zuständigkeit eines Commercial Courts begründet wird (§ 620 Abs. 2 ZPO n.F.).

  6. Der Commercial Court im ersten Rechtszug trifft mit den Parteien so früh wie möglich in einem Organisationstermin Vereinbarungen über die Organisation und den Ablauf des Verfahrens. Diese Vereinbarungen sollen durch die Geltung von §§ 224, 296 und 356 ZPO eine stärkere Bedeutung gewinnen (§ 621 S. 2 ZPO n.F.).

Beibehalten wurden unter anderem die bereits im Referentenentwurf vorgesehene Streitwertuntergrenze von EUR 1 Mio. und die Möglichkeit des Bundesgerichtshofs im eigenen Ermessen das Verfahren in deutscher Sprache fortzuführen. Damit werden im Regierungsentwurf zwei Regelungen beibehalten, die die Attraktivität der Commercial Courts schmälern könnten. Es bleibt abzuwarten, ob im nun anstehenden parlamentarischen Prozess im Bundestag und Bundesrat weitere Änderungsvorschläge in den Gesetzesentwurf eingearbeitet werden.

Tobias Pörnbacher
Christina Weinzierl

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Rechtsstreit Commercial Court Zivilgerichtsbarkeit

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