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Beurkundung von erb- und familienrechtlichen Vereinbarungen in der Schweiz

Ein Pflichtteilsverzicht kann in der Schweiz kostengünstig notariell beurkundet werden. Für güterrechtliche Vereinbarungen gilt dies nur dann, sofern die Ehe bis zum 28. Januar 2019 geschlossen und seither keine Rechtswahl getroffen wurde.

Einführung

Eheverträge sind zu einer interessengerechten Regelung der Vermögensverhältnisse von Familienunternehmern nahezu unverzichtbar. Sie liegen im wohlverstandenen Interesse des Unternehmens und werden daher häufig sogar gesellschaftsvertraglich gefordert. Regelungsgegenstand sind zumeist erb- sowie familienrechtliche Vereinbarungen. Solche Vereinbarungen bedürfen der notariellen Beurkundung – was wiederum mit nicht ganz unerheblichen Kosten verbunden ist. Vor diesem Hintergrund stellt sich häufig die Frage, ob die Beurkundung bei einem Notar in der Schweiz erfolgen kann. Dort sind die Notargebühren nicht gesetzlich festgelegt, sondern frei verhandelbar.

Beurkundung eines Pflichtteilsverzichts

Für den häufig anzutreffenden Pflichtteilsverzicht, mit dem Vorsorge für den Todesfall getroffen wird, gilt die Formvorgabe des § 2348 BGB. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Beurkundung in der Schweiz der notariellen Form genügt, ist die Europäische Erbrechtsverordnung heranzuziehen. Diese lässt es für die Anerkennung einer ausländischen Beurkundung genügen, dass die Formvorgaben vor Ort eingehalten werden. Insoweit können Pflichtteilsverzichtsabreden problemlos in der Schweiz beurkundet werden.

Beurkundung von güterrechtlichen Vereinbarungen

In Familienunternehmen üblich sind auch Regelungen für die Beendigung der Ehe zu Lebzeiten der Ehegatten, also für den Fall einer Ehescheidung, insb. durch eine Modifizierung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Das im Unternehmen gebundene Vermögen soll bei der Berechnung des Anspruchs ebenso außen vor bleiben wie bei der Vollstreckung. Für derartige Vereinbarungen gilt die Formvorgabe des § 1410 BGB. Ob Beurkundungen in der Schweiz danach wirksam sind, ist differenziert zu betrachten: Zulässig ist eine Beurkundung von Eheverträgen in der Schweiz nur für solche Ehen, die bis zum 28. Januar 2019 geschlossen wurden und bei denen seither keine Rechtswahl getroffen wurde. Ehegatten, die am 29. Januar 2019 oder danach geheiratet oder eine Rechtswahl des auf den Güterstand anzuwendenden Rechts getroffen haben, sollten von einer Beurkundung in der Schweiz absehen.

Hintergrund ist die am 29. Januar 2019 in Kraft getretene Europäische Güterrechtsverordnung. Während es nach den deutschrechtlichen Anerkennungsvorschriften zuvor ausreichte, dass bei einer Auslandsbeurkundung die Formvorgaben vor Ort gewahrt werden, kommt es nunmehr auf eine Gleichwertigkeit der schweizerischen zur deutschen Beurkundung an. Ob diese Gleichwertigkeit zu bejahen ist oder nicht, ist nach wie vor offen. Einschlägige Gerichtsentscheidungen liegen nicht vor; in der Literatur werden im Hinblick auf die Belehrungspflichten des Notars Zweifel geäußert: Der schweizerische Notar wird in aller Regel nicht in der Lage sein, die beteiligten Ehepartner über die Risiken und Nebenwirkungen der geplanten Vereinbarung nach deutschem Recht zu belehren. Genau das ist aber der zentrale Zweck der notariellen Beurkundung. Solange die Frage der Gleichwertigkeit nicht entschieden ist, droht bei Auslandsbeurkundungen die Formnichtigkeit. Insofern ist dringend zur Vorsicht zu mahnen.

Anmerkungen für die Praxis

Die Beurkundung von Eheverträgen in der Schweiz kann eine kostengünstige Alternative zur Beurkundung in Deutschland darstellen. Beim Inhalt ist aber Vorsicht geboten: Ein Pflichtteilsverzicht bereitet keine Probleme. Dasselbe gilt bei güterrechtlichen Vereinbarungen, wenn die Ehe bis zum 28. Januar 2019 geschlossen und zwischenzeitlich keine Rechtswahl getroffen wurde. Bei später geschlossenen Ehen ist eine Aufspaltung denkbar: die erbrechtlichen Vereinbarungen werden in der Schweiz beurkundet, die güterrechtlichen Vereinbarungen in Deutschland. Auch darin steckt allerdings ein gewisses Risiko: Für eine spätere Sittenwidrigkeitsprüfung sind die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Und die Aufspaltung der erb- und güterrechtlichen Vereinbarungen gepaart mit der Auslandsbeurkundung könnte - je nach inhaltlicher Ausgestaltung - das sprichwörtliche Fass zum Überlaufen bringen.

Dr. Barbara Mayer
Dr. Philipp Pordzik

Dieser Blogbeitrag erscheint ebenso im Haufe Wirtschaftsrechtsnewsletter.



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Beurkundung Schweiz Erbrecht Familienrecht

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