BLOG -


Ohne Fleiß kein Preis - Kein Lohn ohne Arbeit

Wer kennt es nicht, das alte Sprichwort "ohne Fleiß kein Preis". Als – nennen wir es nicht faul sondern – entspannter Schüler habe ich es häufiger von meinen Eltern gehört. Nach meiner damaligen pubertären Wahrnehmung und nach meiner heutigen Erinnerung hätte mein Fleiß einen größeren Preis verdient. Das Sprichwort aus meiner Schulzeit gibt es auch im Arbeitsrecht: "kein Lohn ohne Arbeit". Gemeint ist damit, dass Arbeitgeber nur für die die erbrachte Arbeitsleistung bezahlen. Sonnenklar, weshalb sollten Arbeitgeber Arbeitnehmer fürs "Nichts-tun" bezahlen?

Liebe Leserin, lieber Leser,

es gibt natürlich gesetzlich oder vertraglich geregelte Ausnahmen vom Grundsatz "kein Lohn ohne Arbeit". Aber wer hat im Streitfall eigentlich was zu beweisen und gilt die Darlegungs- und Beweislastverteilung auch im Homeoffice?

Grundsatz "Kein Lohn ohne Arbeit"

Im Arbeitsverhältnis gilt der Grundsatz "kein Lohn ohne Arbeit". In einem Gegenseitigkeitsverhältnis stehen die beiden Hauptpflichten, die Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers und die Vergütungspflicht des Arbeitgebers. Wenn einer seine Hauptpflicht nicht erfüllt, wird der andere von seiner Hauptpflicht aus dem Arbeitsverhältnis befreit. Arbeitnehmer, die nicht arbeiten verlieren den Anspruch auf die Vergütung.

Ausnahme vom Grundsatz

Der Grundsatz "kein Lohn ohne Arbeit" ist in etwa so hart, wie der Boden im Pantanal, einem großen brasilianischen Sumpfgebiet. Der Grundsatz ist durch viele Ausnahmen erheblich aufgeweicht. Als Ausnahme vom Grundsatz gibt es beispielsweise auch ohne Arbeitsleistung Vergütung in folgenden Fällen:

  • an Feiertagen
  • bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit
  • bei Freistellung des Arbeitnehmers von der Arbeitspflicht
  • bei Auftragsmangel oder sonstigem Arbeitsausfall aufgrund des Betriebsrisikos
  • im Urlaub
  • ggf. bei Kinderkranktagen
  • ggf. bei der eigenen Hochzeit oder der Geburt eines eigenen Kindes

Darlegungs- und Beweislast

Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers entfällt ganz oder teilweise, wenn der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung zur Arbeitsleistung nicht oder nicht in vollem Umfang nachkommt und wenn kein Fall einer Ausnahme vorliegt.

Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass und in welchem Umfang der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht nicht erfüllt hat. Das ist regelmäßig auch möglich. Der Arbeitgeber bzw. der jeweilige Vorgesetzte merken, wenn der Arbeitnehmer nicht zur Arbeit erscheint. Schwieriger wird die Darlegungs- und Beweislast für den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz erscheint, sich ggf. einstempelt, aber nicht arbeitet, sondern private Tätigkeiten im Internet erledigt, Kaffee trinkt etc.

Auf den entsprechenden Prozessvortrag des Arbeitgebers hat der Arbeitnehmer sodann substantiiert zu erwidern und darzustellen und nachzuweisen, dass er vertragsgemäß seiner Arbeitspflicht nachgekommen ist oder dass eine Ausnahme vom Grundsatz "kein Lohn ohne Arbeit vorliegt" und damit der Vergütungsanspruch besteht.

Darlegungs- und Beweislast im Homeoffice

Das LAG Mecklenburg-Vorpommern hat im Urteil vom 28.09.2023 – 5 Sa 15/23 festgestellt, dass die Darlegungs- und Beweislast auch bei Arbeitsleistungen im Home-Office gilt und führt auszugsweise hierzu aus:

"Die Beklagte hat nicht dargelegt, in welchem Umfang die Klägerin im Home-Office ihre Arbeitspflicht nicht erfüllt und keine Arbeitsleistungen erbracht hat. Die Beklagte hat weder eine Nichtleistung im Umfang von 300,75 Stunden noch in geringerer Anzahl belegt. Die Klägerin hat im Home-Office verschiedene Arbeitsleistungen erbracht, was sich insbesondere aus E-Mails ergibt, die die Klägerin an solchen Tagen an die Beklagte oder an dort Beschäftigte versandt hat. Soweit den E-Mails Anlagen beigefügt waren, lassen diese auf weitere vorangegangene Arbeitsleistungen schließen. Die Klägerin hat der Beklagten zwar nicht eine komplette und abschließend überarbeitete Fassung des Qualitätshandbuchs übersandt. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass die Klägerin, wie von der Beklagten behauptet, im Home-Office überhaupt nicht gearbeitet hat. Unerheblich ist, ob die Klägerin die Arbeiten in der gewünschten Zeit oder in dem gewünschten Umfang erledigt hat. Ein Arbeitnehmer genügt seiner Leistungspflicht, wenn er unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet (BAG, Urteil vom 17. Januar 2008 – 2 AZR 536/06 – Rn. 16, juris = NZA 2008, 693).

Selbst wenn die Klägerin im Home-Office auch noch andere Arbeiten als die Aktualisierung der Qualitätshandbücher erledigt haben sollte, beispielsweise Angelegenheiten der Auszubildenden, entfiele deshalb nicht der Vergütungsanspruch. Der Beklagten stand es im Rahmen ihres Direktionsrechts frei, solche Tätigkeiten auf andere Mitarbeiterinnen zu übertragen oder selbst auszuführen und die Klägerin entsprechend anzuweisen. Das ändert allerdings nichts daran, dass die Klägerin tatsächlich Arbeitsleistungen für die Beklagte im Home-Office erbracht hat. Der erhobene Anspruch auf Rückzahlung von Gehalt ist auch nicht zum Teil begründet. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Klägerin zumindest an einzelnen Tagen oder Stunden gar nicht gearbeitet hat und welche Tage oder Stunden dies betrifft."

Die identische Verteilung der Darlegungs- und Beweislast des Arbeitgebers für die Nichterfüllung der Arbeitsleistung vor Ort im Betrieb als auch im Homeoffice erscheint ungerecht. Der Arbeitgeber hat im Homeoffice viel geringere Möglichkeiten die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu überwachen. Um eine "Waffengleichheit" herzustellen, könnte mit einer "gelockerten" Darlegungs- und Beweislast für den Arbeitgeber reagiert werden, das hat aber das LAG Mecklenburg-Vorpommern abgelehnt. Alternativ können Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern in Homeoffice einen konkreten Tätigkeitsnachweis fordern.

Herzliche (arbeitsrechtliche) Grüße aus München
Ihr Dr. Erik Schmid

Dieser Blog ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Erik Schmid im Rehm-Verlag (www.rehm-verlag.de) erschienen.

Zur besseren Lesbarkeit wird in dem vorliegenden Beitrag auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Es wird das generische Maskulin verwendet, wobei alle Geschlechter gleichermaßen gemeint sind.

TAGS

Nichtleistung Homeoffice Darlegungs- und Beweislast

Kontakt

Dr. Erik Schmid T   +49 89 35065-1127 E   Erik.Schmid@advant-beiten.com