Ihre
Suche

    07.12.2020

    Transparenz oder Pranger? FAQ zum neuen Wettbewerbsregister


    In 2021 wird das neue Wettbewerbsregister in Deutschland starten. Nach der Einführung des Transparenzregisters kommt nun ein weiteres öffentliches Register, mit dem sich Unternehmen auseinandersetzen sollten. Insbesondere Verantwortliche aus Unternehmen, die an öffentlichen Ausschreibungen teilnehmen, sollten jetzt konzentriert weiterlesen.

     

    1. Was ist das Wettbewerbsregister?

     

    Bei dem neuen Wettbewerbsregister handelt es sich um eine einheitliche bundesweite Datenbank, in der zum Schutz öffentlicher Aufträge alle Unternehmen eingetragen werden, bei denen Gründe entgegenstehen, sie mit der Wahrnehmung öffentlicher Aufträge zu betrauen (Ausschlussgründe).

     

    2. Wen tangiert das neue Wettbewerbsregister?

     

    Alle Unternehmen, die sich zukünftig um öffentliche Aufträge ab EUR 30.000 bewerben. Im für den Zuschlag notwendigen formalen Vergabeverfahren müssen die öffentlichen Auftraggeber das neue Register abrufen und prüfen, ob das Unternehmen eingetragen ist. Findet sich eine Eintragung, so ist die Vergabe im Regelfall zu verwerfen.

     

    3. Welche Informationen enthält das Wettbewerbsregister?

     

    Das Wettbewerbsregister wird durch das Bundeskartellamt geführt. Eingetragen werden Unternehmen, für die Ausschlussgründe im Vergabeverfahren vorliegen. Ausschlussgründe sind gerichtliche oder behördliche Sanktionen gegen das Unternehmen oder diesem nahestehenden Personen.

     

    Nicht nur in ihrem Unrechtsgehalt offensichtlich eintragungsfähige Delikte wie Terrorismusfinanzierung oder die Bildung einer kriminellen Vereinigung werden eingetragen. Selbst die Verurteilung zu einer Geldbuße von lediglich EUR 2.500 kann Grund zur Eintragung sein. Auch Geldwäsche, Betrug zu Lasten öffentlicher Haushalte, Steuerhinterziehung oder sogar Verstöße gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz sowie gegen das Mindestlohngesetz führen zu einer Eintragung. Frühere Verstöße gegen umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen ziehen ebenfalls eine Eintragung nach sich.

     

    4. Was ist daran neu?

     

    Bisher mussten Vergabebehörden und Unternehmen der öffentlichen Hand umfassende Einsichtnahmen in die Landeskorruptionsregister und das Gewerbezentralregister vornehmen. Bei einem jährlichen Auftragsvolumen deutscher Behörden von ca. EUR 500 Milliarden sah sich der Gesetzgeber deshalb gezwungen, freilich reichlich spät, eine praxistauglichere Lösung zu finden.

     

    Neu ist aber auch, dass die zuvor in die Korruptionsregister der Länder aufzunehmenden Delikte ausschließlich im Wettbewerbsregister eingetragen werden. Dies erhöht die potentiell eintragungspflichtigen Delikte immens, als zum einen nicht alle Länder so ein Register führen und zum anderen in diesen bisher lediglich Delikte aufgeführt wurden, die in den jeweiligen Ländern begangen wurden.

     

    5. Welche Folgen hat ein Eintrag?

     

    Ausschlussgründe haben im Ergebnis, trotz teilweiser noch möglicher Ermessensentscheidung der Behörde, fast zwangsläufig den Ausschluss des Unternehmens vom Vergabeverfahren zur Folge.

     

    In wirtschaftlicher Hinsicht bedeutet der faktische Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für zahlreiche Unternehmen jedoch einen Wegfall maßgeblicher Geschäftsmöglichkeiten. Ein Umstand, der nicht selten dazu geeignet ist, mittelfristig den ökonomischen Untergang nach sich zu ziehen.

     

    6. Können Einträge gelöscht werden bzw. wann werden Einträge wieder gelöscht?

     

    Je nach Schwere des eingetragenen Delikts erfolgt eine Löschung automatisch nach fünf respektive drei Jahren.

     

    Eingetragene Unternehmen können jedoch auch einen Antrag auf vorzeitige Löschung stellen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie nachweisen können, sich einer sog. Selbstreinigung unterzogen zu haben. Neben Schadenswiedergutmachung und Zusammenarbeit mit den Behörden ist maßgebliches Kriterium hierfür, dass das Unternehmen Vorkehrungen getroffen hat, die ein weiteres Fehlverhalten verhindern oder jedenfalls dazu geeignet sind, solches zu erschweren. Nur die Implementierung eines rechtssicheren Compliance Systems vermag diesen Voraussetzungen zu genügen.

     

    7. Kann man gegen drohende oder bestehende Einträge vorgehen?

     

    Unternehmen werden vor der Eintragung in das Register angehört und können Einwände geltend machen. Werden die Einwände verworfen, es kommt zu einer Eintragung und einem späteren Löschungsantrag (s.o.) wird nicht stattgegeben, kann das Unternehmen Rechtsschutz vor dem Oberlandesgericht geltend machen.

     

    8. Muss ich jetzt etwas tun?

     

    Unternehmen sollten sich, sofern noch nicht geschehen, mit der Notwendigkeit befassen, taugliche Compliance Vorkehrungen im Unternehmen zu schaffen. Dies gilt insbesondere für kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bei der Einhaltung kapitalmarktrechtlicher Compliance besondere Achtsamkeit an den Tag legen müssen.


    Nicht nur können solche Vorkehrungen Fehlverhalten im Unternehmen frühzeitig aufdecken oder gar verhindern, sie sind auch dazu geeignet, Verurteilungen zu umgehen und Bußgelder zu mindern (und damit ggf. eine Eintragung in das Wettbewerbsregister). Dies ist selbst dann möglich, wenn das Fehlverhalten trotz tauglichen Compliance Systems erfolgt ist. Die Compliance Maßnahmen müssen lediglich dazu geeignet sein, Fehlverhalten zu unterbinden. Unternehmen werden nämlich niemals jegliches unlautere Handeln verhindern können. Brauchen sie aber auch gar nicht. Der Gesetzgeber belohnt insofern den sprichwörtlich guten Willen. Halbherzige oder gar fadenscheinige Anstrengungen genügen hier freilich nicht. Dies gilt umso mehr, als wirksame Compliance Systeme wahrlich kein Hexenwerk sind.

     

    Wenn Sie zu diesem Thema Fragen haben, wenden Sie sich gerne direkt an maximilian.degenhart@bblaw.com.

     

    Den Gesetzestext zum Wettbewerbsregister finden Sie unter folgendem LINK.

     

    Dr. Maximilian Degenhart